Schock für Spielkreis Er-Peg: Kreisjugendleiter Tobias Körner hört auf! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 04.04.2024 um 06:00 Uhr
Schock für Spielkreis Er-Peg: Kreisjugendleiter Tobias Körner hört auf!
Die Verabschiedungs-Mail landete am 1. April in den Postfächern der Vereinsvertreter. Ein Scherz war es dennoch nicht, auch wenn sich wohl sehr viele Leute wünschen würden, dass es einer gewesen sei. Kreisjugendleiter Tobias Körner hört auf - nach 18 Jahren.
Von Uwe Kellner
"Ich möchte euch am heutigen Tage in Kenntnis setzen, dass ich zum 30. Juni 2024 mein Amt als Kreisjugendeiter im Spielkreis Erlangen/Pegnitzgrund abgeben möchte. Dies ist einige Wochen nach dem offiziellen Rundenschluss Mitte Mai, es bietet einem Nachfolger ausreichend Zeit, die anstehende Spielzeit 2024/25 zu planen", mit diesen Worten beginnt Kreisjugendleiter Tobias Körner seine E-Mail an Verbands- und Vereinsvertreter. Das ist ein Schock und ein herber Verlust für den Spielkreis. Der heute 39-Jährige wurde im Jahr 2006 vom damaligen Kreisjugendleiter Friedrich Polster zum Jugendspielgruppenleiter ernannt und in der Folge von seinem Vorgänger zu dessen Nachfolger herangezogen. Im Jahr 2010 wurde Tobias Körner letztlich zum Kreisjugendleiter gewählt. Bei anpfiff.info erschien im Jahr 2020 ein ausführliches Portrait über das Leben des sympathischen Sportskameraden Tobias Körner.

Vereine nicht unschuldig am Ausscheiden


Tobias Körner ist eine Person, die nie etwas auf seine langjährigen Weggefährten oder seine Vereine im Spielkreis Erlangen-Pegnitzgrund kommen lassen würde. In seinen Abschiedsworten geht er zwar auf Veränderungen und Ärgernisse ein, die ihn letztlich zu seinem Schritt bewegt haben, nimmt seine Vereine und die handelnden Personen jedoch gleichzeitig in Schutz und äußert Verständnis dafür, dass es heutzutage schwierig sei, Personen im Ehrenamt zu finden. 

Ein großes Problem sei, dass es immer mehr Anfragen an ihn gäbe, die einfach im Verein selbst beantwortet werden müssen. Dass er vom Typ her jemand ist, der es jedem Recht machen möchte, führte dazu, dass er dennoch auf jede Anfrage einging, zeitnah beantwortete und 24/7 für den Jugendfußball da war. Dass es mit den Jahren zermürbend ist, bei allen 08/15-Anfragen der Ansprechpartner für etwa 550 Jugendtrainer- und Betreuer zu sein, wo doch jeder Verein einen Jugendleiter als erste Kontaktperson haben sollte, ist verständlich. Die Frage, ob er noch die Kraft habe, sich bei jeder Kleinigkeit vor Trainern, Betreuern oder Eltern rechtfertigen zu müssen, die keinen Weitblick auf das Große und Ganze haben, beantwortete Tobias Körner letzten Endes mit "Nein" und gibt seinen Posten ab.

Das ist schade für alle Vereine, die stets vorbildlich waren. Tobias Körner betont, dass das die Mehrheit gewesen sei. Jedoch ist es leider so, dass eine Minderheit, die mit den Jahren immer größer wurde, ihm nun den Spaß an seinem Ehrenamt verdorben hat.

Kreisjugendleiter Tobias Körner hört auf. Der Spaß am Ehrenamt ist ihm durch wachsende Ärgernisse verloren gegangen. In einem Brief an die Vereine nennt er Beispiele, dank den Vereinen, die immer gut mitgearbeitet haben und verabschiedet sich nach 18 Jahren.
anpfiff.info

Tobias Körners Verabschiedungsnachricht im Wortlaut

Werte Sportfreunde,
liebe Funktionärskollegen aus dem Verband, Bezirk und Kreis,

ich möchte euch am heutigen Tage in Kenntnis setzen, dass ich zum 30. Juni 2024 mein Amt als Kreisjugendeiter im Spielkreis Erlangen/Pegnitzgrund abgeben möchte. Dies ist einige Wochen nach dem offiziellen Rundenschluss Mitte Mai, es bietet einem Nachfolger ausreichend Zeit die anstehende Spielzeit 2024/25 zu planen.

