Schwaben, Franken und die Pfalz: Herr "Rossi" hat sein Glück gefunden - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 28.02.2020 um 18:00 Uhr
Schwaben, Franken und die Pfalz: Herr "Rossi" hat sein Glück gefunden
MAGAZIN … ganz wie die italienische Zeichentrickfigur in rot und weiß mit der Trillerpfeife durch Raum und Zeit reist, um sein Glück zu finden, hat auch Stefan „Rossi“ Roßkopf seine Wanderjahre hinter sich. Der Leiter Pressesprecher beim 1. FC Kaiserslautern blickt mit anpfiff.info auf seine Bamberger Jahre, Kultfigur Harry Koch und Lukas Görtler, den er gerade jetzt gern wieder in der Pfalz sehen würde…
Von Bernd Riemke

Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Spätestens 90 Minuten vor dem Anpfiff kommt das Geschäft von Stefan Roßkopf allmählich ins Rollen: Interview-Anfragen koordinieren, das Einlaufen der Mannschaften aufgrund einer Live-Übertragung im Fernsehen minutiös absprechen, Kamerateams einweisen, Kabelwege festlegen – der Leiter der Abteilung Medien und Kommunikation bei einem Profifußballverein steht an einem Spieltag ständig unter Strom. Stefan Roßkopf, Pressesprecher des Drittligisten 1. FC Kaiserslautern, tut dies mit stoischer Gelassenheit und nicht enden wollender Freundlichkeit in gleichem Maße.

Aus der Kurve auf den Rasen

Als Funktionär ist der 43-jährige gebürtige Schwabe seit zwei Jahrzehnten für die einst so gefürchteten Roten Teufel tätig, im Herzen trägt der die Farben rot und weiß seit Kindesbeinen an. Der leidenschaftliche Groundhopper, der schon Länderspiele im Iran mit über 100000 Gleichgesinnten von der Tribüne aus verfolgte, stand seit seinem 14. Lebensjahr in der berüchtigten Westkurve und gründete 1998 die Generation Luzifer, die Ultras des FCK. Als Mitglied 001 pflegte er schon bald enge Kontakte zum Verein und stieg im Jahr 2000 erst zum Assistenten des Fan-Beauftragten auf, um den Posten drei Spielzeiten später schließlich hauptberuflich zu übernehmen. Der damalige FCK-Präsident Rene C. Jäggi bot ihm die Stelle an, die „Rossi“ zunächst dankend ablehnte, da er noch intensiv mit der Fertigstellung seiner Diplomarbeit „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei einem Verein der Fußball-Bundesliga am Beispiel des 1. FC Kaiserslautern“ beschäftigt war. Das „Nein“ des engagierten aufstrebenden Mitarbeiters war für den mächtigen Schweizer in der Vereinsführung jedoch keine Option. „Du musst morgen anfangen“, setzte Jäggi dem verdutzten Studenten die sprichwörtliche Pistole auf die Brust – also fing Stefan Roßkopf am nächsten Tag an und ist seit Januar 2003 Pressesprecher der Betze-Buben.

Auf "Du und Du" mit den Legenden des FCK. Stefan Roßkopf (re.) im Dialog mit dem ehemaligen Weltschiedsrichter Markus Merk.
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Zwischen Kleber 14 und Unimog

