Lukas Görtler 2.0: "Ich bin stolz darauf, nicht zufrieden zu sein!" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 31.05.2017 um 18:00 Uhr
Lukas Görtler 2.0: "Ich bin stolz darauf, nicht zufrieden zu sein!"
MAGAZIN Am vergangenen Wochenende ging für Lukas Görtler sein zweites Profijahr beim 1. FC Kaiserslautern zu Ende. Es war eines mit Höhen und Tiefen, auf das der 22-Jährige mit Stolz auf das Geleistete zurückblickt. Dass er den eigenen Klassenerhalt beinahe auf eine Stufe stellt mit der Meisterschaft seines Heimatvereins löst indes bei Halfar, Pollersbeck & Co amüsantes Kopfschütteln aus...
Von Bernd Riemke
„Startelfgarantie“ könnte man die Hinrunde des Lukas Görtler in seinem erst zweiten Profijahr auf Deutschlands höchstem Fußballberg bezeichnen. In der zweiten Saisonhälfte suchte man seinen Namen jedoch oft vergeblich in der Startformation der Roten Teufel, was wesentlich wiederum mit einer langwierigen Verletzung zusammenhing, die sich der Kemmerner Jung zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt zugezogen hatte. Gemeinsam mit anpfiff.info lässt er seine zweite Saison bei den Pfälzern Revue passieren.

Herr Görtler, nach dem ebenso überraschenden wie unerwarteten Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Norbert Meier lief es für Sie persönlich in der Rückrunde nicht immer ganz rund, wobei das in erster Linie gar nichts mit dem Trainerwechsel zu tun hatte...
Lukas Görtler: Ganz im Gegenteil. Ich habe mir in der Vorbereitung einen Sehnenanriss im Knie zugezogen und bin dann erst einmal sieben bis acht Wochen ausgefallen. Das war natürlich der für mich ungünstigste Zeitpunkt überhaupt. Kaum ist ein neuer Trainer da, falle ich aus und bin im ersten Vierteljahr zwei Monate nicht aktiv bei der Mannschaft.

Mitte März standen Sie erstmals wieder im Kader und kamen in Bielefeld prompt zum Einsatz. Startelfeinsätze ließen dagegen noch länger auf sich warten.

Lukas Görtler: Zum einen habe ich nach der langen Verletzungspause natürlich einige Wochen gebraucht, um wieder auf 100% zu kommen. Zum anderen hatte der Trainer bis zu diesem Zeitpunkt natürlich seinen gewissen Stamm und da ist es dann schwer reinzukommen. Dadurch, dass es für den kompletten Verein sportlich nicht rund lief, war die ganze Situation noch unruhiger. Es ist aber müßig, sich darüber aufzuregen. Ich kann nur immer wieder im Training Vollgas geben und mich anbieten. Das sind die Dinge, die ich selbst beeinflussen kann.

Sind Sie rückblickend mit Ihrem zweiten Profijahr und Ihrer persönlichen Entwicklung zufrieden?
Lukas Görtler: Mein Ziel vor der Saison war es, mehr Spiele und mehr Tore zu machen. Mehr Spiele habe ich erreicht, mehr Tore nicht. Die Ziele, die man sich setzt, werden stetig größer, so dass ich mit einer Bilanz von 0 Toren in 23 Spielen nicht zufrieden bin. Andererseits habe ich trotz achtwöchiger Verletzung 23 Spiele bestritten. Wenn ich fit war, habe ich bis auf drei Spiele alle mitgemacht. Wenn mir das vor zwei Jahren einer gesagt hätte, hätte ich sofort eingeschlagen. Ich freue mich darüber, wieder den nächsten Schritt gemacht zu haben und bin stolz darauf, mit einer Saison mit 23 Einsätzen in der 2. Liga nicht ganz zufrieden sein zu können.

Für den 1. FC Kaiserslautern bringt es Lukas Görtler (li.) inzwischen auf 41 Zweitligaspiele in zwei Jahren.
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Sommerzeit ist auch Transferzeit. Sie haben noch Vertrag bis 2018. Streben Sie eine Veränderung an?
Lukas Görtler: Gedanken macht man sich immer, doch diese stehen und fallen mit den Alternativen und der Rolle, die man im eigenen Verein spielt. Das hängt natürlich davon ab, wie der Verein mit mir plant. Ich sehe jedes Jahr junge Spieler scheitern. Ich selbst bin vor zwei Jahren aus der Regionalliga gekommen und habe jetzt 41 Spiele in der 2. Liga gemacht. Als ich ausgefallen bin, kamen Fans auf mich zu und haben sich gewundert, warum ich nicht spiele. Das gibt mir schon ein gutes Gefühl. Natürlich kann ich mit der Rückrunde nicht ganz zufrieden sein, weil die Ansprüche gewachsen sind, aber ich war eben in jedem Spiel im Kader, wenn ich fit war. Ich gehe also davon aus, dass ich auch nächstes Jahr für den FCK alles geben werde.

Mit welchen Erwartungen starten Sie in die neue Serie? Es droht ein erneuter personeller Umbruch.
Lukas Görtler: Diese fehlende Konstanz macht es natürlich schwierig. Ich hatte in meinen 41 Zweitligaspielen für den FCK schon vier verschiedene Trainer (Anm. der Red.: Runjaic, Fünfstück, Korkut, Meier). Der eine ist von dir überzeugt, der nächste steht vielleicht im ersten Moment nicht direkt auf dich. Mein Ziel ist es wieder, mehr zu spielen, an die vergangene Hinrunde anzuknüpfen und endlich auch, mehr Tore zu schießen. Ich habe gute Statistiken, die wichtigste schaut allerdings nicht so gut aus.

