Christoph Stühler - Nahaufnahme: "Das Schiedsrichter-Gen ist in der DNA enthalten" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 05.07.2020 um 06:00 Uhr
Christoph Stühler - Nahaufnahme: "Das Schiedsrichter-Gen ist in der DNA enthalten"
MAGAZIN Christoph Stühler war erst 23 Jahre alt, da wurde er bereits zum Obmann der Schiedsrichtergruppe Forchheim gewählt. Der junge Mann aus Oesdorf mauserte sich zum Landesliga-Referee und steht bis zur Regionalliga an der Linie. Zwei Mal ging er schon K.O., stand aber jedes Mal wieder auf.
Von Uwe Kellner

In der Familie hat Christoph Stühler eigentlich keine Fußballer. Trotzdem verbrachte er seine Jugend mit den Kumpels auf dem alten Bolzplatz in Oesdorf. "Die Jungs haben mich dann irgendwann zum Training mitgeschleift", erinnert sich der heute 30-Jährige. Sein erster Trainer im Heimatverein war Werner Lorenz und das Nachwuchstalent spielte als "eisenharter Verteidiger", wie er es beschreibt, in der Defensive. Allerdings konnte sein Verein in der B-Jugend keine Mannschaft mehr stellen. Aus diesem Grund endete seine aktive Laufbahn als Fußballer frühzeitig.

Christoph Stühler blieb dem Rasensport dennoch treu. Aus Eigeninitiative meldete er sich 2006 zu einem Schiedsrichterlehrgang in Neuses an. "Das hat mich gereizt, allein deswegen weil mich die Schiedsrichterei beim Fußballschauen im TV schon immer fasziniert hat." Die Möglichkeit Entscheidungen zu treffen, der Gerechtigkeitssinn und ein wenig Taschengeld sorgten dafür, dass sich eine Leidenschaft entwickelte. "Es hatten noch ein paar Mitspieler aus Oesdorf an dem Neulingskurs teilgenommen, aber ich blieb als einziger dabei hängen." Über Jugendspiele kämpfte sich Christoph Stühler schon bald durch den Kreis und auf Bezirksebene. Dem Aufstieg in die Bezirksliga 2009/10 folgten die Aufstiege in die Bezirksoberliga 2010/11 und Landesliga 2011/12. Vom damaligen Forchheimer Obmann Benno Dorn fühlte er sich gut betreut und lernte später viel von Mario Hofmann, bei dem er Tag ein Tag aus dabei war.

"Man lernt viel von den Kollegen, wenn man deren Ratschläge annimmt und in seine eigene Persönlichkeit einbringt", findet Christoph Stühler. Seit Sommer 2019 ist der Oesdorfer zusätzlich Spezial-SRA, das heißt, dass er bis zur Regionalliga an der Linie steht. "Man spezialisiert sich als Assistent und darf bis zur Regionalliga dabei sein. Ich pfeife weiterhin in der Landesliga, allerdings ohne aufsteigen zu können aufgrund der SRA-Spezialisierung", erklärt der Referee. "Nach neun Jahren in der Landesliga merkt man, wenn es nicht mehr vorwärts geht. Deswegen habe ich die Möglichkeit genutzt, zumindest als Assistent aufzusteigen." Er assistierte bereits vielen Schiedsrichtern bis hoch in die Regionalliga. Bei Steffen Brütting, Patrick Hanslbauer und Christopher Schwarzmann war er sogar im festen Team dabei.

Christoph Stühler pfeift in der Landesliga und assistiert in der Regionalliga.
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Anekdoten-Ecke


Die Tasche war gepackt und das Auto fuhr bereits nach Würzburg, um ein U19-Spiel in der Bayernliga zu pfeifen. Die ganze Fahrt juckte es Christoph Stühler bereits in den Fingern, dass er irgendetwas vergessen habe. Angekommen bei den Würzburger Kickers merkte er, dass die Fahnen für die Assistenten noch zu Hause liegen. "Das sollte nicht passieren, aber wir haben ein Paar Halzfahnen mit Vereinslogo vor Ort bekommen", lacht er.

