Roman Herl im Interview: „Habe mir keinerlei Vorwürfe zu machen“ - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 18.12.2009 um 14:00 Uhr
Roman Herl im Interview: „Habe mir keinerlei Vorwürfe zu machen“
Seit einer Woche ist Roman Herl nicht mehr Trainer des FC Eintracht Bamberg II. Im Interview mit anpfiff äußert sich der 50-Jährige, der den Landesligisten ein knappes Jahr betreute, erstmals zu den Umständen seiner Beurlaubung und erklärt, warum er die von der sportlichen Leitung genannten Gründe für das Aus zur Winterpause nicht ganz nachvollziehen kann.
Von Marco Heumann
Seit letzten Donnerstag sind Sie nicht mehr Trainer der Landesliga-Reserve des FC Eintracht Bamberg II. Wie haben Sie den Moment der Trennung erlebt?
Roman Herl: „Als mich Gerd Schimmer angerufen hat, um mir meine Beurlaubung mitzuteilen, bin ich aus allen Wolken gefallen. Das Ganze kam für mich aus heiterem Himmel. Ich konnte und kann es noch immer nicht so recht glauben. Wenn ich Anzeichen über Unstimmigkeiten zwischen Trainer und Spielern übersehen haben sollte, warum wurde hier nicht noch ein vielleicht klärendes Gespräch gesucht? Aber mir einfach ohne jede Rücksprache am Telefon mein Aus zu verkünden, das ist eigentlich unvorstellbar.“
 

Aus nach neuneinhalb Jahren: Roman Herl ist von den Umständen seiner Beurlaubung mehr als enttäuscht.
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Immerhin haben Sie neuneinhalb Jahre für den FC Eintracht Bamberg als Trainer gearbeitet.

Roman Herl: Eine bis auf die letzten Tage tolle Zeit, in der ich immer versucht habe, mein Bestes für den Verein zu geben und auch Erfolge einfahren konnte. Ich habe mir keinerlei Vorwürfe zu machen. Den Abschied hatte ich mir in jedem Fall ein wenig anders vorgestellt.“
 
Als Begründung für die Trennung werden Unstimmigkeiten zwischen Team und Trainer angeführt…
Roman Herl: „Hier muss einiges klargestellt werden. Dass die Spieler, aber auch Trainer und Co-Trainer unzufrieden waren, hat einfache Gründe.“
 

Welche?

Roman Herl: „Unter anderem die sportliche Situation einer Reservemannschaft. Akteure, die in der Regionalliga nicht oder nur wenig zum Einsatz kommen, sollen bei uns Spielpraxis sammeln. Verletzte Spieler sollen wieder an die Erste rangeführt werden. Das ist sicher der richtige Weg. Nur darf man nicht vergessen, dass ich für diese Spieler, die uns stets mehr Qualität gebracht haben, immer wieder Jungs aus meinem Kader auf die Bank setzen musste. Dass die sportlich nicht zufrieden sind, ist doch logisch. Aber auch das spielte nicht die entscheidende Rolle. Es gab zudem Probleme im finanziellen Bereich.
 
Man hört, dass Gelder nicht oder nur schleppend gezahlt wurden.
Roman Herl: „Genau! Die Jungs bekommen zwar nur wenig Geld, dennoch hätten sie es gerne auf dem Konto. So wurde beim Großteil der Spieler das erste Monatsgehalt aus dem Juli erst in der Woche zwischen 26. und 30. Oktober überwiesen. Auch aktuell ist der Verein sowohl bei Spielern als auch bei mir und meinem Co-Trainer mit bis zu drei Monatsgehältern im Rückstand. Von den Punkteprämien wurden bisher gerade mal vier von den 23 Punkten ausbezahlt! Der Verein hat Versprechungen und Zusagen nicht eingehalten. Das sorgt für Unmut.“ 


