Die First Ladies: "Reitschvoller" Topfußball - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 15.11.2008 um 19:08 Uhr
Die First Ladies: "Reitschvoller" Topfußball
Zehn Spiele - zehn Siege. Die Bilanz der Frauen des SV Reitsch in der Bezirksoberliga nach dem unglücklichen Abstieg im Vorjahr ist mehr als eindrucksvoll. Trainer Günter Rebhan formte eine Truppe, der in der laufenden Serie bislang noch niemand das Wasser reichen konnte. Eine Rückkehr in die Landesliga scheint mehr als wahrscheinlich und dort gehört der SVR nach eigenem Ermessen auch hin...
Von Bernd Riemke
Es war ein unglücklicher, vermeidbarer Abstieg, den die Frauen des SV Reitsch im Sommer 2008 haben hinnehmen müssen. Karola Herrmann, die sprichwörtlich "gute Seele" der Mannschaft, die sieben Tage in der Woche für die jungen Damen zu Verfügung steht und sich ganz dem Fußball verschrieben hat, erinnert sich an eine Saison mit vielen Verletzten und denkbar knapp verlorenen Spielen, die bei etwas mehr Glück das Pendel auch hätten in die andere Richtung ausschlagen lassen können. Nachtrauern wollte und will man den verpassten Möglichkeiten in Reitsch jedoch nicht. Zu Beginn der neuen Spielzeit blieb der Kader zwar weitgehend unverändert, doch die Trainerbank wurde neu besetzt.

Volldampf Richtung Wiederaufstieg

Günter Rebhan kann den Geschehnissen auf dem grünen Rasen meist gelassen folgen. Seine Frauen stürmen von Sieg zu Sieg.
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Günter Rebhan - zuvor auch Übungsleiter der 1. Herrenmannschaft am Ort und seit mehr als 30 Jahren im Trainergeschäft tätig - übernahm die Verantwortung, die Damen zum sofortigen Wiederaufstieg zu führen. "Das haben wir uns selber so definiert, auch wenn man eine Garantie dafür natürlich nicht geben kann", hebt der erfahrene Coach zwar warnend den Zeigefinger, dass das Unternehmen "Meisterschaft" kein Selbstläufer werden wird, doch seine Damen auf dem grünen Rasen schienen am ausgegebenen Ziel bislang nicht die geringsten Zweifel aufkommen lassen zu wollen. In der Vorbereitung wurde der Grundstein für die bislang äußerst imponierende Vorrunde gelegt. Nach Auftaktsiegen über Röslau (6:0) und Selb (3:0) wurde auch den letzten Skeptikern rasch klar, dass der neue Trainer eine vielversprechende Truppe um sich versammelt hatte. Eine, die vor allem die defensive Null beherrscht. Die fünf Gegentore verteilen sich auf drei Partien. Siebenmal blieb Torfrau Marie Christin Stöcker demnach ohne Gegentreffer.

Der weibliche Phillip Lahm

Geschuldet wird dies unter anderem Eva Förtsch, die auf dem Liberoposten das Zepter in der Hand hält und das Team von hinten heraus führt. "Damit ist sie nicht ganz zufrieden und ich bin hin und wieder ein wenig der Kritik ausgesetzt", weiß auch Rebhan, dass sein Juwel seine Stärken nicht nur in der Verteidigung hat, doch der Erfolg gibt ihm Recht. Sechs Zähler Vorsrpung nach dem ersten Rückrundenspieltag sprechen eine deutliche Sprache. Zumal Eva Förtsch mit ihrer Übersicht keinen klassischen Ausputzer gibt. Ihre Vorstöße durchs Mittelfeld sind nahezu unwiderstehlich, womit die einstige Oberfrankenauswahl-Spielerin auch in der Offensive dank ihres ausgezeichneten Zweikampfverhaltens und dem beidfüßig starken Abschluss ebenso Akzente zu setzen vermag. Damit ist sie jedoch nicht alleine. Christina "Ronalda" Müller ist vor dem Tor ein echter Knippser und dann stößt vom Flügel auch noch Heidi Kotschenreuther vehement in den Strafraum. "Sie ist der aufhellende Punkt in der Mannschaft", weiß Rebhan, dass die Flügelflitzerin nicht nur in der Manier eines Phillip Lahm für Gefahr vor dem gegnerischen Gehäuse sorgen kann, sondern auch außerhalb des Feldes für die ausgezeichnete Stimmung in der Truppe sorgt. Eine Truppe, die sich wieder dauerhaft in der Landesliga etablieren möchte. Dafür soll nicht zuletzt der eigene Nachwuchs sorgen. Mit Katrin Weiß hat schon in dieser Saison ein 17-jähriger shooting-Star auf Anhieb Fuß gefasst in der 1. Mannschaft und sie soll nicht die einzige bleiben. Einen Schritt weiter ist da schon Tanja Böhnlein. Sie hat vor allem in dieser Saison einen gewaltigen Sprung nach vorne in ihrer Entwicklung gemacht und ist drauf und dran in die Rolle einer verantwortungsvollen Führungsspielerin hinein zu wachsen.

Neuland für den Trainer

"Sie spielt in einer Art wie Phillip Lahm", ist der Trainer voll des Lobes über seine Flügelflitzerin Heidi Kotschenreuther.
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Trainer Günter Rebhan muss demnach nicht bange werden, auch wenn er seit dem Sommer 2008 vor einer ganz neuen Herausforderung steht. Jahrelang im Herrenbereich tätig, ließ er sich schließlich von seiner Tochter überreden, die Frauen in die Erfolgsspur zurückzubringen. "Das war Neuland für mich und auch ich musste lernen, wie man die Mädchen richtig anpackt. Ich hatte den Eindruck, dass einigen das Metier Fußball noch nicht ganz geläufig war", macht Rebhan keinen Hehl daraus, dass gewisse Bedenken durchaus vorhanden waren. Diese sind inzwischen jedoch wie weggeblasen. Eine hohe Trainingsbeteiligung, individuelle Leistungs- und Lernbereitschaft bei jeder einzelnen Spielerin und die erkennbaren - auch technischen - Fortschritte überzeugten den erfahrenen Coach schnell, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. "Es schaut gut aus", ist Rebhan zuversichtlich, das gesteckte hohe Ziel erreichen zu können, zumal der SV Reitsch bislang nur zweimal auf eigenem Gelände angetreten ist und in der Rückrunde beinahe nur Heimspiele wird austragen dürfen.

Brunch statt Bier

Grund dafür ist die Tatsache, dass der Sportplatz hergerichtet wird. "Manche Spielzüge können wir daher inzwischen fast blind", schmunzelt Rebhan ob des Indizes, dass seine Frauen gerade im Herbst ohne Flutlicht trainieren müssen. Es ist eben manches anders bei den Frauen in Reitsch. "Da wird nach dem Spiel eben kein Fass Bier aufgemacht, sondern gebruncht!" Günter Rebhan ist angekommen, in der etwas anderen Welt des Frauenfußballs, die an Erfolgen mindestens genauso reich ist, wie die des männlichen Pedants. Aus Reitsch wagte jedenfalls eine gewisse Jessica Wich den Sprung in Deutschlands Eliteliga - und dort ist sie für den amtierenden Meister Turbine Potsdam aktiv.

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