Gesundheitlich hatte ich vor ca. zehn Wochen einen akuten Thrombose-Fall, der mich zu einigen Tagen im Krankenhaus gezwungen hat. Von diesem habe ich mich erholt, herzlichen Dank für die Genesungswünsche, welche ich eurerseits erhalten habe.

Dennoch habe ich in den letzten Tagen und Wochen, vor allem aufgrund dieses oben genannten Umstands, auch über meine ehrenamtliche Tätigkeit nachgedacht. Ich bin seit 18 Jahren als ehrenamtlicher Kreisjugendleiter in unserem Spielkreis tätig. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich ein solches Ehrenamt nur zu 100 Prozent ausüben kann (und dies als eigener Anspruch vor allem auch genau so möchte!), halbe Sachen gab es bei mir nie und wird es auch nie geben!
Leider hat sich in der vergangenen Jahren jedoch gezeigt, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit immer schwieriger wird, hier ändert sich der (Jugend-)Fussball und insgesamt unsere ganze Gesellschaft in meinen Augen sehr stark. Zu Beginn und auch während dem Großteil meiner Tätigkeit war der Fussball bei nahezu allen Beteiligten das "Non Plus Ultra", dem ist heutzutage bei weitem leider nicht mehr so.
Zwischenzeitlich fehlt meiner Ansicht nach an (zu) vielen Stellen im Fussball (egal ob im Verein oder in einzelnen Mannschaften, aber auch im Verband selbst gibt es das eine oder andere Ärgernis mit anderer Ursache) die Bereitschaft, sich zu 100 Prozent in die Jugend-/Vereinsarbeit einzubringen. Dass dies in der heutigen, schnelllebigen Zeit alles andere als einfach ist, ist uns allen klar, daher soll dies in keinster Weise ein Vorwurf sein! Ich selbst weiß, wie schwer es ist, gute Mitarbeiter zu finden - vor allem und gerade im Ehrenamt! Wir sind daher dankbar für jeden, der sich irgendwo im (Jugend-)Fussball engagiert!

Ich habe in der Vergangenheit immer sämtliche Vereine unterstützt, wenn es mal irgendwo gehapert hat mit Regeln, Satzungen o. ä., wenn es spieltechnische, passrechtliche oder andere Anfragen gegeben hat, eine Antwort ist in meinen Augen immer gekommen und diese erfolgte meines Erachtens auch zeitnah. Bei kurzfristigen Spielverlegungen, weggefallenen Hallenterminen, etc. haben wir immer eine Lösung zum Wohle unserer Jugendfussballer gefunden. Viele dieser Fragen und Probleme sind jedoch mittlerweile Standardfragen, die innerhalb eines Vereins selbst beantwortet werden können, wenn nicht müssen. Ich kann für ca. 550 Jugendtrainer/-betreuer nicht der persönliche Ansprechpartner sein! Leider beginnen mittlerweile viele Mails in dem O-Ton "Sehr geehrter Herr Körner, mein Jugendleiter hat mich direkt an Sie verwiesen...." Dennoch: geholfen habe ich auch in diesen Fällen immer wieder gerne!

Allerdings muss ich, müssen wir in der Kreisjugendleitung, zuletzt feststellen, dass wir mehr und mehr einen Kampf gegen Windmühlen führen. Es erreichen uns mehr und mehr Mails, Anfragen, etc. die mich einfach zum Nachdenken bringen und gebracht haben. Sei es wie zuletzt nun angeforderte Spielaufsichten bei der G-Jugend bzw. der Bitte in dieser Altersklasse Personalausweise zu kontrollieren, (völlig) planlose Trainer/Betreuer, die nicht wissen, dass man gerne mal im eigenen Verein nachfragt, wie man an seine Spielpläne kommt. Vereine, die Spielverlegungen sechs, sieben Stunden vor Spielbeginn lediglich per Mail an den Spielleiter schicken, es selbst aber nicht schaffen nach acht Wochen und drei Erinnerungen ihren eigenen Verpflichtungen nachzukommen, etc. Leidige Diskussionen um das Thema der Bildung von Spielgemeinschaften, die Einteilungen der immer weniger werdenden Jugendmannschaften mit einhergehenden Beschwerden, warum dieses und jenes nicht passt, und dem Wunsch stattdessen gleich in Gruppe X oder Y zu wechseln... Hier sehen mehr und mehr den Jugendfussball nur noch aus ihrer eigenen Sicht, im eigenen Interesse; sie vergessen aber, dass sie eben nicht alleine sind, sondern es mehrere Interessen zu berücksichtigen sind.
Dies alles sind nur wenige Beispiele, die ich euch teilweise auch zur Kenntnis weitergeleitet habe, es ist ehrlich gesagt, aber auch nur die Spitze des Eisbergs.

