Stefan Merkel im Interview: "Ehrenamtliche mehr gefordert denn je" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 04.09.2020 um 12:00 Uhr
Stefan Merkel im Interview: "Ehrenamtliche mehr gefordert denn je"
Aktuell laufen die Bewerbungsfristen für den BFV-Ehrenamtspreis (31. August) und den BFV-U30-Ehrenamtspreis (15. September). Im Interview mit der BFV-Redaktion spricht Verbands-Ehrenamtsreferent Stefan Merkel über den Stellenwert des Ehrenamts in der Gesellschaft, die herausragenden Leistungen der bayerischen Fußballvereine während der Corona-Krise und den veränderten Arbeitsalltag der BFV-Ehrenamtskommission.
Von Sebastian Baumann / PM BFV
Stefan Merkel, Verbands-Ehrenamtsreferent
BFV
Der DFB hat aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr die Ausschreibung seiner Ehrenamtspreise vorläufig ausgesetzt – ebenso viele Landesverbände. Der BFV hat sich allerdings entschieden, den Ehrenamtspreis 2020 sowie den U30-Ehrenamtspreis in Eigenregie auszuschreiben. Warum?
Stefan Merkel: Die Aussetzung der Ausschreibung durch den DFB war corona-bedingt alternativlos. Eine zentrale Ehrungsveranstaltung mit Teilnehmern aus ganz Deutschland im Rahmen eines Länderspiels ist aktuell schlicht aufgrund der behördlichen Beschlusslage nicht möglich. Und noch ist auch nicht abzusehen, ab wann Großveranstaltungen mit Publikum überhaupt wieder möglich sind. Als Mitglied der Ehrenamtskommission des DFB trage ich diese Entscheidung vollumfänglich mit. In Bayern haben wir uns trotzdem dafür entschieden, unseren Ehrenamtspreis auszuschreiben – auch wenn aktuell noch in den Sternen steht, ob wir die Auszeichnung der 22 Kreissieger und 22 U30-Kreissieger wie gewohnt bei einer großen Galaveranstaltungen vornehmen können. Falls nicht, werden wir uns eine attraktive Alternative überlegen. Danke sagen, wollen wir aber in jedem Fall. Schließlich haben unsere Vereine gerade in dieser für uns alle herausfordernden Zeit gesellschaftliche Verantwortung übernommen und gezeigt, welche Rolle das Ehrenamt spielt. Unter teils schwierigsten Bedingungen haben engagierte Menschen die Vereine geführt, Verantwortung übernommen und gesellschaftliche Sonderaufgaben wie z.B. die Einkaufshilfen für ältere Mitglieder übernommen. Das ist alles andere als selbstverständlich und verdient besondere Anerkennung. Deshalb wollen wir auch gerade jetzt für unsere Ehrenamtler in Bayern da sein, ihre herausragenden Leistungen honorieren und einer breiten Öffentlichkeit vor Augen führen. Wenn die erzwungene Spielpause eines gezeigt hat, ist es der große gesellschaftliche Stellenwert, den die bayerischen Fußballvereine haben. Sie sind eben nicht nur Orte der Bewegung und Geselligkeit, sondern Orte der Verantwortung und des Zusammenhalts. Sich für diese Leistungen zu bedanken, ist für mich persönlich wie für den gesamten Verband eine Selbstverständlichkeit. Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle aber auch bei unserem langjährigen Partner Lotto Bayern, der in diesem Jahr nicht nur wie gehabt die Preise für unsere drei Bayernsieger stellt, sondern jeden einzelnen der 22 Kreissieger mit einer Prämie für die Vereinsarbeit unterstützt.

