Richard Bauer: Seit vierzig Jahren an der Pfeife - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 29.11.2017 um 12:30 Uhr
Richard Bauer: Seit vierzig Jahren an der Pfeife
MAGAZIN Einer der - wegen seiner ruhigen, souveränen und geselligen Art - beliebtesten Schiedsrichter im Spielkreis, ist der Bamberger Richard Bauer, der für den ASV Viktoria Bamberg pfeift. Und zwar schon seit über 40 Jahren. Wir unterhielten uns mit dem ehemaligen Torhüter über seine Leidenschaft, die Schiedsrichterei, die er bis zu sieben Mal in der Woche ausübt.
Von Markus Schütz
Er selbst ist sich der Tatsache gar nicht bewusst, aber in Gesprächen mit Fußballern und Trainern wird klar, dass Richard Bauer als einer der beliebtesten und zuverlässigsten Schiedsrichter im Spielkreis gilt. Bereits mit 14 Jahren entschloss er sich, seine Schiedsrichter-Prüfung abzulegen. "Als ich in der 8. Klasse war, hat mich der damalige Viktoria-Vorstand gefragt, ob ich nicht auch meinen Schein machen möchte. Schließlich hat auch mein mittlerweile verstorbener Vater 43 Jahre lang gepfiffen. Dem habe ich versprochen, dass ich das auch hinbekomme... drei Jahre fehlen mir dazu noch!", erklärt der gelernte Metzger, der diesen Beruf aufgrund einer Asthma-Erkrankung seit 1980 nicht mehr ausüben kann und im Klinikum Bamberg arbeitet. Auch bei seinem Hobby, der Schiedsrichterei, schränkt die Krankheit natürlich ein bzw. hat verhindert, dass Richard Bauer höher pfeifen konnte, als Kreisliga. Vom Talent und vom Auftreten her, wäre er dazu sicher in der Lage gewesen. 

Richard Bauer bei einem Einsatz im November 17 beim Damenspiel Würgau - Teuchatz. 
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Von Anfang an viel Spaß an der Schiedsrichterei

Richard Bauer pfeift pro Saison weit über 100 Spiele.
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An seine ersten Spiele als junger Referee kann sich der 1,90 m große Bamberger noch gut erinnern: "Unser Schiedsrichter-Schein hat ja noch acht Wochen gedauert. Wir kannten dann zwar die Regeln und haben auch den einen oder anderen Tip mitbekommen... aber eine Betreuung, wie es sie heute gibt, dass ein erfahrener Schiri die ersten fünf bis zehn Spiele mitgeht, das gab es damals nicht.", blickt Richard Bauer auf seine Anfänge als Schiedsrichter zurück. "Da hieß es, geh raus und komm' alleine zurecht...!" Kein Wunder, dass er die ersten zehn, 15 Spiele seine Schwierigkeiten hatte. "Keine Ahnung vom Tuten und Blasen" hatte er damals im Hinblick darauf, was auf dem Feld im Umgang mit den Spielern wichtig ist. "Aber die Brocken deswegen wieder hinzuwerfen, daran habe ich nie gedacht. Im Gegenteil: Mir macht das Pfeifen heute noch riesig Spaß!", so Richard Bauer, der mittlerweile pro Jahr deutlich über 100 Spiele leitet. Wegen dem Geld macht er es nicht (Zitat Bauer: "Meine Spesen lasse ich bei Jugend-Spielen schon mal dort und gebe den Jungs ein paar Maßen aus - wenn sie schon Bier trinken dürfen"), auch nicht wegen dem freien Eintritt bei Bundesliga-Spielen (Zitat Bauer: "Das letzte Mal in einem Stadion war ich zu D-Mark-Zeiten"). Ein Hobby wie die Schiedsrichterei mit einem hohen zeitlichen Aufwand zu betreiben, "das geht natürlich nur mit der passenden Frau. Und die habe ich gefunden. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie so viel Verständnis für dieses Hobby aufbringt!", so Bauer über seine Frau Petra, die gerade in den Sommermonaten ab und zu gerne bei den Spielen mit dabei ist. Seine erste Freundin hatte da deutlich weniger Verständnis: "Irgendwann hat sie zu mir gesagt: 'Entweder die Schiedsrichterei oder ich...'." Bauer hat dann geantwortet: "Okay, dann gehen wir jetzt im Guten auseinander.", erzählt er mit einem Grinsen im Gesicht und fügt an: "Ohne Fußball geht es einfach nicht." 

