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Artikel veröffentlicht am 13.12.2022 um 08:00 Uhr

SV Neuhof/Zenn: Vom Katastrophenstarter zum Seriensieger

Absurd, spektakulär, unberechenbar und äußerst attraktiv: Die Kreisklasse 3 schrieb in ihren etwas mehr als drei Monaten der Saison 2022/23 schon einige verrückte Geschichten. Der Blick auf die Tabelle lässt zum Jahreswechsel bestenfalls Tendenzen erkennen. Im Prinzip ist es eine Liga der unbegrenzten Möglichkeiten! In einer kleinen Serie beleuchten wir daraus einige Kuriositäten. Heute mit dem SV Neuhof/Zenn.

Von Marco Galuska

Nach einem Katastrophenstart ist der SV Neuhof/Zenn mittlerweile zum Seriensieger geworden.

B. Fromm

All die Kuriositäten, welche die 13 Mannschaften im ersten Abschnitt der Saison 2022/23 in der Kreisklasse 3 schon produziert haben, lassen sich gewiss nicht vollständig darstellen. Einige Bilanzen wollen wir aber zumindest einmal in einer kleinen Serie hervorheben.

Neuhofs Wandlung vom Kellerkind zum Aufstiegskandidaten

"Kopf hoch, es kommen wieder bessere Zeiten", so schloss der Bericht, den der SV Losaurach am 1. Spieltag zum Heimspiel gegen den Patenverein SV Neuhof/Zenn verfasste. Mit 9:0 schickte der SVL die Ex-Mannschaft seines neuen Spielertrainers Jonas Scheuenstuhl nach Hause. Der Wechsel von Kapitän Scheuenstuhl nach Losaurach schien in den ersten Wochen der Saison beim SVN nicht zu kompensieren zu sein. Zudem entpuppte sich die Verpflichtung des neuen Übungsleiters im Rückblick als großes Missverständnis.

Erst kurz vor der Saison war mit Martin Rogowski ein Spielertrainer nach Neuhof gekommen, der bis dahin ein unbeschriebenes Blatt im Verein war. "Wir hatten bewusst einen Spielertrainer gesucht, den wir noch nicht kannten und der uns noch nicht kennt", erklärt der 1. Vorstand Frank Hahn den Ansatz vor dem Spieljahr. Die Verbindung hielt aber nur zwei Spieltage. Nach dem 0:9 und dem folgenden 2:6 zu Hause gegen Gutenstettens U23 kam die Trennung im Einvernehmen. Mit Interimstrainer Heiko Scheuenstuhl gab es eine vermeintlich überraschende Kehrtwende durch einen überzeugenden 5:1-Sieg in Burgfarrnbach.

Unter den Zuschauern war der kommende Spielertrainer Waldemar Leist, der in jenem Spiel das sah, was er selbst als Gegner über Jahre vom SV Neuhof/Zenn kannte. "Waldi sagte, dass ihn die Aufgabe gereizt hat, weil es auch immer eklig war, gegen uns zu spielen", erinnert sich Hahn zurück an die ersten Gespräche mit dem neuen Coach, der vom TSV Franken Neustadt/Aisch kam.

In den ersten Spielen war Waldemar Leist (Bildmitte) noch als Feldspieler im Einsatz, sein Wechsel ins Tor sollte sich ein besonders erfolgreicher Schachzug herausstellen.

B. Fromm

Ab dem 4. Spieltag übernahm Leist also den Posten des Spielertrainers und nach einem knappen 2:3 gegen Obermichelbach setzte es ein 0:6 gegen Langenzenn und ein 2:6 in Weinzierlein. Damit war Neuhof/Zenn tief im Tabellenkeller. "Es hat nach einer Katastrophensaison ausgeschaut", sagt Hahn und will auch im Rückblick die schlechten Ergebnisse nicht auf Verletzungen schieben.

Dass man Anfang Oktober die SF Laubendorf mit 3:1 bezwang und den Laubis damit die bislang letzten Punkte abknöpfen konnte, gehört ebenso in einen wenig vorhersehbaren Saisonverlauf wie der Abbruch kurz vor dem regulären Ende in der Folgewoche in Oberndorf. Da der Schiri das Spiel nach dem tätlichen Angriff eines Zuschauers der Hausherren gegen einen SVN-Spieler fortsetzen wollte, die Gäste das aber nicht mehr mitmachen wollten, blieben die Punkte in Oberndorf.

Und so standen magere sechs Zähler aus den ersten acht Partien und ein ungemütlicher Abstiegskampf bis zur Winterpause bevor. Aber die Kreisklasse 3 wäre in der Saison 2022/23 nicht die Kreisklasse 3, wenn es dann nicht doch komplett anders kommen würde. Neuhof/Zenn spielte noch sechsmal - und gewann sechsmal.

Frank Hahn (1. Vorstand, rechts) mit zwei der Erfolgsfaktoren für die Auferstehung beim SV Neuhif/Zenn: Trainer Waldemar Leist (Bildmitte), der mittlerweile das Tor hütet, und der reaktivierte Marco Müllerke (links), der nicht nur Vorstandskollege und Hahns Schwager ist, sondern in der Defensive weiterhin eine Bank ist und auch vorne seine Torgefahr unter Beweis stellen konnte.

SV Neuhof/Zenn

Dass dabei der Spielertrainer, der eigentlich früher höchstens aushilfsweise auch mal ins Tor ging, zum neuen Stammkeeper - und Erfolgsfaktor - wurde, macht die Serie des SVN umso spezieller. "Man muss Waldi ganz klar diesen riesigen Verdienst zuschreiben, dass er es geschafft hat, die Mannschaft so umzukrempeln, dass es jetzt so gut lief und wir gar nicht so gerne in die Winterpause gegangen sind", lobt der Vorstand. Konkret benennt Hahn drei wesentliche Erfolgsfaktoren: "Waldi dirigiert das Spiel von hinten super und pusht die Jungs. Die Umstellung von Vierer- auf Dreierkette hat gefruchtet. Und unser reaktivierter 'Oldie but super Goldie' Marco Müllerke hält den Laden hinten zusammen."

Nach dem 0:9 in Losaurach gab es im Rückspiel einen 2:1-Sieg in Neuhof/Zenn und auch für die 2:6-Pleite gegen Gutenstetten gelang die Revanche mit einem 1:0-Erfolg beim Tabellenführer und der zwischenzeitliche Sprung auf Rang zwei. Dass der SVN nun als Tabellendritter überwintert, hätten lange Zeit auch die größten Optimisten im Verein nicht für möglich gehalten. "Wir sind super zufrieden, so wie es jetzt gelaufen. Daher sind auch keine Veränderungen im Winter geplant. Wir hoffen, dass wir im Frühjahr daran anknüpfen können, wo wir aufgehört haben", freut sich der Vorstand über eine fabelhafte Entwicklung. Vom katastrophalen Start ist wenig geblieben, zumindest das negative Torverhältnis von minus zwölf ist für einen Tabellendritten ungewöhnlich. Aber in der Kreisklasse 3 ist in dieser Saison eben vieles außergewöhnlich.