von Frankenpost
Gesprächsthema Nummer eins unter den knapp 300 Besuchern, die am Mittwochabend dem strömenden Regen trotzten, hätte nach diesem packenden Pokalfight eigentlich die kämpferisch großartige Vorstellung der heimischen Kickers sein müssen. Ein Mann aber sorgte dafür, dass die meisten Zuschauer zunächst ihrer Wut freien Lauf ließen nach den 90 Minuten, in denen der Landesligist dem Regionalligisten prächtig Paroli geboten hatte. Schiedsrichter Christopher Schwarzmeier aus dem Kreis Bamberg war der große Buhmann, weil er nicht nur die meisten engen Entscheidungen zum Nachteil der Hausherren getroffen, sondern mit Waldemar Schneider und Danny Wild auch zwei Selber Spieler nach Allerweltsfouls vorzeitig zum Duschen geschickt hatte.
Schieber, Betrüger und noch einige nicht druckreife Worte mehr schallten dem Mann in Schwarz auf dem Weg in die Kabine entgegen. Der Zorn der heimischen Fans - und Spieler - war verständlich. Tatsächlich nämlich griff der Schiedsrichter entscheidend mit ein, dass der TSV 1860 Rosenheim in Selb mit einem blauen Auge davongekommen und in die zweite BFV-Pokalrunde eingezogen ist. Gerade, als die Kickers ihren Respekt vor dem höherklassigen Favoriten ablegten, mutiger nach vorne spielten und durch Winter und Knoll, dessen Schuss der Gäste-Keeper gerade noch über die Latte lenkte, zu zwei dicken Möglichkeiten kamen, dezimierte der Unparteiische den Landesligisten das erste Mal. Zunächst spielte Waldemar Schneider nach einem Pfiff den Ball noch ein paar Zentimeter weiter und sah den gelben Karton. Was nach den neuen Regeln auch okay ist. Nur eine Minute später kam der Kickers-Spielmacher bei einem Zweikampf im Mittelfeld einen Schritt zu spät und touchierte seinen Gegenspieler leicht. Auch diese Aktion sah der Schiedsrichter als gelbwürdig an - und zückte die gelb-rote Karte. Völlig übertrieben und ohne jegliches Fingerspitzengefühl. Und das nach 31 Minuten. Die Selber Volksseele kochte erstmals.
Die Befürchtung der Kickers-Anhänger, dass ihre Mannschaft nun einbrechen würde gegen den Regionalligisten, bewahrheitete sich freilich nicht. Auch in Unterzahl hielt´der Gastgeber prächtig dagegen, ließ bis zum Halbzeitpfiff keine Möglichkeit für die Rosenheimer zu. "Respekt für diese Leistung", sagte Elko Porzig, der ehemalige Kapitän der Selber Wölfe. Und nicht nur die Zuschauer, auch die Spieler selbst klatschten sich Beifall auf dem Weg zum Pausentee.
Kurz nach der Halbzeit aber schien das Unheil seinen Lauf zu nehmen. Nach einer flachen Hereingabe rutschte Spielertrainer Martin Damrot auf dem nassen Geläuf weg und der Rosenheimer Danijel Majdancevic hatte frei Schussbahn - 0:1. Doch auch diesen Rückschlag steckten die Selber weg. In der 49. Minute musste zwar noch einmal der Pfosten retten für die Kickers, dann aber nahmen die Hausherren ihr Herz wieder in die Hand. In der 52. Minuten donnerte Andreas Knoll den Ball nach starkem Einsatz von Daniel Sedlacek aus spitzem Winkel an den Pfosten.
Nur 60 Sekunden später forderten die Selber nach einem vermeintlichen Foul an Fabian Bösel vehement, aber vergebens Elfmeter. Diese Entscheidung ging wohl in Ordnung. Jubeln durfte der Landesligist aber in der 62. Minute. Kevin Winter servierte einen Freistoß maßgerecht auf Johannes Hamann, der seine Freiheiten nutzte und zum 1:1-Ausgleich einköpfte. Die Hoffnung auf die Sensation lebte wieder.
Es herrschte nun Betriebsamkeit auf der Rosenheimer Bank. Trainer Thomas Kasparetti brachte frisches Personal - und nach 69 Minuten gingen die Oberbayern weder in Führung. Nach einem Standard und einer Kopfballverlängerung war der starke, erst 18-jährige Alexis Fambo, eine Leihgabe des Drittligisten SpVgg Unterhaching, zur Stelle und schob zum 1:2 ein. Weitere drei Minuten später standen die Selber nur noch zu neunt auf dem Feld. Erneut sah sich Schiedsrichter Schwarzmann nach einem Allerweltsfoul genötigt, die gelb-rote Karte zu zücken. Dieses Mal war Danny Wild das Opfer. Die Selber Zuschauer wüteten.
Und ihre Mannschaft? Die zeigte große Moral, drängte auch in doppelter Unterzahl auf den Ausgleich und wollte unbedingt noch irgendwie ins Elfmeterschießen. Sogar Torwart Armin Maisel zog es in den Schlussminuten bei zwei Freistößen mit nach vorne. Die Rosenheimer hatten ihre liebe Müh’ und Not sich zu befreien, ehe sie in der Nachspielzeit den entscheidenden Konter zum 1:3 setzten.
Spielbericht eingestellt am 08.08.2019 07:20 Uhr