Deniz Yavuz im Interview: "Es ist wichtig, die Nummer eins zu bleiben!" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 10.05.2023 um 07:00 Uhr
Deniz Yavuz im Interview: "Es ist wichtig, die Nummer eins zu bleiben!"
INTERVIEW Vor drei Wochen wurde Deniz Yavuz bei Türkspor Nürnberg als neuer Trainer installiert, um als "Feuerwehrmann" im Abstiegskampf der Bezirksliga Nord noch die Wende zum Klassenerhalt zu schaffen. Nach zwei deutlichen Pleiten gab es zuletzt einen 3:1-Sieg gegen Germania. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht der 48-Jährige über die Hebel, die er weiter in Bewegung setzen will, um dem Verein noch zu helfen.
Von Marco Galuska
Deniz Yavuz hat als "Feuerwehrmann" im Saisonendspurt bei Türkspor Nürnberg übernommen.
fussballn.de / Strauch
Hallo Deniz, wie hast du deine ersten Wochen nach der überraschenden Rückkehr ins Trainergeschäft bei Türkspor Nürnberg erlebt?

Deniz Yavuz (48):
Es war für mich eine ganz neue Erfahrung, weil ich von den alten Zeiten eigentlich nur noch einen Spieler gekannt habe. Da musste man erst einmal die Namen lernen. (lacht) Und natürlich auch erst einmal die Stärken und Schwächen der Spieler kennenlernen. Aber mittlerweile hat man da schon einen Überblick und kann gezielt auf die Spiele hintrainieren.

Du wolltest ja gerne deinem Vorgänger Alpaslan Demir zur Seite stehen. Er hat aber für sich einen Schlussstrich gezogen.

Yavuz:
Meine Verpflichtung hat viel Staub aufgewirbelt. Ich hätte das sehr gerne mit Alpaslan zusammen gemacht, weil er viel mehr über die Mannschaft weiß - und wir gerade die ersten Spiele anders hinbekommen hätten. Er ist ein verdienter Spieler des Vereins und es ist schade, dass er nicht mehr dabei ist. Aber ich verstehe auch seine Meinung.

Wie waren überhaupt die Reaktionen in deinem Umfeld, als es bekannt wurde, dass du den Trainerposten übernehmen würdest?

Yavuz:
Ach, da gab es ganz viele Anrufe und Kommentare - allesamt positiv! Alte Spieler von mir haben sich auch wieder gemeldet. Viele haben sich gefreut und Glück gewünscht. Und natürlich kam immer wieder die Frage auf: "Schaffst du das?" Es war für mich auch schön, wieder alte Kollegen getroffen zu haben. Beispielsweise hat mich Alu Rahner in Schwaig begrüßt. 

Der Einstieg mit einer 0:7-Klatsche gegen Ottensoos hätte wohl kaum schlimmer sein können ...

Yavuz:
Ich wurde ja erst kurz davor geholt und bin zum Spiel gefahren, ohne dass ich überhaupt so wirklich wusste, auf welcher Position welcher Spieler spielt. Ich habe es mit einer Gegenreaktion versucht, vier Stürmer aufgestellt. Das ging komplett nach hinten los! Der Wille war schnell gebrochen, das war rein gar nichts von uns! Aber trotzdem zieht man daraus seine Erkenntnisse.

Die 0:7-Packung zum Einstand musste auch Deniz Yavuz erst einmal verkraften.
fussballn.de / Strauch

Und die wären?

Yavuz:
Es war relativ schnell ersichtlich, dass die Truppe recht unfit war, weil die Trainingsbeteiligung über einen längeren Zeitraum einfach zu schlecht war. Andererseits hat man auch gesehen, dass die Jungs schon kicken können. Das ist eine spielerische Mannschaft, die viel Ballbesitz haben will, den Ball behaupten soll und das Tempo diktieren muss.

Nach dem 0:7 folgte ein 0:4 in Schwaig. Hast du da nicht schon bereut, die Aufgabe übernommen zu haben?

Yavuz:
Das Spiel in Schwaig lässt sich mit dem gegen Ottensoos nicht vergleichen. Wir waren da viel besser im Spiel als es das Ergebnis aussagt. Beim 0:2 hat der Schiri versagt, hat weiterlaufen lassen, obwohl Spieler verletzt am Boden lagen. Da flogen dann schon ein wenig die Fetzen - und ich musste erst einmal beruhigen. Der Wille war aber da, wir hatten da nicht das nötige Glück an dem Tag, haben Pfosten und Latte getroffen. Man hat schon gemerkt, dass der Groschen gefallen ist, dass eigentlich nicht viel fehlt und es wieder ins Positive kippen kann. Und plötzlich waren auch wieder mehr im Training.

Was bei den Pleiten eigentlich ungewöhnlich erscheint ...

Yavuz:
Es hat sich herumgesprochen, dass es auch in dieser Situation bei mir keine Waldläufe gibt, sondern ich gezielt am Platz arbeiten will. Nochmal: Es geht darum, die vorhandenen Stärken ins Spiel zu bringen.

Trotz der 0:4-Pleite in Schwaig sah Deniz Yavuz entscheidende Fortschritte bei seinem Team.
fussballn.de / Karnbaum

Für dich war der Sieg gegen Germania gar nicht so überraschend. Du hattest es schon im Vorfeld kommen sehen, dass man da wieder konkurrenzfähig auftreten würde. Auch wenn du an dem Tag selbst nicht da warst.