Jenes Germanistik-Studium mit dem Schwerpunkt Journalismus verbrachte Roßkopf sechseinhalb Jahre in der Weltkulturerbestadt an der Regnitz zwischen Klein-Venedig und so manch lieb gewonnenem Bierkeller, obgleich der gebürtige Schwabe und praktizierende Pfälzer als Exil-Franke seine nachvollziehbaren Sprachschwierigkeiten damit hatte „auf den Keller“ zu gehen, um sich eine der kühlen Köstlichkeiten schmecken zu lassen. Der bekennende Dialektfan stellte sich in so mancher WG vor, ehe er in der gut frequentierten Kleberstraße im Herzen der Stadt eine häusliche Bleibe fand und behielt von diversen Vorstellungsgesprächen bei der holden Weiblichkeit das geflügelte Wort „Willst a Subbn“ in nachhaltiger Erinnerung. Noch heute freut sich Roßkopf über Spieler aus dem Frankenland im Kader des FCK, bei deren Begrüßung er nur zu gern ein gelassen ausgesprochenes „fei a weng“ geschickt fallen lässt. Dass der Junge aus der Westkurve für die Bamberger Uni-Zeitschrift „Unimog“ ausgerechnet mit der Hallstadter FCK-Legende und Publikumsliebling Harry Koch sein erstes veröffentlichtes Interview führen durfte, ließ vor allem die eigene Mama aus dem Häuschen geraten. Dass der Profi, den ihr Sohn jahrelang von der Tribüne aus angefeuert hat plötzlich auf den heimischen Anrufbeantworter spricht und um einen Rückruf bittet, „war schon etwas ganz Besonderes“, lässt Roßkopf die Erinnerung an seine journalistischen Anfänge aufleben.
Grillen, Gisela und Germanistik

Klose statt Kafka

Inzwischen kehrt der 24/7-Pressesprecher, der als Herr über 350 Fan-Clubs mit über 20000 Mitgliedern anfing, nur selten nach Bamberg zurück, behält gemütliche Grillabende im Hain, lange Nächte im Live-Club mit anschließendem Absacker bei „Kultfigur Gisela“ in der Schwarzen Katz oder kulinarische Leckerbissen in der Sandstraße jedoch nur allzu gerne in bleibender Erinnerung. „Mit den schönen Brücken und dem allgegenwärtigen Wasser ist Bamberg eine der schönsten Städte, in denen ich bislang leben durfte“, schwärmt Roßkopf über seine Jahre in der Domstadt. Die neigten sich 2003 dem Ende entgegen. Die schriftliche Germanistik-Prüfung fand jedoch ausgerechnet am Tag des DFB-Pokalfinals statt. Sechs Stunde waren von der Prüfungskommission angesetzt, um sich über Franz Kafka literarisch auszulassen. Stefan Roßkopf schaffte es in drei, sprang eilends in seinen mit vollständig vorbereiteter Choreographie beladenen VW Golf und kam rechtzeitig im Berliner Olympiastadion an, um seinen FCK zu unterstützen. „Wir haben zwar 1:3 gegen die Bayern verloren, aber um Nichts in der Welt hätte ich dieses Finale verpassen wollen“, verdeutlicht Rossi die Verbundenheit zu seinem Verein.

Stefan Roßkopf und seine "bessere Hälfte" am Spielfeldrand. Ann-Kathrin Hauck ist Mitarbeiterin im Team der Presseabteilung.
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Die Cornflakes-Affäre

Eine Verbundenheit, die der Pressesprecher auch im siebten Jahr seiner Tätigkeit noch mit Inbrunst lebt und vorlebt. Sämtliche Medienanfragen laufen über seinen Schreibtisch. „Ich baue weniger ein Schutzschild um die Spieler auf, sondern verstehe mich als Ermöglicher“, umschreibt Roßkopf seine Philosophie, die den kritischen, mündigen Spieler im Vordergrund sieht. Zwar ist der 43-jährige leidenschaftliche Zocker die letzte Instanz hinsichtlich der Freigabe von Interviews und dabei zum einen stets darauf bedacht, den Verein in ein positives Licht zu rücken, zum anderen aber auch die Spieler zu schulen, welche Wirkung manch unbedacht getätigte Aussage in der Öffentlichkeit beim mitfiebernden Fan in Social-Media-Zeiten haben kann, doch die Cornflakes-Affäre um Profi Jan Löhmannsröben, der im September 2018 vor laufender TV-Kamera im Anschluss an die Drittliga-Partie beim FSV Zwickau den Schiedsrichter heftig verbal anging, konnte auch der umsichtige Stefan Roßkopf nicht verhindern. „Fünf Minuten vor Abpfiff des Spiel bekam ich die Anfrage ihn zum Interview zu schicken. Wir führten 1:0 und ich gab meine Zusage. Als wir mit der letzten Aktion der Begegnung den zweifelhaften Ausgleich kassiert haben, hab ich ihm in die Augen geschaut und entschieden, dass er das Interview besser nicht führen sollte.“, erinnert sich Roßkopf, der einige Zeit nach Spielschluss als sich die Gemüter beruhigt zu haben schienen, doch noch sein OK gab. Ein OK infolge dessen Löhmannsröben eine mediale Lawine auslöste, die dem FCK zwar bundesweite Aufmerksamkeit, aber auch eine Geldstrafe durch den DFB einbrachte. „Das ist eine Publicity, die kein Verein haben möchte“, kennt der 190cm große Spezi-Fan auch die Schattenseiten des Geschäfts.