Wollte Stammplatz-garantie, bekam sie aber nicht: Florian Muckelbauer.
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Mit Christoph Dilzer, Christopher Kratz und Florian Muckelbauer haben drei Spieler den Verein verlassen. Weitere sollen mit ihrem Abgang gedroht haben, wenn Sie im Amt bleiben…
Roman Herl: „Christopher Kratz war lange verletzt und Christoph Dilzer kam über die Jokerrolle nicht hinaus. Beide Spieler sind erst aus der U 19 übernommen worden und hätten durchaus den Sprung in die Stammelf schaffen können. Als dann bis 30. Oktober erstmals Gehalt überwiesen wurde, waren sie leider nicht mehr hier. Ich kann ihre Unzufriedenheit nachvollziehen. Florian Muckelbauer dagegen hat von mir eine Stammplatzgarantie gefordert, die ich ihm nicht geben konnte. Deswegen hat er einen Wohnortwechsel als Möglichkeit genutzt, sich einem neuen Verein anzuschließen, bei dem er sich nach eigenen Angaben auch finanziell besser stellt. Auch dies muss man akzeptieren. Dass weitere Spieler mit ihrem Abgang gedroht haben sollen, wenn ich im Amt bleibe, ist mir nicht bekannt und kann ich mir auch nicht vorstellen. Im Übrigen haben in der letzten Winterpause unter Interimstrainer Gerd Schimmer vier Spieler den Verein verlassen, obwohl zum damaligen Zeitpunkt finanziell wohl noch alles gepasst hatte.“
 
Auch die sich anbahnende Fluktuation im Kader am Saisonende wurde Ihnen zum Vorwurf gemacht.
Roman Herl: „Dabei sind Abgänge am Saisonende ein ganz normaler Prozess. Auch vor dieser Spielzeit haben uns drei Spieler verlassen und drei sind zur ersten Mannschaft aufgerückt. Die Wechsel sind aus meiner Sicht auch absolut notwendig. Wer ein gewisses Alter hat und es nicht schafft, sich in Richtung Regionalliga durchzusetzen, sucht nach einer neuen Herausforderung. Das ist der Gang der Dinge in einer U 23. Nur durch Spieler, die den Verein verlassen, schafft man schließlich Platz für nachrückende Talente aus der eigenen Jugend.“
 
Nach Jahren im Jugendbereich durften Sie nur ein knappes Jahr im Herrenbereich arbeiten. War der Sprung zu groß?
Roman Herl: „Dass ich im Herrenbereich angeblich gescheitert sein soll, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Als ich im Januar dieses Jahres die Zweite des FC Eintracht Bamberg vom Interimscoach und sportlichen Leiter Gerd Schimmer – übrigens auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin – übernommen habe, belegte das Team mit 20 Punkten aus 20 Spielen den Relegationsrang in der Landesliga. Vor allem die letzten sieben Spiele unter Gerd Schimmer mit fünf Niederlagen bei 4:19 Toren machten keine großen Hoffnungen auf den Klassenerhalt. Spielleiter Dieter Höfer und Alex Waltrapp waren aufgrund von Differenzen mit dem sportlichen Leiter zurückgetreten. Vier Spieler verließen den Verein, zwei wurden in die Erste hochgezogen. Also gewiss keine einfache Ausgangslage. Mit drei A-Jugendspielern als „Neuzugänge“ schafften wir mit sieben Siegen bei nur vier Niederlagen noch sicher den Klassenerhalt. In der Tabelle der Rückrunde lagen wir auf einem 6. Platz.
 
In dieser Saison lief es dann aber nicht ganz so gut.
Roman Herl: „In dieser Saison ist die Landesliga eine echte Kracher-Liga und es war von vornherein klar, dass das Unternehmen Klassenerhalt sehr schwer wird. Obwohl wir sechs Spieler, drei davon in die Erste, abgeben mussten und die Neuzugänge fast ausschließlich aus der eigenen U19 stammten, spielten wir nach anfänglichen Problemen mittlerweile gut mit und liegen zur Winterpause über dem Strich, noch vor dem Relegationsplatz. Ich bin überzeugt, dass ich mit den Jungs den Klassenerhalt geschafft hätte.“
 
Wie hat Mannschaft auf Ihre Beurlaubung reagiert?
Roman Herl: „Als ich den Jungs die Entscheidung des Vereins vor dem Training am letzten Donnerstag mitgeteilt habe, wirkten sie total überrascht. Aber das scheint ja in der ersten Mannschaft nicht anders gewesen zu sein.“
 
Vielen Dank für das Gespräch.

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