Kritischer Vereinsdialog mit BFV: Mitwitz in der Rolle des gallischen Dorfes - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 15.03.2015 um 19:00 Uhr
Kritischer Vereinsdialog mit BFV: Mitwitz in der Rolle des gallischen Dorfes
Am vergangenen Donnerstag fand im Rahmen des DFB Masterplans im Sportheim des FC Mitwitz ein Vereinsdialog zwischen Verantwortlichen des Bezirksligisten und Abgeordneten der Führungsriege des Bayerischen Fußballverbandes statt. Diese hatten für die Sorgen des kleinen Vereins offene Ohren, in der intensiven Diskussion um den vermaledeiten Live-Ticker kamen die Parteien jedoch auf keinen gemeinsamen Nenner…
Von Bernd Riemke
Nach den Begrüßungsworten durch den 2. Vorsitzenden des FC Mitwitz, Tobias Martin, und einer kurzen Vorstellung der Strukturen des Vereins durch den Sportlichen Leiter Harald Weißbrodt ging es direkt in medias res. „Wir betreiben viel Aufwand und auch durch hohe Abgaben an den Verband stehen wir vor finanziellen Problemen, über die es sich zu unterhalten gilt“, nahm Weißbrodt von Beginn an kein Blatt vor den Mund und eröffnete die Diskussion, bei der BFV Geschäftsführer Jürgen Igelspacher hilfreiche Wege aufzeigen wollte, Gelder für Vereinsarbeit zu generieren.

Erhöhung der Mitgliedsbeiträge…?

„Ein aktives Mitglied verursacht Kosten“, so Igelspacher, der aus diesem Grund den Gedanken aufwarf, Mitgliedsbeiträge zu erhöhen.  Kassier Ulrich Schrickel konnte in diesem Zusammenhang berichten, dass die vor wenigen Jahren eingeführte Erhöhung der Beiträge auf 60€ pro Kalenderjahr im Umkehrschluss zum Austritt von mindestens 50 Mitgliedern sorgte. Schließlich leisten die Aktiven auch einen hohen Aufwand. „Sie fahren mit ihren eigenen PKWs zu den Spielen und zum Training, bezahlen ihre Schuhe selber und zahlen als Gegenleistung dafür auch noch hohe Beiträge“, warf der als Gastzuhörer anwesende Leo Welscher, Vorsitzender des Nachbarvereins TSV Neukenroth ein. Igelspacher bemühte daraufhin den Vergleich, dass private Fußballschulen boomen und dort zum Teil horrende Preise ohne zu murren von den Eltern gezahlt werden, während Kindern und Jugendlichen im Fußballverein oft ein mannigfaltiges Angebot weit über das wöchentliche Training hinaus unterbreitet wird – für zwei Euro im Monat.

Gebühren, mehr Gebühren und noch mehr Gebühren

„Weit wichtiger als zusätzliche Einnahmen ist es Kosten zu sparen“, spannte Kassier Schrickel den Bogen und verwies auf die stetig steigenden Gebühren, die an den Verband abzutreten seien. 50€ Passgebühren für einen 50-jährigen AH-Spieler, der seine Karriere im Heimatverein gemütlich ausklingen lassen möchte gaben den Anstoß zum Meinungsaustausch. „Wir haben das sehenden Auges beschlossen. Das ist auch so beabsichtigt“, verwies Igelspacher darauf, dass die Vereine belohnt werden sollen, die eigene Spieler ausbilden, denn die Neuausstellung eines Passes sei schließlich kostenfrei. Zu Zahlungen sollen vor allem die Vereine gebeten werden, die selber nicht ausbilden und sich dann bei anderen mit guten Spielern „bedienen“. Dass zahlungskräftige Vereine sich nur allzu gerne den Passus des Vertragsamateurs zu Eigen machen und lieber dem wechselwilligen Spieler das Geld in die Hand drücken als dem Nachbarverein, darüber waren sich beide Parteien einig. Zu ändern sei dies freilich nicht, weil „einige Aktive dagegen geklagt und Recht bekommen haben“, bedauerte auch Igelspacher diesen Umstand.

Bezirksvorsitzender Karlheinz Bram, BFV-Geschäftsführer Jürgen
Igelspacher und Susanne Hufnagl hatten ein offenes Ohr für die Anliegen des FC Mitwitz.
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Die Mitglieder ins Boot holen

Als Harald Weißbrodt schließlich im weiteren Verlauf seine Zuständigkeitsbereiche im Verein aufzählte, die von der Schiedsrichterbetreuung über Berichte für die Presse, die sportliche Leitung der Herrenmannschaften und nicht zuletzt des Besuches vieler Tagungen reichen, konterte Igelspacher schmunzelnd: „Was machen denn die anderen Mitglieder?“ und so sehr die Bemerkung auch für ein Lächeln in der Gesprächsrunde sorgte, so sehr traf er damit den Nagel auf den Kopf. Die Zeiten, in denen beispielsweise die Eltern der kickenden Sprösslinge beinahe automatisch auch Betreueraufgaben in den Juniorenteams übernommen haben, seien scheinbar unwiederbringlich vorbei. „Heute erwarten die Eltern sogar, dass die Kinder zu Hause abgeholt und wieder abgeliefert werden“, zeigte Weißbrodt eine besorgniserregende Entwicklung auf. Mögliche Abhilfe könnte der Vorschlag Igelspachers „Projektarbeit statt Ehrenamt“ schaffen. „Wenn jemand vier Jahre Jugendleiter machen soll, winkt er doch sofort ab. Aber als Helfer bei Vereinsveranstaltungen springen viele ein“, zeigte der BFV-Geschäftsführer einen Weg auf, wie man motivierte Mitglieder behutsam und auf lange Sicht wieder an Vereinsarbeit heranführen könne.