Mister 120%

Die Seiten des Stefan Roßkopf kennt kaum jemand so gut wie seine enge Vertraute und Mitarbeiterin Ann-Kathrin Hauck, die augenzwinkernd verrät, dass „Wasserflaschen auf seinem Tisch reines Alibi darstellen“, weil Spezi eben spitze ist. Dass das Cola-Mix-Getränk inzwischen längst das gleichnamige Bamberger Bier auf der Beliebtheitsskala des gebürtigen Schwaben abgelöst hat, ist womöglich auch der belebenden Wirkung der koffeinhaltigen Flüssigkeit geschuldet. Schließlich ist „der Chef sieben Tage in der Woche 24 Stunden lang in Bereitschaft. Er brennt für den FCK und gibt nicht hundert, sondern 120% und verhält sich stets äußerst loyal gegenüber dem Verein und seinen Mitarbeitern, vor die er sich schützend stellt“, adelt Hauck ihren Vorgesetzten, der gerade das gar nicht zwingend sein möchte, sondern sich als Team-Player versteht.

"Görtler war ein Typ, der herausgestochen ist"

Im Team des FCK erinnert sich Stefan Roßkopf nicht nur an Harry Koch gerne zurück. „Mit wenigen Mitteln die Großen ärgern. Das war schon immer der FCK und das hat Harry Koch verkörpert wie kaum ein anderer“, schwärmt Rossi vom fränkischen Vorstopper der 98er-Meistermannschaft. Doch auch in jüngerer Vergangenheit hat ein Bamberger Fußballprofi nachhaltig Spuren in der Pfalz hinterlassen. „Fußballer sind im Grund genommen alle normale Menschen, aber Lukas hat noch einmal herausgestochen“, erzählt Roßkopf über Lukas Görtler, der von 2015 bis 2017 insgesamt 41 Zweitligapartien für Kaiserslautern absolvierte. „Er war bodenständig und hatte den Blick über den Tellerrand hinaus“, gerät Roßkopf direkt ins Schwärmen über den Kemmerner, der aktuell in Diensten des Schweizer Erstligisten FC St. Gallen steht. „Auf dem Platz hat er Einsatz, Kampf und Leidenschaft zu 100% verkörpert. Er hat gut nach Kaiserslautern gepasst. Solche Typen sind Typen, die hängenbleiben“, wünscht der Pressesprecher des FCK dem einstigen Roten Teufel aus dem Frankenland aus der Ferne alles Gute und ihn sich insgeheim wohl zurück in das rot-weiße Trikot der Fritz-Walter-Jungs.

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Leser-Kommentare


Steckbrief S. Roßkopf

Stefan Roßkopf
Spitzname
Rossi
Geburtsort
Göppingen
Wohnort
Kaiserslautern
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
190 cm
Gewicht
70 kg
Beruf
Pressesprecher
Hobbies
FCK, Playstation, Mountainbike