Yavuz:
Natürlich ist Germania eine Mannschaft, die ihre Qualitäten hat und um die Spitze mitspielt. Es zeigt aber auch, was möglich wäre, wenn man das umsetzt, was man trainiert. Ich habe schon im Schwaig-Spiel gespürt, dass wir davon nicht so weit entfernt sind. Und das hat sich dann so fortgesetzt, Körpersprache und Tempo haben gepasst. Wenn man einen Gegner unter Druck setzt, sich auch traut, Bälle in die Spitze zu spielen, tun sich doch alle Mannschaften in der Liga schwer, weil man da eher selten auf einen de Ligt oder Varane trifft.

Es war ein Spiel mit vielen Karten und Hinausstellungen. Siehst du das sogar eher positiv, dass die Mannschaft "aufgewacht" ist oder sind das Disziplinlosigkeiten, die man sich im Abstiegskampf eigentlich nicht leisten kann?

Yavuz:
Emotionen und Sprüche gehören dazu. Wenn ich mich daran erinnere, was ich in meiner Landesliga-Zeit als Spieler, beispielsweise auswärts in Cham, zu hören bekommen habe... (lacht) Aber sich Zeitstrafen und Platzverweise einzuhandeln, das sollten wir uns ganz schnell wieder abgewöhnen. Das wird es bei mir auch nicht geben! Damit schaden wir uns nur selbst. Andererseits habe ich den Jungs auch eingebläut, dass sie sich wehren müssen. Man kann nicht einfach sechs Stück kassieren und das sang- und klanglos hinnehmen! Die Gegner müssen merken, dass es gegen uns nicht einfach wird - dass wir noch da sind.

Im Derby gegen Germania ging es mitunter zur Sache...
Detlef Knispel

Heute Abend kommt mit dem Baiersdorfer SV ein absoluter Aufstiegskandidat zum Nachholspiel. Wie geht ihr das Spiel an?

Yavuz:
Wir haben doch nichts mehr zu verlieren! Schon gar nicht gegen Baiersdorf. Wir werden nach vorne spielen, Druck machen und nicht auf das Gegentor warten. Wir müssen punkten und wir haben ein Abendspiel zu Hause - auf unserem Platz. Das weiß man, dass es bei solchen Spielen immer etwas anders zugeht.

Am Sonntag geht es dann zum direkten Konkurrenten nach Oesdorf. Ein Endspiel?

Yavuz:
Ein absolutes Sechs-Punkte-Spiel! Eigentlich sogar noch mehr, weil wir aus dem Hinspiel noch im Minus sind. Es geht um die Bezirksliga, es geht um alles!

Ist die Zukunft von Türkspor Nürnberg direkt mit der Bezirksliga verknüpft?

Yavuz:
Grundsätzlich müssen die Planungen zweigleisig sein. Ich persönlich finde, dass die Kreisliga eine super Qualität hat und sehr attraktiv sein kann. Man könnte es so sehen, dass ein Ende auch ein Anfang sein kann. Andererseits bin ich absolut der Meinung, dass man alles daran setzen muss, um die Bezirksliga zu halten. Das Feuer dazu ist wieder da. Der Anspruch muss es auch sein, dass man die Nummer eins unter den türkischen Vereinen bleibt. Das ist wichtig. Das hat man damals beim Türkischen FK gesehen.

Du hast in der Vergangenheit gesagt, dass du als Trainer nur in einem professionellen Umfeld arbeiten möchtest - alles andere wäre dann nur als Feuerwehrmann denkbar.

Yavuz:
Ich mache das hier, weil mir der Verein und die Leute am Herzen liegen. Ich wurde gefragt und ich will in erster Linie mithelfen, dass wir den Abstieg noch verhindern. Dafür bin ich gekommen. In Reichelsdorf sind aber schon gute Bedingungen, eigentlich ist es der richtige Weg, der eingeschlagen wurde. Man müsste aber dann weiter an den Strukturen arbeiten, das ist einfach notwendig im Fußball, da bin ich schon lange genug dabei gewesen.

Bleibst du über die Saison hinaus?

Yavuz:
 Vorab: Ich habe wirklich größten Respekt vor allen Trainern, die das seit Jahren machen! Mein Fokus liegt auf dieser Saison, mein Wunsch wäre, dass wir den Klassenerhalt auf dem direkten Wege schaffen. Kurzfristig geht es erst einmal um einen Relegationsplatz. Und auch da müsste man sich dann sehr gut darauf vorbereiten, vor allem kommen ja die Mannschaften aus der Kreisliga mit einem ganz großen Elan, wenn ich da so an meine Freunde von Vatanspor denke. Da müsste dann die Freundschaft für das Spiel ruhen. (lacht) Aber soweit will ich jetzt gar nicht denken.

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Pl.
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Sp
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Pkt
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26
61:35
50
2
26
52:30
49
4
27
57:51
46
5
27
46:42
42
7
26
47:40
40
8
27
46:43
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9
27
54:48
40
10
26
47:47
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11
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52:50
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12
27
41:68
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28
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37:61
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15
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51:80
25
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26
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19
Bei punktgleichen Teams: Sondertabelle der Punktgleichen

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A - ATSV Erlangen 2 (10.)
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