Und wenn ich nun von der einen oder anderen Stelle schon hören muss, dass sich Vereine dermaßen gegen den einzuführenden Mini-Fussball "sträuben", dass sie ihre eigenen Ligen bilden werden.... Sorry, dann ist bei mir irgendwo, irgendwann das Maß einfach auch mal voll.

Ich habe immer viel mit gutem Zureden versucht, aber wenn ich am 15. März beispielsweise per Rundmail alle Vereine zum wiederholten Male auf das Verhalten bei kurzfristigen Ausfällen/Absagen hinweise, und sich nicht mal mehr eine Woche später schon wieder zehn bis zwölf Mannschaften/Vereine nicht daran halten, dann fehlt mir irgendwann auch die Energie und der Glaube, dass es irgendwann wieder ein wenig besser werden kann. Und dann lese ich, ich solle mich nicht so aufregen, ist doch nur eine E-Jugend o. ä. Ich weiß nicht, das ist einfach alles nicht mehr meine Welt...

Teilweise habe ich - ehrlich zugegeben - zuletzt auch die eine oder andere Mail mal gelöscht, weil mir eine Antwort offen gestanden zu "dumm" gewesen war... Normalerweise kennt man mich so nicht, dafür entschuldige ich mich an dieser Stelle auch! Ihr kennt mich als zuverlässigen, kompetenten Funktionär, diesem Anspruch will und möchte ich immer gerecht werden, doch ich habe hier einfach mittlerweile eigene Zweifel an mir selbst, ob ich dies künftig noch schaffen kann - und schaffen will! Daher ziehe ich lieber rechtzeitig einen Schlussstrich bevor es zu spät ist und mir mein Name, den ich über die letzten Jahre und Jahrzehnte erarbeitet habe, kaputt gemacht wird! Ich mache - wie ihr auch - ein Ehrenamt, und dieses soll und muss Spaß machen. Leider ist mir dieser jedoch zuletzt spürbar abhanden gekommen, vor allem unter Berücksichtigung der eigenen Gesundheit. Ich kann und will mich nicht mehr tagein, tagaus abrackern, mich in meinem weiterhin hoch geschätztem Fussballsport ärgern und mehr und mehr vor irgendwelchen übereifrigen Trainern, Betreuern oder gar Eltern rechtfertigen müssen, die den Blick auf das Wesentliche verloren haben oder es vielleicht auch nie hatten. Dies alles ist keine Kritik an den Jugendleitern in den Vereinen oder gar an den Vereinen selbst!

Denn was ich zu guter Letzt jedoch auch klar und deutlich sagen möchte: der Großteil der Vereine arbeitet wirklich hervorragend mit.
Dafür sage ich, auch im Namen der gesamten Kreisjuniorenleitung des Spielkreises, meinen allerherzlichsten Dank!

... und entschuldigt, dass diese Mail recht lange ist, aber ein Mann der kurzen Worte bin ich ohnehin nie gewesen. Mir ist jedoch wichtig, dass ihr vielleicht an der einen oder anderen Stelle einfach ein wenig Verständnis haben werdet oder entwickeln könnt, was meine Beweggründe waren und sind. Mir ist eine offene, ehrliche und transparente Kommunikation immer wichtig gewesen!

Mit sportlichen Grüßen

Tobias Körner

Tobias Körner und Max Habermann. Der Kreisjugendleiter und der Kreisvorsitzende scheiden aus ihren Ämtern aus. Auf den Spielkreis Erlangen-Pegnitzgrund kommt ein sehr großer Umbruch zu.
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