Entweder...oder

Karlsberg Urpils oder a U
Trotz der langjährigen Partnerschaft, die wir mit dem saarländischen Bier hatten, entscheide ich mich eindeutig für das Bamberger Bier, das mir sehr positiv in Erinnerung geblieben ist. Zu keiner Zeit meines Lebens habe ich so viel Bier getrunken wie in Bamberg (lacht).
Profifußball oder Bolzplatz
Beruflich natürlich der Profifußball, privat würde ich eher den Bolzplatz vorziehen. Inzwischen achte ich im Stadion auch mehr auf die Arbeitsathmosphäre. Schickimicki und VIP waren als Fan nie mein Ding. Ich stand lieber in der Kurve.
Japanischer Garten oder Bierkeller
Ich war tatsächlich einmal hier in Kaiserslautern im Japanischen Garten, aber viel öfter auf Bierkellern in Bamberg. Unvergesslich bleiben für mich Bockbieranstiche auf dem Greifenklau Keller, weil es für mich anfangs unbegreiflich war, wie tausende Menschen im Winter bei Schneefall sich im Freien derart drängen konnten, um Bier zu trinken.
2020 oder 1998
Das ist schwierig zu vergleichen. 1998 wurden wir als Aufsteiger Deutscher Meister, ich habe die Ultra-Gruppe selbst gegründet ? heute spielen wir in der 3. Liga. An die Erfolge denke ich daher gerne zurück, aber im Geschäft hat sich Vieles zum Positiven verändert. Primitive homophobe, sexistische oder rassistische Äußerungen waren früher in der Kurve üblich. Das gibt es heute in dem Ausmaß zum Glück nicht mehr.
Funktionär oder Fan
Fan trotz Funktionär. Wenn du kein FCK-Fan bist, kannst du hier nicht arbeiten. Die meisten, die heute hier im Verein tätig sind, hatten früher eine Dauerkarte in der Westkurve.

Groundhopper on tour

Die drei schönsten Stadien sind...

Das Fritz Walter Stadion ist außer Konkurrenz. Es ist das schönste Stadion der Welt. Seit 100 Jahren spielt der FCK auf dem Betzenberg. Hier haben sich unzählige Triumphe und Tragödien abgespielt. Selbst, wenn wir früher 0:2 zurücklagen, waren wir entspannt, weil das Stadion mit seiner ganzen Wucht Spiele drehen konnte.

1. San Siro in Mailand. Ich habe dort das Derby zwischen Inter und AC gesehen. Es ist ein besonderes Bauwerk und wird zu Recht als Kathedrale des Fußballs bezeichnet.

2. White Hart Lane in Tottenham. Alle englischen Stadien haben ihren Reiz, aber im alten Stadion von Tottenham habe ich auswärts mit dem FCK die beste Stimmung ever erlebt.

3. Bernabeu in Madrid – allein wegen seiner Größe und der Geschichte, die in diesem Stadion und dem Verein steckt.

In Franken habe ich damals alles abgegrast: Die Stadien in Bayreuth, Hof, Schweinfurt oder Würzburg und hätte mir damals nie gedacht, dass wir mit dem FCK einmal selbst bei den Kickers spielen würden. Mein absolutes Lieblingsstadion war in Weismain mit diesen überragenden Sandsteintribünen.

Der Weltmeister im VW Golf

Als ich frisch gebackener Assistent des Fan-Beauftragten wurde, sollte ich Horst Eckel, einen der 1954er-Weltmeister des FCK zu einer Autogrammstunde fahren. Mit ihm zusammen zu sitzen war für mich etwas ganz Besonderes. Als mein Vater davon erfuhr ließ er extra seinen BMW durch die Waschstraße fahren, damit ich Horst Eckel nicht mit meinem dreckigen VW Golf durch die Pfalz fahren musste.

Bakero und die Champions League

Am 6. November 1991 führt der FCK auf dem heimischen Betzenberg in der Nachspielzeit mit 3:0 gegen den ruhmreichen FC Barcelona und stand nach dem 0:2 im Hinspiel in Camp Nou als erster deutscher Verein unmittelbar vor dem Einzug in die Gruppenphase der Champions-League – bis Jose Maria Bakero zum 1:3 traf, die Katalanen weiterkamen und ein halbes Jahr später die Königsklasse gewannen. „2017 kam Bakero in Begleitung eines spanischen TV-Teams auf den Betzenberg. Ich habe ihm gesagt: „You destroyed my life when I was a child“. Er hat sich entschuldigt. Wir konnten über zwanzig Jahre danach natürlich darüber schmunzeln – und ich konnte endlich meinen Frieden mit diesem Spiel machen.

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