Als der TSV Röttenbach noch in der Bezirksliga spielte und gegen Cagrispor Nürnberg antrat, landete ein abgefälschter Schuss direkt im Gesicht des Schiedsrichters. Christoph Stühler fiel zu Boden und die Lichter gingen kurz aus. Nachdem er sich geschüttelt hatte, konnte er dennoch weitermachen. "Klar hat es weh getan, aber es war auch mal ganz schön zu sehen, wie sich die Leute um einen Schiedsrichter kümmern", schmunzelt er. Dasselbe passierte ihm bei einem Spiel in Erlenbach als Assistent an der Linie. Plötzlich landete ihm ein abgefälschter Ball mitten auf der Nase. Auch da ging es weiter - und wenn danach mal ein krummer Pfiff dabei war, konnte es ihm niemand übel nehmen.

Sucht man bei google nach Christoph Stühler, das erst Bild, das angezeigt wird, ist nicht unbedingt vorteilhaft. In Oberkotzau gegen Trogen erwischte Reporter Andi Bär den Oesdorfer beim beinahen Zusammenstoß und neuerlichen Knock-Out. Ein Schnappschuss.

Christoph Stühler in Aktion. Er würde in sein zehntes Jahr in der Landesliga gehen, wenn die aktuell Runde aufgrund der Corona-Pandemie nicht verlängert worden wäre.
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Junger Forchheimer Obmann


Als der langjährige Forchheimer Schiedsrichter-Obmann Benno Dorn im Jahr 2009 zurücktrat, mussten mehrere Posten neu besetzt werden. Sein Nachfolger wurde Hans Heckel. Darüber hinaus lief die Suche nach Beisitzern. Christoph Stühler wurde als 19-Jähriger gefragt und übernahm den Posten. "Danach ist es wie überall: wenn du einmal angefangen hast, wird es meist immer mehr." Bereits bei der nächsten Wahl im Jahr 2013 beerbte der Oesdorfer seinen Vorgänger Hans Heckel und wurde Obmann der Schiedsrichtergruppe. "Meist wird ein Beisitzer der Nachfolger, da man als solcher ja schon ein paar Jahre dabei war." Seither füllt Christoph Stühler diesen Posten aus. "Wie in jedem Ehrenamt kommt es darauf an, wen man um sich hat. Sofern genügend Leute helfen, geht es ganz gut." Seit zweieinhalb Jahren ist Christoph Stühler zudem stellvertretender Kreisschiedsrichterobmann.

Der junge Ehrenamtler kann sich nicht beklagen und arbeitet mit seinen Kollegen an den Herausforderungen der Zukunft. "Wir haben die alten Schiedsrichter, die noch ein gewisses Pflichtgefühl haben und dann haben wir die jungen Schiedsrichter, von denen auch mal einer kurzfristig am Sonntag absagt, und die in der Masse nicht so viele Spiele pfeifen wie die alten", erklärt Christoph Stühler. "Eine große Lücke gibt es im Altersbereich von 35 bis 50 Jahren. Ich denke, das ist wie draußen in den Vereinen. Da gibt es ja auch kaum noch AH-Mannschaften, die diesen Altersbereich abdecken." Er nennt gesellschaftliche Gründe wie Beruf und Familie. "Dazu kommt, dass es immer weniger Jugendteams gibt. Und je weniger Jugendmannschaften, desto weniger Schiedsrichter, vor allem in der Masse, in der wir sie bräuchten. Die Vereine müssen sich darauf einstellen, dass wird bald nicht mehr jedes Spiel besetzen können." Eine Patentlösung gegen den Schiedsrichterschwund gebe es nicht.

Zumindest in puncto Spielabbrüche sei der Spielkreis Erlangen-Pegnitzgrund ein ruhiges Pflaster. "Es gibt Kraftausdrücke, die tief unter die Gürtellinie gehen. Da denkst du dir natürlich, dass da in der Erziehung etwas daneben gegangen ist, aber grundsätzlich ist unser Spielkreis unproblematisch."

