Überflieger vs. Tabellenführer : Wer hat den längeren Atem? - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 16.10.2008 um 03:20 Uhr
Überflieger vs. Tabellenführer : Wer hat den längeren Atem?
Die Bezirksoberliga ist momentan einigermaßen ratlos. Die Frage, die sich die gesamte Liga stellt: Wie schießt man ein Tor gegen den TSV Hirschaid? Am Sonntag muss der Tabellenführer aus Burgkunstadt den Gang nach Canossa antreten. Trainer Peter Reichel zeigt sich zu diesem Zeitpunkt noch sehr tapfer. Man kann sich zweifellos auf ein hoch spannendes Topspiel in Hirschaid freuen.
Von Maximilian Pottler

Der TSV Hirschaid hat sich in den letzten Wochen stetig nach oben gearbeitet. Mit 13 von 15 möglichen Punkten aus den vergangenen fünf Spielen hat die Mannschaft von Andreas Gebhard – um es mit Worten auszudrücken, die der Trainer nie selbst verwenden würde – die Bezirksoberliga ganz schön „gerockt“. Doch auch Gebhard drückt sich durchaus musikalisch aus: „Die Mannschaft hat ihren Rhythmus gefunden und den derzeitigen Erfolg hat sie sich durch engagierte Trainingsleistungen über Wochen hinweg, sowie eine hervorragende Einstellung in den Spielen redlich verdient.“ Wirklich überrascht ist der Trainer nicht. Unter den richtigen Voraussetzungen hat er das seinen Spielern auch zugetraut und, dass von Anfang an nicht alles rund laufen konnte, war sowieso einkalkuliert. „Wir mussten wieder einige junge Spieler einbauen. Das geht nicht von heute auf morgen. Dazu kamen einige Verletzungen, die uns immer wieder zu Umstellungen gezwungen haben“, erklärt Gebhard den bisherigen Saisonverlauf und wieder einmal kassiert man in Hirschaid den verdienten Lohn für einen fast schon penetrant konsequenten Jugendstil. Mit Marco Göller, Steffen Ullrich und Jens Klinner haben drei Spieler den stufenlosen Übergang von der Jugend in den Herrenbereich geschafft. Göller und Ullrich absolvierten dabei alle Spiele. Das Durchschnittsalter der Mannschaft liegt bei ungefähr 23 Jahren. Umso verblüffender liest sich dabei die Defensivbilanz des TSV. Ganze sechs Gegentore musste Torwart Patrick Schuler dabei hinnehmen. Niemals kassierte man mehr als ein Gegentor pro Spiel und sechsmal stand die Null. Das ist einsame Ligaspitze und von einer dermaßen jungen Mannschaft nicht unbedingt zu erwarten. Die Handschrift des Trainers ist unverkennbar. Gebhards Leidenschaft ist die unbedingte, funktionale Defensive. „Abwehrverhalten beginnt bei Ballverlust“, ist das wichtigste Prinzip. Die bisherige Bilanz übertrifft selbst die ambitionierten Erwartungen des Trainers. Torwart Schuler trägt mit den seit Wochen überragenden Verteidigern Daniel Weinkamm und Ercan Yildirim einen Riesenanteil am Erfolg, doch auch im Mittelfeld und im Sturm weiß man zu verteidigen. Der ballführende Spieler wird sofort unter Druck gesetzt und das Zweikampfverhalten ist in allen Mannschaftsteilen nahezu vorbildlich. Gebhard zeigt sich ungewohnt stolz auf die Leistung seiner Truppe, doch genau in diesem Moment wird er vorsichtig, denn Erfolg birgt immer auch ein großes Risiko. Gerade in dieser Jubelphase dürfe man nicht leichtsinnig werden. Es gibt immer Schwächen, die im Falle des Erfolges leicht unter den Tisch fallen.


Tobias Wichert (links, im Eröffnungsspiel gegen Nico Wunder von Don Bosco Bamberg) ist der Kreativposten im Spiel des TSV Hirschaid. Bekommt er nun einen Burgkunstädter Sonderbewacher?

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Ein Spiel ohne große Geheimnisse

Eine einfache Statistik könnte als Beleg einer dieser Schwächen dienen, die seit Wochen so schwer zu finden sind beim TSV Hirschaid. Tobias Wichert, derzeit in großer Form und generell die zentrale Figur im Hirschaider Spiel fehlte in dieser Spielzeit drei Spiele, in denen der TSV zweimal verlor und einmal Remis spielte. Gebhard weiß um die Bedeutung seines Spielmachers, genauso wie der Trainer auf der Gegenseite. Peter Reichel kann sich noch gut an das letzte Gastspiel des FC Burgkunstadt in Hirschaid erinnern. „Das war unser schlechtestes Spiel der vergangenen Saison und Tobias Wichert war der entscheidende Mann.“ Obwohl Wichert nach 75. Minuten mit Rot vom Platz musste, verlor Burgkunstadt glatt mit 0:3. Nun kommt der FC Burgkunstadt als Tabellenführer und mit offener Rechnung. Der Respekt vor den Gastgebern ist trotz allem zu spüren. „Wir werden sicherlich nicht allzu viele Torchancen bekommen“, weiß Reichel und man ahnt irgendwie, dass er dabei nicht falsch liegen wird, zumal seine Truppe zuletzt zwei Gesichter offenbarte. Vor heimischem Publikum extrem souverän, mit einer Fülle von Torchancen bestätigt sich der Tabellenführer immer wieder selbst. Auswärts jedoch blieb diese Torgefahr immer öfter auf der Strecke. „Eigentlich waren es die Gegner, die letztlich die größeren Chancen hatten“, gibt Reichel offen zu. Trotzdem weiß er auch um die Schwäche des TSV Hirschaid bei Heimspielen in dieser Spielzeit. Lediglich sechs Punkte bei fünf geschossenen Toren stehen da auf dem Konto. „Es ist also nicht unmöglich dort zu gewinnen. Das dürfen wir nicht vergessen“, verweist Reichel auf die Hirschaider Spiele daheim gegen Pettstadt (0:1) oder Türk Hof (0:1). Die Vorfreude der beiden Trainer ist jedenfalls riesig. Fast freundschaftlich sei das gegenseitige Verhältnis. „Ich glaube, wir sind sehr ähnliche Trainertypen“, sagt Reichel. „Uns beiden ist ein 1:0 das liebste Ergebnis. Bei einem 5:4 wirst du als Trainer doch verrückt. Vielleicht liegt das daran wir beide als Fußballer von derselben Position kommen – Libero. Außerdem telefonieren wir fast wöchentlich. Andreas Gebhard besitzt ein großes Wissen über die Mannschaften der Liga. Davon profitiere auch ich hin und wieder.“ Er weiß natürlich, dass es vor dem Spiel am Sonntag keine großen Geheimnisse gibt. Dazu kennt man sich zu gut. So stellt sich schließlich nur noch eine Frage: Bekommt der Wichert eine Manndeckung oder nicht? Festlegen will sich Reichel da noch nicht. Ob Manndeckung im Mittelfeld heutzutage noch modern sei oder nicht mehr zeitgemäß, sei für ihn jedenfalls kein Argument. Solche Maßnahmen könnten nach wie vor sehr effizient sein. Ein Problem würde ihm eine solche Entscheidung also sicherlich nicht bereiten. Was dies für Tobias Wichert am kommenden Sonntag bedeuten könnte, das kann sich jeder selbst ausmalen . . .


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