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Artikel veröffentlicht am 21.08.2008 um 18:00 Uhr
Vor dem Derby FC Anadoluspor gegen SV Bosporus:
„Fairer, als viele denken“
Ein heißes Derby erwartet die A-Klasse 1, wenn am Sonntag der FC Anadoluspor und der SV Bosporus aufeinander treffen. Noch Anfang dieses Jahres wurde über eine Fusion diskutiert, jetzt treten sie als Konkurrenten um den Aufstieg auf.
anpfiff
wird live vor Ort sein, um ausführlich von dem Aufeinandertreffen zu berichten.
Von
Stefanie Nowak
Beide Mannschaften sind für ihre Emotionalität bekannt – wenn nicht berüchtigt. „Unser Verhalten war nicht immer vorteilhaft“, meint Levent Dimirezen, der neue Vorstand des SV Bosporus. Doch damit soll nun Schluss sein. Cemal Ulac, Vorstandsmitglied bei Anadoluspor, geht ebenfalls davon aus, dass es am Sonntag „fairer, als viele denken“ zugehen wird. In seinem Verein werde verstärkt Wert auf Disziplin gelegt, wer da nicht mitzieht müsse damit rechnen, nicht in der Mannschaft zu stehen. Außerdem seien manche Spieler der beiden Mannschaften Arbeitskollegen oder sogar gute Bekannte, es sollte also eher kameradschaftlich zugehen. Die alte Rivalität, vor allem aus der Zeit, in der Bosporus in der Bezirksliga spielte, ist abgeebbt. „Da war früher vielleicht auch etwas Neid dabei“, mutmaßt Demirezen, „aber das ist vorbei, jetzt sind wir ja wieder in einer Klasse.“
„Zu 99% gleich“
Auch sonst trennt die Vereine offenbar nicht viel. Aufgefordert, beide zu vergleichen, erklärt Tarik Birinci, der zu dieser Saison von Bosporus zu Anadoluspor wechselte: „Das ist schwierig, die Vereine sind zu 99% gleich.“ Eine Zusammenarbeit der beiden Clubs habe er dennoch nicht erlebt. Einfacher sei es da, die türkischen Vereine anderen gegenüberzustellen. Birinci spielte vier Jahre bei Wüstenahorn, später ein Jahr in Ketschendorf. Seiner Erfahrung nach sei die Atmosphäre bei den türkischen Vereinen von mehr Nähe geprägt, es werde mehr mit den einzelnen Spielern gesprochen. Beim Thema „Atmosphäre“ kommt Birinci dann doch noch auf einen Unterschied zwischen Anadoluspor und Bosporus zu sprechen. Anadoluspor sei der familienfreundlichere Verein, Bosporus mehr leistungsorientiert. Für den Familienvater war dieses „Drumherum“ auch ein Grund dafür, zu Anadoluspor zu gehen. Ulac bestätigt diese Einschätzung: „Wir wollen nicht nur ein Fußballverein sein, sondern auch eine soziale Verbindung darstellen.“ Dass es Bosporus nur um sportliche Erfolge und wenig um das soziale Umfeld gehe – diese Annahme bezeichnet Levent Demirezen als „voll das Gelaber“. Auch bei Bosporus gibt es Familienausflüge und offene Veranstaltungen, wie beispielsweise die Übertragung der Europameisterschaft auf Großbildleinwand.
Geplatzte Fusion
Die beiden Vereine, die sich nun in der A-Klasse gegenüberstehen, waren kurz davor, einer zu werden. Anfang des Jahres stand – mal wieder – eine Fusion zur Diskussion. „Man braucht eine große Mannschaft, wenn man groß rauskommen will“, begründet Ulac den Versuch, die beiden türkischen Vereine zusammen zu bringen. Nicht nur sportlich, auch in der Vorstandschaft hätten so Kräfte gebündelt werden können. Demirezen versteht ebenfalls nicht, warum es 2008 wieder nichts wurde mit einer Fusion. Beide Seiten hätten davon profitieren können. Beispiel Sportplatz: Andadoluspor hat einen eigenen – aber eben auch die damit verbundenen Kosten zu tragen. Bosporus muss jedes Jahr aufs Neue um eine Spielstätte kämpfen, in den Wintermonaten stand man letzte Saison ganz ohne Platz da, es kam zu surrealen Trainingseinheiten auf einem beleuchteten Parkplatz. Beispiel Jugendarbeit: Anadoluspor hat keine Jugendmannschaften, und auch bei Bosporus, die schon B- und A-Junioren im Spielbetrieb hatten, reichte es diese Saison nicht. Ein schlagkräftiger Verein könnte wieder junge Spieler anziehen. Doch der Zusammenschluss scheiterte an dem Votum der Anadoluspor-Mitglieder, vor allem an der älteren Generation, wie Demirezen berichtet. Nun also doch wieder jeder für sich – und jeder mit eigenen Projekten und Zielen.