Der Live-Ticker als Vermarktungsinstrument!

Jürgen Igelspacher selbst brachte schließlich als letzten Tagessordnungspunkt den im Folgenden intensiv diskutierten Live-Ticker auf den Tisch und bekräftigte in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich, dass der Verband sich neben Marketingeinnahmen und eines Zuschusses durch den DFB auch und vor allem über die Abgaben der Vereine  finanziere. Deshalb wolle man auch nach einer Anlaufphase zu Beginn dieser Saison mittelfristig konsequenter die Umsetzung des Live-Tickers auf Bezirksebene durchsetzen. Ein Service für die Anhänger des Amateurfußballs – und als solchen möchte Igelspacher den Live-Ticker verstanden wissen – funktioniere eben nur dann, wenn er vollständig angeboten wird. Und genau in diesem Punkt gingen die Meinungen der Anwesenden weit auseinander, wobei sich die Vereinsmitglieder des FC Mitwitz vor allem am Zwang des Tickerns störten. Zur Sprache kam dabei auch, dass es bereits diverse Online-Medien gibt, die einen gut funktionierenden Live-Ticker anbieten, woraufhin die BFV-Riege auf den Verbandsbeschluss aus dem Vorjahr verwies, der die Verbindlichkeit des Live-Tickers festlegte. „Der Fußball steht in immer stärkerer Konkurrenz zu anderen Sportarten. Wenn wir attraktiv bleiben wollen, können wir durch einen Live-Ticker aktive Kundenbindung betreiben“, stellte Jürgen Igelspacher klar, dass jeder Klick auf die Homepage im Umkehrschluss wieder Werbeeinnahmen generiert, die zur Entlastung der Vereine sorgen. Eine Argumentation die der Sportliche Leiter des FC Mitwitz nicht gelten lassen wollte, da die Vereine nicht spürbar finanziell entlastet werden, sondern vielmehr zusätzlich einen Freiwilligen abstellen müssen und im Falle einer Zuwiderhandlung gar mit einer Strafe in Höhe von 30€ rechnen müssten. „Es gibt keine Strafe. Es gibt eine so genannte Ersatzbeschaffung“, stellte Igelspacher daraufhin klar, dass – im Falle des Nicht-Tickerns – der Verband einen Mitarbeiter schicken würde, damit das Angebot vollständig online abrufbar sei.

Keine Einigung in der Glaubensfrage

Dass für die einen der Live-Ticker nach dem sich bereits bewährten Online-Ergebnisdienst die nächste Konsequenz der nicht aufzuhaltenden Entwicklung in einer immer digitaleren Welt ist und für Bezirksvorsitzenden Karlhein Bram die Zukunft darin besteht, „dass ein Jugendlicher einfach live wissen will, wie es auf dem Nachbarplatz steht“ und überdies hinaus Jürgen Igelspacher darauf verwies, dass es zu den Pflichten eines Vereins gehört, sich an Verbandsbeschlüsse zu halten, stieß bei  den Vertretern des Bezirksligisten auf wenig Gegenliebe. Harald Weißbrodt bezeichnete den Live-Ticker unter anderem als Vermarktungsinstrument, bei dem die Arbeit letztlich der einzelne Verein trägt und stellte abschließend die Frage in den Raum, ob ein Verein an einem solchen Ticker nicht ebenso selbst die Marketingrechte besitzt wie an der Banden- oder Trikotwerbung auf dem eigenen Sportgelände. Einige Einigung in der von Igelspacher so titulierten Glaubensfrage konnten die Beteiligten letztlich nicht erzielen. Die Gegenpole „sinnvolles Angebot auf die sich verändernde Online-Präsenz  des Amateurfußballs“ auf der einen und „Schädigung der Vereinsstruktur nicht zuletzt aufgrund ausbleibender Zuschauer“ auf der anderen Seite blieben verhärtet. Immerhin bekräftigte Karlheinz Bram, dass „der Bezirk Oberfranken nicht vorhat, den Live-Ticker verpflichtend auf Kreisebene auszudehnen“. Dass der FC Mitwitz bayernweit der einzige Verein sei, der noch nicht flächendeckend tickert und das künftig auch nicht vorhat, inspirierte Harald Weißbrodt zu einem amüsanten Vergleich. „Wir sind das gallische Dorf, ich bin Obelix und ihr seid die Römer“, so der Sportliche Leiter, woraufhin sich die BFV-Verantwortlichen einen „Idefix“ wünschten, der künftig von den Bezirksligaspielen tickert. Kaum hörbar und doch vernehmlich klang es aus den hinteren Reihen des Saales „Oder einen Machnix…“


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