Wie arbeitet man konkret daran, mehr Tore zu schießen?
Lukas Görtler: Indem ich durch viel Training Automatismen erarbeite, die dann auch im Spiel greifen. Ich muss auch noch fokussierter sein und mehr Zug zum Tor entwickeln. Das ist natürlich auch eine Kopfsache, aber indem ich mehr Läufe nach vorne mache, erzwinge ich natürlich auch mehr Situationen in Tornähe.

Werfen wir einen Blick zurück auf die letzten vom Abstiegskampf geprägten Wochen. Gerade für den FCK wäre ein Abstieg in die 3. Liga dem Super-Gau gleichgekommen...
Lukas Görtler: Natürlich wussten wir, was nicht nur sportlich auf dem Spiel steht. Da geht es um Mitarbeiter, um die Fans, um eine ganze Region. Von daher waren die letzten Wochen schon angespannter, aber da muss man einfach schauen, ruhig zu bleiben, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und nicht in blinden Aktionismus zu verfallen. Wir haben darauf vertraut, gut zu trainieren und zu spielen.

Das ist vor allem am letzten, entscheidenden Spieltag zu Hause gegen den FC Nürnberg gelungen. Wenige Tage zuvor nach der Pleite in Aue waren die Fans aufgebracht, nun standen Sie als zwölfter Mann wieder bedingungslos hinter der Mannschaft.
Lukas Görtler: Das ist es, was den FCK auszeichnet. In schlechten Zeiten halten alles zusammen. Darauf kann man sich verlassen. Als wir am Spieltag mit dem Bus zum Stadion gefahren sind, standen da plötzlich 10000 Fans, für die es auch um alles ging. Bei so einer Stimmung und so einem Zusammenhalt kannst du fast nicht verlieren. Den Zusammenhalt müssen wir auf die ganze Saison üb ertragen...

Heimat ist da, wo Kemmern ist. Bodenständigkeit ist bei Lukas Görtler Trumpf.
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War dieses letzte Spiel dementsprechend auch eines Ihrer Highlights in der abgelaufenen Saison?
Lukas Görtler: Sicher. Vor 40000 Zuschauern im Stadion bei so einer einzigartigen Stimmung zu spielen – da merkst du, was der Fußball dir zurückgeben kann und du weißt, warum du immer Fußball spielen wolltest und dass es genau das ist, was du machen willst. Auch in der Vorrunde gab es so ein Spiel, als wir eine Phase hatten, in der es nicht gut lief und dann zu Hause Dynamo Dresden 3:0 geschlagen haben.

Bedeutend erfolgreicher lief es für Ihren Heimatverein SC Kemmern, der am letzten Spieltag die Meisterschaft und die Rückkehr in die Kreisliga gefeiert hat...
Lukas Görtler: Ich war über Freunde per Live-Ticker immer auf dem aktuellen Stand und saß nervös im Hotel mit dem Handy in der Hand. Ich habe ein paar Mitspielern dann erzählt, dass der glorreiche SCK in die Kreisliga aufgestiegen ist und habe ihnen anpfiff-Videos von den Toren gegen RSC Oberhaid gezeigt, aber die meinten nur, ich wäre nicht ganz sauber... (lacht)

Das sieht man in Kemmern verständlicherweise ganz anders. Hatten Sie denn inzwischen die Gelegenheit Kontakt aufzunehmen?
Lukas Görtler: Leider noch nicht. Ich konnte erst abends anrufen, aber da waren die Jungs alle schon nicht mehr ansprechbar (lacht). Mir liegt der SC Kemmern einfach sehr am Herzen. Immer, wenn ich heimfahre, fahre ich am Sportplatz vorbei und fiebere jedes Wochenende aus der Ferne mit. Früher hat mein Papa in der 1. Mannschaft gespielt, jetzt sind es meine Freunde aus der Kindheit. Das ist einfach schön.

Selbst wenn die SCK-Aufstiegs-FCK-Nichtabstiegsfeier aus zeitlichen Gründen ausfallen sollte, da Lukas Görtler gemeinsam mit seiner Freundin in Kürze seine zweieinhalbwöchige Rucksackreise durch Indonesien antritt und am 19. Juni bereits Trainingsauftakt in der Pfalz für die neue Saison ist, so bleibt Luki ohne Zweifel ein Kemmerner Jung, der stets ein besonders inniges Verhältnis zu seiner Heimat und dem Heimatverein pflegen wird.

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Steckbrief L. Görtler

Lukas Görtler
Spitzname
Luki
Alter
29
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
St. Gallen
Familie
verheiratet
Nation
Deutschland
Größe
185 cm
Gewicht
84 kg
Beruf
Fußballprofi
Hobbies
Tennis, Freunde treffen
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Sturm
Erfolge
Deutscher Meister 2015 (FC Bayern München), Pokalfinalist 2021, 2022 (FC St. Gallen)
Stationen in der Jugend

1998 - 2005 SC Kemmern
2005 - 2007 SpVgg Greuther Fürth
2007 - 2010 FC Eintracht Bamberg
2010 - 2012 1. FC Nürnberg

Stationen im Herrenbereich

2012 - 2014 FC Eintracht Bamberg
2014/15 FC Bayern München II
2015 - 2017 1. FC Kaiserslautern
2017 - 2019 FC Utrecht
seit Juli 2019 FC St. Gallen


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