Normann Wagner im Interview: Die Relegation hatte auch eine heilende Wirkung - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 09.08.2023 um 07:00 Uhr
Normann Wagner im Interview: Die Relegation hatte auch eine heilende Wirkung
INTERVIEW Vor zwei Monaten hing der Landesliga-Verbleib des TSV Buch am seidenen Faden, nach überstandener Relegation und Umbruch samt Verjüngungskur im Kader ist das Team von Normann Wagner erstaunlich gut in die Saison gestartet. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht der 49-jährige Trainer über die jüngste Entwicklung am Wegfeld und warum er keinen speziellen Blick auf seinen langjährigen Verein Erlangen-Bruck wirft.
Von Marco Galuska
Normann Wagner hat mit dem TSV Buch nicht nur der Klassenerhalt in der Relegation geschafft, sondern auch einen guten Saisonstart hingelegt.
fussballn.de
Hallo Normann, direkt gefragt: Wie war die sportliche Lage heute vor zwei Monaten?

Normann Wagner (49):
Auf den Tag genau weiß ich das nicht mehr, aber sicher nicht sonderlich entspannt. Schließlich waren wir ja bis zum letzten Tag im absoluten Abstiegskampf.

Ihr hattet gerade noch ein 0:2 in der 2. Relegationsrunde in Meckenhausen in der Nachspielzeit ausgeglichen. Gäbe es ohne den späten Doppelschlag heute keine Landesliga in Buch mehr?

Wagner:
Das würde ich nicht unbedingt sagen. Bei einem 0:3 wäre es tatsächlich verdammt eng geworden, aber ich wäre selbst bei einem 0:2 überzeugt gewesen, dass wir es im Rückspiel noch drehen. Wir haben uns ja eigentlich auch über das 2:2 geärgert, weil wir wirklich schlecht an dem Tag gespielt haben. Das war enttäuschend, aber wir hatten andererseits einen klaren Plan, wie wir es im Rückspiel angehen wollten und der hat auch funktioniert. Aber natürlich wäre es vom Kopf her anders gewesen, wenn man ein 0:2 aufholen muss. Das ist auch klar!

Welche Bedeutung hätte ein Abstieg des TSV Buch in die Bezirksliga gehabt, in Hinblick auf Spieler und Trainer?

Wagner:
Ich bin mir sicher, dass der Kader dann anders ausgesehen hätte. Zwar hatten viele zugesagt, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass gerade der ein oder andere junge Spieler sich das bestimmt noch einmal überlegt hätte, ob er in die Bezirksliga oder nicht doch lieber in die Landesliga wechseln möchte. Und im Nachhinein muss man auch sagen, dass ich mit einem Abstieg meine Position hinterfragen hätte müssen, ob das dann Sinn macht, sozusagen auf "verbrannter Erde" weiterzumachen. Aber diese Gedanken kamen erst, nachdem es geschafft war und ich überhaupt mal tief durchschnaufen konnte.

Bange Momente in der Relegation: Im Nachsitzen schafften Normann Wagner und der TSV Buch aber doch noch den Klassenerhalt in der Landesliga.
fussballn.de / Strauch

Lange Zeit dafür gab es aufgrund der extrem kurzen Zeit von Relegation zur Vorbereitung ja eh nicht. Mit welchen Gefühlen seid ihr da in die knapp zweiwöchige Sommerpause gegangen?

Wagner:
Es war definitiv schwierig! Denn die letzte Planung war ja noch nicht abgeschlossen, da gab es direkt noch einige Arbeit zu erledigen. Der Verein ist auch dabei, sich anders aufzustellen. Keiner möchte noch einmal so ein schlechtes Jahr erleben. Gerade einige ehemalige, verdiente Spieler wie Udo Brehm, Philip Lang, Thomas Reichel, Stefan Scherzer oder Martin Weber bringen sich jetzt im Hintergrund ein. Das ist vielleicht nicht alles so sichtbar, aber enorm wichtig, auch als Unterstützung von Matthias Leibold, bei dem schon viel gelandet ist. Und es soll für mehr Ruhe im Umfeld sorgen, was ja bekanntlich nicht immer so leicht ist. (schmunzelt)

Im Kader gab es einige Veränderungen, sehr viele junge Spieler kamen hinzu, aber mit Philip Messingschlager als spielender Co-Trainer auch ein ganz erfahrener Akteur neu ins Trainer-Team. War das ein Wagnis im Umbruch?