Archivbild aus dem Jahr 2009: Schiri Richard Bauer führt die Kontrahenten aufs Feld. 
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Bis zu sieben Mal/Woche auf dem Platz


In manchen Wochen bringt er es auf sieben Spielleitungen... und dazu noch eine gruppeninterne Beobachtung oder Betreuung. Denn Richard Bauer gibt seinen Erfahrungsschatz seit längerem an junge Schiedsrichter weiter. Auch Christopher Schwarzmann oder der mittlerweile stellvertretende Obmann Simon Winkler wurden von ihm betreut. "Wenn junge Kollegen ab und zu dann mal auf den Schiri-Sitzungen kommen und sich bedanken für die Zeit und Mühen, die man investiert hat, dann ist das eine richtig schöne Sache!", freut er sich. "Kürzlich habe ich eine 20-jährige Schiedsrichterin begleitet. Und man merkt natürlich gleich nach den ersten Spielen, ob jemand das Schiedsrichter-Gen, das Talent hat und das notwendige Auftreten hat... und die hat es.", freut er sich über den dringend notwendigen Nachwuchs. Dass es Probleme bei dessen Gewinnung und einen Mangel an Schiedsrichtern gibt, das weiß natürlich auch Richard Bauer. "Wie man das beheben könnte, da bin ich auch ein wenig ratlos. Aber einer der Punkte ist sicher, dass sich die Spieler, Trainer und Zuschauer mit Zurufen unter der Gürtellinie zurückhalten. Ich stecke einiges weg - aber gerade die jungen Schiedsrichter hören zu einem größten Teil bereits im ersten Jahr aufgrund schlechter Erfahrungen wieder auf...!", appelliert Richard Bauer an die Vernunft der Protagonisten auf und neben dem Feld. 

Schiedsrichter Richard Bauer (in rot) hat seinen Schiri-Schein seit seinem 14. Lebensjahr, pfeift mittlerweile also über 40 Jahre.
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Pfeife und Trikot immer im Auto

"Für Notfälle", grinst Richard Bauer, "habe ich meine Pfeife, meine Karten und ein Schiri-Trikot immer im Auto liegen...", wissen auch die Bamberger Einteiler, dass sie sich immer auf ihn verlassen können. Und auch die Fußballer wissen, woran sie sind, wenn Richard Bauer eingeteilt ist: "Ich will gemeinsam mit den Spielern das Spiel gut über die Bühne bekommen. Wenn sie da mitmachen und sich an die Regeln halten, ist alles okay, wenn nicht, räume ich auf. Ich haue auch meinen eigenen Bruder runter, wenn es sein muss...", hat er eine klare Vorstellung davon, wer der Chef im Ring sein muss. "In den allermeisten Fällen gibt es da überhaupt keine Probleme. Ich versuche immer, sehr kommunikativ zu sein. Und natürlich können die Akteure auch mal was sagen, aber wenn es zu laut oder zu heftig wird oder unter die Gürtellinie geht, dann ist Schluss! Mit mir kann man immer reden, aber keiner schreit mich an.", stellt er fest. Fünf rote Karten musste er einmal in einer Partie vergeben. "Und vor 20 Jahren hat es einmal ein Spiel gegeben, da ging es richtig heiß her. Das müsste Mürsbach gegen Tütschengereuth gewesen sein. Die Zuschauer wollten mir an den Kragen und die Ordner standen schon bereit, um mich vom Feld zu geleiten. Dann habe ich gesagt: 'Ich brauche keinen, das mach ich selber'.", bahnte sich der großgewachsene und wuchtige Bamberger selbst den Weg in Richtung Kabine. "Natürlich macht man als Schiedsricher auch seine Fehler, ein fehlerfreies Spiel abzuliefern ist fast unmöglich, aber mein Anspruch ist es schon, dem möglichst nahe zu kommen. Und wenn mal ein Fehler passiert, dann muss man auch als Schiedsrichter dazu stehen. Man kann nicht alles sehen, aber man muss pfeifen was man sieht und dazu stehen.", ist seine Maxime, die bei den Vereinen gut ankommt. "Eines meiner schönsten Spiele war einmal ein Derby in Unterfranken. Unterhohenried gegen Sylbach, es ging um die Meisterschaft. 580 Zuschauer, super Platz - und ich habe, denke ich, eine klasse Leistung abgeliefert. Das macht dann schon richtig Spaß!", erinnert er sich. 