Als Schiedsrichter-Funktionär informiert Christoph Stühler an Tagungen über die Neuigkeiten aus dem Schiedsrichterwesen.
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Automatismen entwickeln sich

"Das Schiedsrichter-Gen ist in der DNA enthalten", lacht Christoph Stühler. "Wenn man sich bewusst dafür entscheidet, dann entwickelt man auch einen gewissen Ehrgeiz. Und wenn du dann auch noch höherklassig bei Kollegen dabei bist, dann willst da auch hinkommen." Als Grundlage sieht Christoph Stühler immer die Regelkenntnis. Daran scheitere es allerdings bei den wenigsten Unparteiischen. Vielmehr sei es das Auftreten, mit dem man punkten könne. "Es gibt Automatismen, die sich über die Jahre entwickeln. Ich finde, je besser die Stimmung auf dem Platz ist, desto besser ist auch der Schiedsrichter."

Irgendwann, so der Unparteiische, werde der Zeitpunkt kommen, dass er jeden Sportplatz in der Landesliga zum x-ten Mal besucht und alles erlebt habe, dann werde er sich von den höheren Ligen verabschieden und darunter weitermachen. "Es macht Spaß, aufhören ist keine Option", lacht er. Auch unter den Schiedsrichtern entstehen Freundschaften und ein Gemeinschaftsgefühl, das er nicht missen will. Deswegen geht es bei ihm auf jeden Fall auch nach der langen Pandemie bedingten Unterbrechung weiter.

Christoph Stühler findet, dass es in seinen Spielen meist ruhig zugeht. Mittlerweile pfeift er ein knappes Jahrzehnt in der Landesliga.
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Steckbrief Christoph Stühler

Christoph Stühler
Alter
34
Geburtsort
Forchheim
Wohnort
Oesdorf
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
183 cm
Gewicht
77 kg
Hobbies
Fußball, Darts, Tennis, Politik, Lesen, Filme+Serien, Groundhopping
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Abwehr
Erfolge
Aufstieg ion die Bezirksliga 2009/10, Aufstieg in die Bezirksoberliga 2010/11, Aufstieg in die Landesliga 2011/12, Spezial SRA seit 2019/20.
Bisherige Vereine:
DJK-SC Oesdorf, Schiedsrichter seit 2006
Persönliche Highlights:

Regionalliga-Derby FC Bayern Amateure gegen den TSV 1860 München vor 12.500 Zuschauern als SRA bei Steffen Brütting.

Pokalspiel FC Schweinfurt 05 gegen Kickers Würzburg mit zahlreichen Pyro-Unterbrechungen als SRA bei Patrick Hanslbauer.



Hintergründe & Fakten

Personendaten

Gesamtbilanz Christoph Stühler

Sp.
Ø
(Sp)
Note
343
1107
5
48
28
1188
3,5
(99)
2,3

Saisonbilanz Christoph Stühler

Saison
Sp
Ø
(Sp)
Note
07/08
7
26
0
3
1
30
4,3
-
(0)
08/09
5
23
0
2
0
25
5,0
-
(0)
09/10
15
51
0
3
1
55
3,7
-
(0)
10/11
21
39
0
2
2
43
2,0
2,3
(7)
11/12
27
44
0
1
5
50
1,9
2,6
(12)
12/13
34
67
0
3
3
73
2,1
2,6
(15)
13/14
25
70
0
4
2
76
3,0
2,2
(9)
14/15
28
121
0
6
2
129
4,6
2,5
(9)
15/16
27
113
1
5
1
120
4,4
2,4
(8)
16/17
34
113
1
4
4
122
3,6
2,3
(10)
17/18
32
116
0
0
1
117
3,7
2,1
(7)
18/19
30
99
0
6
3
108
3,6
1,7
(4)
19/20
1
2
0
0
0
2
2,0
-
(0)
19/21
19
94
0
4
1
99
5,2
1,9
(4)
21/22
15
52
0
3
0
55
3,7
1,7
(4)
22/23
15
41
1
2
2
46
3,1
2,0
(8)
23/24
8
36
2
0
0
38
4,8
3,0
(2)
Ges.
343
1107
5
48
28
1188
3,4
2,3
(99)

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