Wagner:
Absolut! Das muss man schon so sagen. Wir haben ja ganz viele neue Charaktere hinzubekommen. Dass das in der kurzen Zeit so gut funktioniert hat, davon konnte man nicht unbedingt ausgehen. Gerade auch die Spieler, die auf der Bank sitzen, bringen keinen Neid mit, sondern setzen wichtige Impulse, die schon jetzt ein großer Gewinn für das gesamte Team sind. Man muss sagen, dass wir da bisher wirklich Glück hatten, wie es sich entwickelt hat, denn es war ja auch ein Stück weit aus der Not geboren. Wir mussten den Kader verkleinern und verjüngen.

Die Vorbereitung lief erstaunlich gut. War das dann ein derart positiver Saisonstart überhaupt noch überraschend?

Wagner:
Wir hatten ja diese eigentlich viel zu kurze Pause und hätten tatsächlich nicht gedacht, dass wir bei den Spielen gegen die Club-Amateure und dem ASV Neumarkt schon so gut mithalten, mit nur einer halben Trainingseinheit davor. Wir hatten auch ein super Trainingslager und das lief wirklich alles gut zusammen. Dass aber eine gute Vorbereitung keine Garantie für einen guten Saisonstart ist, hab ich als Trainer über die Jahre, die ich jetzt schon dabei bin, gelernt. Ich habe deshalb mit Hinblick auf das anspruchsvolle Programm schon gewarnt vor dem Saisonstart.

Die acht Punkte aus den ersten vier Spielen hättest du demnach im Vorfeld unterschrieben?

Wagner:
Die hätte ich freilich sofort unterschrieben! Gerade aus den ersten drei Spielen haben wir fast ideal gepunktet, gegen Stadeln wäre sogar mit etwas Glück noch mehr möglich gewesen, wobei ich mit einem 2:2 gegen diese Qualität gut leben kann.

Das 1:1 bei der SG Quelle Fürth am vergangenen Freitag waren hingegen zwei verlorene Punkte ...

Wagner:
Vom Ergebnis her können wir nicht zufrieden sein aufgrund des Spielverlaufs. Mit unserem Auftritt bei einer eigentlich heimstarken SG Quelle Fürth war ich allerdings sehr zufrieden. In der ersten Halbzeit waren wir in manchen Szenen noch etwas zu schlampig, haben aber trotzdem keine herausgespielten Chancen zugelassen. In der zweiten Hälfte hatten wir einen richtig guten Spielaufbau, da gibt's eigentlich nichts Negatives zu sagen, außer dem Fakt, dass wir nicht das Spiel für uns entschieden haben. Pech war auch, dass uns ein reguläres Tor wegen angeblichen Abseits abgepfiffen wurde. Im Videostudium sieht man, dass der Treffer hätte zählen müssen. Wir haben aber auch gesehen, dass wir vieles richtig gut gemacht haben. Die Jungs waren traurig über das Remis, das belegt, dass unser Selbstvertrauen auch wieder gewachsen ist.

Einen richtig guten Auftritt legte Normann Wagner mit den Bucher Jungs bei der Quelle hin, nur den Sieg ließ man an der Coubertinstraße liegen.
fussballn.de / Schlirf

Ist das eine der neuen Stärken im Team?

Wagner:
Ich glaube, dass die Relegation sogar heilend für uns und den Verein war! Die 'Bucher Jungs', das war ja immer so eine heile Welt, jetzt musste sich aber jeder einen Ticken mehr einbringen, die Spieler aus der Komfortzone herauskommen. Das hat meiner Meinung nach schon alles dazu beigetragen, dass wir den Turnaround geschafft haben. Ich will damit aber wiederum nicht sagen, dass davor alles schlecht war. Ich habe es ja als Co-Trainer direkt miterlebt. Wir hatten auch da schon gute Spiele, aber nicht die Ergebnisse. Vielleicht ist jetzt noch etwas mehr Mentalität hinzugekommen.

Du bist als Co-Trainer nach Buch gekommen. Ist die Beförderung zum Chefcoach ein Glücksfall für beide Seiten sein?

Wagner:
Aktuell passt es schon gut, so wie es ist! Es wäre für mich sicher am einfachsten gewesen, wenn ich nach der Trennung vom Jochen (Strobel, Anm. der Red.) auch mitgegangen wäre. Wir wollten jedoch gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen und ich bin nicht der Typ, der dann wegläuft, wenn es unangenehm wird. Wir wollen auch gemeinsam hier etwas entwickeln und derzeit läuft das insgesamt sehr gut. Und wir haben vor allem Ruhe, das ist nicht selbstverständlich im Fußball - gerade in Buch, wenn ich da einen meiner Vorgänger, Helmut "Alu" Rahner, zitieren darf. Er hat ja vom berühmten Haifischbecken in Buch gesprochen. (schmunzelt) 

Mit Neuzugang Philip Messingschlager und Patrick Fuchs hast du zwei spielende Co-Trainer an deiner Seite. Wie läuft das in der Praxis?