"Mir mir kann man reden, aber keiner schreit mich an!", gelten für Schiedsrichter Richard Bauer klare Regeln auf dem Feld. 
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Lange parallel gespielt und gepfiffen

Richard Bauer war als aktiver Fußballer Torwart. Lange für den ASV Viktoria, aber auch für Jahn Bamberg in der damaligen A-Klasse, der jetzigen Kreisliga. "Schlecht war ich nicht, denke ich.", blickt er auf die eigene Karriere zurück. Die endete bereits mit 27 Jahren, aufgrund einer schweren Verletzung, zugezogen bei einem Zusammenprall mit einem Stürmer in einem Spiel gegen beim FV Giech. Acht Wochen lang lag er im Krankenhaus, die Wade war aufgeschlitzt und der komplette Wadenmuskel abgerissen. Auch die vorderen zwei Glieder seines rechten kleinen Fingers fielen übrigens dem Fußball zum Opfer. "Mir ging der Ball auf die Fingerkuppe und plötzlich stand der Finger seitlich weg. Ich dachte, er wäre nur ausgekugelt und habe ihn wieder zurückgebogen... Das hätte ich nicht tun sollen!", blickt Richard Bauer zurück. Schlussendlich war der Finger nicht mehr zu retten. "Aber es geht auch ohne.", macht er nicht viel Aufhebens. Seit 14 Jahren ist er bereits Torwart-Trainer beim ASV Viktoria, seinem Heimatverein, den er auch selbst schon trainiert hat und bei dem er auch für kurze Zeit Vorstand war. "Aber Vereinsarbeit und pfeifen - das ging zeitlich nicht." 

Noch zehn Jahre dabei bleiben

Zehn Jahre möchte Richard Bauer schon noch pfeifen: "Wir werden alle nicht jünger. Aber so lange ich noch halbwegs mitkomme, will ich weitermachen. Ich denke, die mittlerweile nachlassende Laufarbeit kann ich mit Auge und Erfahrung ganz gut wettmachen.", will er seine Pfeife noch längst nicht an den Nagel hängen. "Aufhören kann ich nicht, da würde mir etwas fehlen!" Dabei pfeift er alles gerne, egal, welche Altersklasse, welche Liga oder welches Geschlecht. "Jedes Spiel hat seinen Reiz und ich nehme jeden Einsatz und jede Mannschaft sehr ernst: Alle Fußballer haben einen Schiri verdient, der versucht, sein Bestes zu geben!"
 
"Bis nach Dreikönig habe ich mich jetzt erst einmal abgemeldet. Ein wenig Pause und Abstand braucht man schon auch mal...", gibt er zu. Wenn Kaspar, Melchior und Balthasar, die Weisen aus dem Morgenland, allerdings weg sind, dann ist Richard Bauer wieder zurück in der Halle und auf dem Feld. Und in aller Regel freuen sich die Mannschaften, wenn sie vor dem Spiel im BFV die Ansetzung nachschauen und seinen Namen lesen! Denn sie wissen, es kommt einer, der kein Selbstdarsteller sein will, der viel Ruhe ausstrahlt, ein gut ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden hat - und mit dem man danach auch einmal bei einem oder zwei Seidla über das Spiel reden kann!