Ein Bild vom hrenamtspreis aus den vergangenen Jahren.
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Haben Sie Angst, genügend Personen zu finden, die den Ehrenamtspreis verdient haben – schließlich rollte im Amateurfußball seit März über Monate kein Ball mehr…
Stefan Merkel: Nein, diese Angst ist absolut unbegründet. Gerade während der Corona-Krise waren die Ehrenamtlichen mehr gefordert denn je. Der Rasen hört ja nicht auf zu wachsen, nur weil keine Spiele stattfinden können und Arbeiten am Vereinsheim erledigen sich auch nicht von alleine. Darüber hinaus haben viele engagierte Vereinsmitarbeiter weitere Aufgaben übernommen: Zum Beispiel Einkaufshilfen für ältere Menschen und Personen, die einer Risikogruppe angehören, organisiert. Viele Trainer und Betreuer haben für ihre Spielerinnen und Spieler Trainingskonzepte für Zuhause erarbeitet, um die Kids fit zu halten. Viele haben auch auf ihren Social-Media-Kanälen Challenges ins Leben gerufen, um im Kontakt zu bleiben und die Vereinsbindung zu stärken und nicht in Gefahr zu geraten, dass die Kids den Spaß am Fußball verlieren und die Schuhe an den Nagel hängen. Wenn man bedenkt, dass im gesamten Zeitraum der Beschränkungen kein Schulsport stattgefunden hat und weiß, wie wichtig der sportliche Ausgleich insbesondere für Kinder ist, bekommt man eine Ahnung, was hier geleistet wurde, um auch die Eltern, die ihrerseits Job, Familie und eben auch noch Home-Schooling unter einen Hut zu bringen hatten, zu unterstützen. Es wird gerne vergessen, welche Leistungen in den Vereinen zum Thema Erziehung und Sozialverhalten erbracht werden. Wieder andere haben das Thema eSports für sich entdeckt und über BFV-Angebote virtuelle Vereinsturniere organisiert oder an offiziellen BFV-eFootball-Wettbewerben teilgenommen. Deshalb haben wir auch ganz bewusst den Schwerpunkt „Ehrenamtliches Engagement zur Bewältigung der Corona-Pandemie“ in den Kriterienkatalog aufgenommen. Wir werden folglich eher zu viele als zu wenige preiswürdige Personen haben – zumal unsere Bezirks- und Kreisehrenamtsbeauftragten hoch motiviert sind, diese Menschen zu finden und gemeinsam mit den Vereinen qualifizierte Bewerbungen zu erarbeiten.

In den vergangenen Jahren gab es immer im November eine große Gala im Münchner GOP Varieté Theater. Was ist für dieses Jahr geplant?
Stefan Merkel: Wir möchten die Gala sehr gern wieder im GOP Varieté-Theater durchführen. Das GOP ist ein treuer Partner des BFV und bietet einen mehr als würdigen Rahmen für die Ehrungsveranstaltung. Ob die Veranstaltung in diesem Jahr wie üblich im November stattfinden kann, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht seriös sagen. Wir befinden uns allerdings im stetigen Austausch mit dem GOP und hoffen, dass wir die Gala auch 2020 durchführen können.

Wie hat die Corona-Pandemie den Amateurfußball und die Arbeit der BFV-Ehrenamtskommission verändert?
Stefan Merkel: Die Krise hat gezeigt, welchen Stellenwert Vereine in Gesellschaft haben, aber auch, dass die Digitalisierung eine immer größere Rolle spielt. Dank der jahrelangen Investitionen des BFV in diesem Bereich, konnten wir schnell reagieren, uns intern in der Ehrenamtskommission in Videokonferenzen austauschen und über die Kreis-Ehrenamtsbeauftragten auch den Kontakt zu den Vereins-Ehrenamtsbeauftragten halten. Wir haben seit Mitte März fünf Online-Meetings mit allen Kreis-Ehrenamtsbeauftragten abgehalten und unsere Ar beit vorangetrieben: Wir haben beispielsweise 450 Ehrenamtler gefunden, die mit der DFB-Sonderehrung ausgezeichnet werden. Termingerecht von den Vereinen eingereicht, verarbeitet von den Kreis-Ehrenamtsbeauftragten. Auch die Planung der Bezirks- und Kreisehrenabende läuft unter Berücksichtigung aller Schwierigkeiten und gesetzlichen Vorgaben. Auch wie diese Veranstaltungen in diesem Jahr aussehen, können wir heute noch nicht versprechen. Unsere Ehrenamtstreffs haben wir kurzfristig auf Online-Schulungsreihen umgestellt, in acht Online-Seminaren konnten wir rund 550 Vereins-Ehrenamtsbeauftragte und interessierte Vereinsvertreter schulen, sogar Teilnehmer aus anderen Landesverbänden haben sich bei uns zugeschaltet. Wir haben viel Lob bekommen, aber auch viele Anregungen, was wir noch verbessern oder anbieten können. Ein Beweis für mich, dass unser System, Ansprechpartner für das Ehrenamt im Verein zu installieren, lebt. Auch im 25. Jahr der Aktion Ehrenamt! Dennoch ist der persönliche Austausch mit den Vereinsvertretern bei unseren Ehrenamtstreffs nicht zu ersetzen und deshalb fiebern wir schon dem Zeitpunkt entgegen, ab dem wir wieder Präsenzveranstaltungen vor Ort durchführen können. Was leider völlig auf der Strecke geblieben ist, ist das BFV-Gütesiegel für unsere vorbildlich geführten Vereine. Hier leben wir von der Präsenz im Verein. Wir arbeiten an einer Fristverlängerung zur Erfüllung der Kriterien und werden sehr erfinderisch sein, um die Urkunden dann auch im Verein übergeben zu können.

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