Zurück zu traditionellen Werten
Ulac wünscht sich, dass Anadoluspor wieder zu dem Punkt kommt, an dem der Verein vor 20 Jahren schon einmal war. Damals sei die türkische Lebensart noch voll ausgelebt worden, man habe zusammengehalten und sei füreinander da gewesen. Ein großer Schritt in diese Richtung war nun der Bau des Sportheims. Vorher seien einige nur zum Fußballspielen gekommen und anschließend sofort wieder gegangen. Jetzt hat nicht nur die Mannschaft einen Treffpunkt. Auch die Gegner könnten „noch auf ein Bierchen bleiben“, so Ulac, und das sei es ja, was den Amateursport ausmache: die sozialen Bindungen.Sportlich soll dieses Jahr der Aufstieg in die Kreisklasse gelingen. Mit einem Unentschieden und einem Sieg zum Auftakt hat sich die Saison ganz gut angelassen. Beste Voraussetzungen also, um die Niederlagen (1:2 und 0:5) aus der Kreisklassen-Runde 2005/06 vergessen zu machen. Bei einem Vorbereitungsturnier trennten sich die beiden Teams 1:1.
Projekt 2010
Muss im Derby auf vier Stammkräfte verzichten: Bosporus-Trainer Selim Sahin
Foto privat
Ziemlich holprig verlief der Saisonstart für den SV Bosporus, der eigentlich ebenfalls mit dem Aufstieg liebäugelt. Spätestens zum 40-jährigen Jubiläum des Vereins 2010 soll wieder Kreisklassen-, wenn nicht Kreisliga-Fußball gespielt werden. Das hat sich die neue, sehr junge Führungsriege des Vereines zum Ziel gesetzt. Neben Demirezen sind dies der 2. Vorsitzende Ali Gündüz, die Spielleiter Güney Yilmaz und Selahattin Özdemir sowie die Kassiere Safak Cadir und Yusuf Kilic. Der Umbruch hatte sich mit dem Abstieg des Vereins aus der Kreisliga 2007 abgezeichnet, als aus der alten Garde einige Verantwortliche aufhörten. Der Zeitaufwand für die Verbliebenen wurde so hoch, dass auch sie ihre Posten abgaben. Ein neues Team musste her. Es fanden sich sechs Männer, die untereinander gut befreundet waren und schon früher gelegentlich Veranstaltungen für die Mannschaft organisiert hatten. Auch wenn es ihnen an Erfahrung fehlt, einen Vorteil haben sie gegenüber der älteren Generation: die Sprache. Demirezen wurde in Deutschland geboren, er spricht fließend deutsch. Auch für seine fünf Mitstreiter gibt es keine Sprachbarrieren im Kontakt mit anderen Vereinen oder Verantwortlichen der Stadt Coburg. Das größte Problem der Mannschaft zur Zeit sind die vielen Urlauber. Im Gegensatz zu Anadoluspor, die sich mit neuen Spielern verstärken konnten, ist die Personaldecke bei Bosporus sehr dünn. Der Vorstandswechsel kam zu spät, um auf dem Transfermarkt aktiv werden zu können. Für Bosporus fällt es deshalb doppelt schwer ins Gewicht, dass am Wochenende vier Stammspieler fehlen. Trotzdem, zumindest verlieren will Demirezen nicht. Der Abstand zur vorderen Tabellenregion soll vor der Winterpause, in der Bosporus auf einige Neuzugänge hofft, nicht zu groß werden. Auf der Seite von Anadoluspor klingen die Erwartungen für das Derby folgendermaßen: „Wir werden gewinnen“ (Ulac) und „Vielleicht, dass doch eher wir gewinnen, Bosporus hat etwas größere urlaubsbedingte Probleme“ (Birinci). Wovon alle drei ausgehen, und worauf alle drei hoffen, ist eine faire Partie.
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