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Steckbrief R. Bauer

Richard Bauer
Spitzname
Richi
Alter
61
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
Bamberg
Familie
verheiratet
Nation
Deutschland
Größe
190 cm
Gewicht
120 kg
Beruf
gelernter Metzger/seit 1984 Klinikum Bamberg
Hobbies
Fußball, Schiedsrichter
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Torwart
Erfolge
- Aufstieg als Schiedsrichter in die damalige A-Klasse (jetzige Kreisliga)
Schiedsrichter seit: 1977
Höchste Liga: ehem. A-Klasse/A-Jug. BOL
Jetzige Liga: Kreisklasse

Stationen Spieler: 
- ASV Viktoria Bamberg (Schüler/Jugend, Herren)
- VfL Jahn Bamberg 

Stationen Trainer:
- ASV Viktoria Bamberg
- Sportfreunde Bamberg
- seit 14 Jahren TW-Trainer ASV Viktoria 


Saisonbilanz R. Bauer

Saison
Sp
Ø
(Sp)
Note
96/97
1
0
0
0
1
1
1,0
-
(0)
07/08
10
47
0
3
3
53
5,3
-
(0)
08/09
20
75
0
9
1
85
4,3
-
(0)
09/10
21
74
0
7
4
85
4,0
-
(0)
10/11
33
81
2
7
7
97
2,9
2,0
(11)
11/12
34
99
0
11
3
113
3,3
2,0
(25)
12/13
35
107
0
4
2
113
3,2
2,2
(11)
13/14
30
109
0
8
3
120
4,0
2,0
(9)
14/15
34
97
0
8
0
105
3,1
1,8
(11)
15/16
33
121
0
12
1
134
4,1
2,5
(12)
16/17
34
123
0
10
3
136
4,0
1,6
(12)
17/18
51
210
8
7
8
233
4,6
1,8
(9)
18/19
34
142
3
11
4
160
4,7
1,9
(6)
19/20
6
16
0
0
1
17
2,8
-
(0)
19/21
34
158
0
16
3
177
5,2
2,0
(5)
20/21
5
20
0
0
0
20
4,0
-
(0)
21/22
37
142
0
12
3
157
4,2
1,8
(8)
22/23
12
32
0
2
0
34
2,8
1,5
(2)
23/24
9
25
3
0
0
28
3,1
1,0
(1)
Ges.
473
1678
16
127
47
1868
3,9
2,0
(122)
- Nicht aufgeführt hier die zahlreichen Spielleitungen aus der Schüler oder bei AH-Spielen etc.

Spieltagsbilanz R. Bauer

Partie
Liga
Note
(Sp)
Kreisklasse
10
(0)
Kreisklasse
5
(2)
Kreisklasse
4
(0)
Kreisklasse
4
(0)
Kreisklasse
4
(0)
Kreisklasse
8
(0)
Kreisklasse
4
(0)
Kreisklasse
7
(4)
Kreisklasse
7
(0)
Kreisklasse
2
(0)
A-Klasse
3
(0)
A-Klasse
6
(0)
A-Klasse
5
(2)
A-Klasse
6
(0)
B-Klasse
2
(0)
Kreisliga, U19
11
(0)
Kreisliga, U19
4
(0)
Kreisliga, U17
3
(0)
Kreisliga, U15
3
(0)
Bezirksliga (w)
1
(0)
Bezirksliga (w)
5
(3)
Kreisklasse (w)
1
(0)
Kreisklasse (w)
5
(0)
Kreisklasse (w)
1
(2)
 
Gesamt
111
1,6
(13)

Hintergründe & Fakten

Personendaten

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