SV Bosporus Coburg kämpft mit Vorurteilen: anpfiff gegen Rassismus! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 24.08.2009 um 00:00 Uhr
SV Bosporus Coburg kämpft mit Vorurteilen: anpfiff gegen Rassismus!
Der SV Bosporus Coburg ist schon fast 40 Jahre im Spielkreis Coburg-Lichtenfels zu finden. Doch ein Problem besteht schon immer. Rassismus! Genau deshalb organisierte der Verein im Juli ein Turnier mit dem Motto: "Zeig Rassismus die rote Karte!". anpfiff hat sich bei Vorstand Levent Demirezen befragt inwieweit sich der Rassismus auf die Liga auswirkt.
Von Stefan Deuerling
Fußball vereint, Fußball macht Freude, Fußball beherrscht die Welt. Doch genau so schön wie der Sport auch sein mag, genauso traurig ist es wenn man von Rassismus reden muss. anpfiff hat sich mit dem Vorstand des türkischen Vereins SV Bosporus Coburg unterhalten. Levent Demirezen hat im Gespräch über seine Sorgen in Bezug auf Rassismus im Fußball geredet, aber auch viele positive Punkte die ihm Mut machen ans Tageslicht gebracht.

Levent Demirezen, der Vorstand des SV Bosporus Coburg wünscht sich für die Zukunft mehr Respekt für sein Team.
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Herr Demirezen, Ihr Team, in welchem Sie auch im Trainergespann mit Güney Yilmaz fungieren, probiert es heuer in der A-Klasse 3. Was ist das vorgegebene Ziel?

Levent Demirezen: Platz acht bis zehn wäre schon ein Erfolg für den Verein. Uns ist natürlich auch klar, dass die A-Klasse 3 einer der Stärksten, wenn nicht die stärkste A-Klasse ist. Wir hätten gerne in der Reserveklasse (A5) gespielt, aber es sollte nicht sein.
 
Mit dem vom SV Bosporus Coburg organisierten Turnier mit dem Motto „Zeig Rassismus die rote Karte“ haben Sie ein Zeichen gesetzt. Wie kam es zu der Idee?
Levent Demirezen: Die neue Generation beim SV Bosporus Coburg ist der Meinung, dass wir immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Wir haben das Jahr 2009 und nicht wie einige Schiedsrichter, Spieler und Zuschauer glauben mögen das Jahr 1980! Hierzu ein paar Beispiele mit denen wir öfters konfrontiert werden. Es gab Schiedsrichter die kamen vor einem Spiel zu unseren Spielern und gaben Aussagen wie: „Damit es klar ist, wir sind hier in Deutschland“ oder „Verstehen Sie mich, soll ich langsamer reden“. Es gab Zuschauer bei Auswärtsspielen: „In der Coburger Gruppe wollten sie euch sowieso nicht mehr haben“ oder „Spielt in eurer eigenen Liga“. Bei der Spielkreistagung wurde der Verein Arabesque vorgestellt und man hörte einige Funktionäre nuscheln: „Noch ein Ausländerverein“. Die Provokationen von den Spielern unserer Gegner will ich hier gar nicht aufzählen. Wir wollen das nicht mehr. Das war unser erstes Turnier und wir möchten nächstes Jahr zu unserem 40jährigen Jubiläum versuchen noch etwas Größeres zu organisieren. Es muss hier viel mehr passieren. Wir haben uns in der Vergangenheit natürlich auch nicht von den positivsten Seiten präsentiert, aber wenn man die vergangenen Spielzeiten analysiert, sind wir auf dem richtigen Weg. Davon werden wir uns trotz Provokationen nicht abhalten lassen.
 
Wie war die Resonanz des Turniers?
Levent Demirezen: Leider hat das Wetter nicht mitgespielt.  Man hat aber gesehen, dass Fußball ohne Rassismus, Vorurteile und Gewalt viel viel mehr Spaß macht.


Die Allstar Teams des SV Bosporus Coburg machen eine klare Ansage beim eigens in Zusammenarbeit mit dem BFV organisierten Turnier im Juli 2009.
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Gab es in den letzten Jahren schlechte Erfahrungen im Bezug auf Rassismus gegen ihr überwiegend von türkischer Abstammung geprägte Team. Falls ja, wie äußerte sich dies?
Levent Demirezen: Auf jeden Fall! Schon in den ersten Spielen. Man sieht uns nicht wie eine gegnerische Mannschaft, sondern oft wie Feinde. Das Gefühl haben wir, je weiter wir aus Coburg rauskommen. Ich gebe hier ein Beispiel: Wenn in einem Spiel mit überwiegend deutscher Beteiligung ein Spieler gefoult wird gibt es ganz normal Freistoß. Foult ein Spieler von uns zum Beispiel etwas härter geht das Geschreie los: „Immer das Gleiche mit euch“ In der letzten Serie gab es Kreisklasse einen Vorfall wo der Schiedsrichter angegriffen worden ist. Hier konnte der Verein auch nichts dafür, aber wenn das bei uns passieren würde, behauptet man alle Türken sind aggressiv und mitverantwortlich. Das ist nicht die Realität! Wir distanzieren uns genauso von solchen angeblichen Sportlern und Fans.
 
Haben Sie auch Erinnerungen an positive Ereignisse, die Ihnen in guter Erinnerung bleiben?
Levent Demirezen: Klar, ich meine den SV Bosporus Coburg gibt’s ja schon seit fast 40 Jahren. Hier sind auch natürlich viele Freundschaften entstanden. Wir haben sehr viele gute Erinnerungen. Die könnte ich hier gar nicht aufzählen. Wir wollen hiermit nicht zum Ausdruck bringen, dass alle Vereine rassistische Ausdrücke bringen. Im Gegenteil, es sind eher weniger Mannschaften oder deren Fans. Trotzdem sollten wir das nicht zulassen.
 
Was wünscht sich der SV Bosporus Coburg, auch für die Zukunft, gerade im Hinblick auf Probleme mit Rassismus auf und nach dem Sportplatz?

Levent Demirezen: Behandelt uns nicht als Ausländer, sondern als Sportler. Wir wollen gleich behandelt werden und zwar von Spielern, Funktionären, Zuschauern und Schiedsrichtern.
 
anpfiff bedankt sich für das ehrliche Interview. Auch anpfiff zeigt „Rassismus die rote Karte“.

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