Wagner:
Ich bin grundsätzlich kein Trainer, der alles allein bestimmt. Wir sprechen alles durch. Für mich war die Konstellation auch eine relativ neue. Aber es funktioniert gut und die Beiden sehen auch, welche Arbeit in der Spielnachbereitung und -vorbereitung anfällt. Wir finden da bisher immer einen Nenner und jeder bringt sich ein.  

Heute Abend geht es schon mit der nächsten Englischen Woche weiter. Beim SC Großschwarzenlohe trefft ihr auf einen Gegner, bei dem die letzte Saison und der jetzige Start fast spiegelverkehrt zu eurem war. Ist das ein mentaler Vorteil für das Match heute?

Wagner: 
Ich denke schon! Die Relegation war ein gewisser Turnaround bei beiden Vereinen. Die Niederlage von Groß'lohe in Unterreichenbach hat mich nach dem starken Pokalauftritt und der Rückkehr der Siegermentalität überrascht. Es erwartet uns dort wieder ein heißes Match heute, wir wollen uns aber nicht verstecken und unbedingt weiterhin ungeschlagen in der Saison bleiben.

Wie lautet euer Saisonziel?

Wagner:
Wir wollen schnell in ruhiges Fahrwasser kommen und uns von unten heraushalten. Nach den letzten anderthalb Jahren muss man auch vorsichtig sein und mal auf die Euphoriebremse treten. Aber klar ist auch, wir wollen weiterhin schwer zu schlagen sein.

Philip Messingschlager ist seit dieser Saison als spielender Co-Trainer beim TSV Buch aktiv.
fussballn.de

Neben Philip Messingschlager kamen mit Johannes Winkelmann und Hakim Graine noch zwei weitere ehemalige Brucker neu ins Team. Wie kam es dazu?

Wagner:
Über Messi (Philip Messingschlager, Anm. der Red.) ist der Kontakt zu Johannes Winkelmann entstanden, der ebenfalls nach Großgründlach gezogen ist. Bei Hakim Graine ist es so, dass er gerade sein Haus baut und da selbst viel macht. Er wird daher erst so richtig Ende August zu uns stoßen, aber er wollte unbedingt wieder bei mir trainieren. Das ehrt mich. Wir wissen, was wir aneinander haben, auch wenn ich ihn in Brucker Zeiten durchaus hart angepackt habe.

Apropos Bruck. Mit deiner langen Vergangenheit beim FSV geht doch der Blick sicher noch mit einem Auge dorthin, oder?

Wagner:
Leider nein! Ich bin zwar seit dem fünften Lebensjahr Mitglied im Verein, aber es hat sehr viele Veränderungen gegeben in den letzten Jahren, da ist die enge Bindung einfach weg. Ich war auch schon ewig nicht mehr dort am Sportplatz. Jetzt nicht, weil ich das nicht will, es hat sich einfach nicht mehr ergeben. Es ist sicher irgendwo schade, aber ich könnte jetzt tatsächlich nicht sagen, dass ich mich speziell an Bruck orientiere und mit Buch beispielsweise unbedingt vor dem FSV stehen will.

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Steckbrief N. Wagner

Normann Wagner
Spitzname
Paul
Alter
50
Geburtsort
Erlangen
Wohnort
Möhrendorf
Familie
geschieden, 1 Kind
Nation
Deutschland
Größe
186 cm
Gewicht
87 kg
Beruf
Zahntechniker
Hobbies
Fußball, Sport allgemein
Lieb.-Position
Libero
Erfolge
Aufstieg mit dem FSV Erlangen-Bruck als Spieler in die BOL und Landesliga; Aufstieg als Trainer mit der Reserve des FSV Erlangen-Bruck in die BOL und Landesliga. Aufstieg als Trainer mit dem FSV Erlangen-Bruck in die Bayernliga.


Trainerstationen N. Wagner

23/24
LL
 
22/23
LL
21/22
BL
 
17/18
BAYL
 
13/14
BAYL
 
12/13
BAYL
 

5. Spieltag Landesliga Nordost


Tabelle Landesliga Nordost

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
2
31
57:30
63
3
31
60:28
63
4
31
53:43
51
5
30
54:43
50
7
31
43:49
47
8
31
48:50
44
11
30
37:49
38
12
31
48:64
38
14
31
51:50
33
15
31
43:66
33
18
31
43:73
27
Bei punktgleichen Teams: Sondertabelle der Punktgleichen

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