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Artikel veröffentlicht am 14.07.2008 um 00:01 Uhr
Problemzone Reserven:
„Verband als Totengräber der kleinen Vereine“
Reserven im aufstiegsberechtigten Spielbetrieb – das ist auch im Spielkreis Coburg-Lichtenfels ein absolutes Reizthema. Das wurde vor allem bei der Tagung der Kreisklasse 3 und der A-Klasse 3 beim TSV Gleußen klar. Viele Vereine können nicht verstehen, dass der Verband so großen Wert darauf legt, dass möglichst viele Reserven in den regulären Spielbetrieb der A-Klasse eingegliedert werden.
Von
Marco Heumann
Da waren’s nur noch sechs! Als Kreisspielleiter Helmut Dinkel im Sportheim des TSV Gleußen die Frage stellte, wer von den Vereinen in der Kreisklasse 3 noch am Reservespielbetrieb teilnehmen würde, bekam er nur sehr vereinzelt ein „Ja“ zu hören. Nur sechs Vereine machen bei der Runde der „Zweiten“ mit. Die anderen haben kein Reserveteam mehr oder spielen mit ihrer zweiten Mannschaft in der A-Klasse um Punkte und den Aufstieg.
Eine enttäuschende Bilanz. Vor allem weil noch im Winter zehn Vereine bereit gewesen wären, an einer Reserverunde teilzunehmen. Im Frühjahr wurden es immer weniger. „Ich ziehe eine Runde mit den Zweiten durch. Auch wenn ihr nur zu Sechst seid“, sagte Helmut Dinkel den Vereinen zu. Dennoch konnte sich der eine oder anderer Verantwortliche der Clubs ein Kopfschütteln nicht verbeißen.
Spieler wollten öfters ran
Telefon stand nicht mehr still: Hans-Ulrich Rödel.
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„Wir hatten uns erst dafür entschieden, nicht aufstiegsberechtigt zu spielen“, erklärt Hans-Ulrich Rödel vom SV Schottenstein. Doch dann lief in den Zeitungen die Meldung, dass es nur fünf oder sechs Vereine für eine Reserverunde geben würde. „Ab da hat bei mir das Telefon nicht mehr aufgehört zu klingeln“, erzählt der kommissarische Vorsitzende des Kreisklassisten.
Am anderen Ende der Leitung waren die Spieler der Zweiten. „Die wollten nicht nur vier- oder fünfmal in einer Halbserie spielen.“ Sondern öfter. Sollte das in Schottenstein nicht möglich sein, würden sie den Verein wechseln. „Was blieb uns denn da anderes übrig, als für die A-Klasse zu melden.“
Notbremse gezogen: Matthias Rödel.
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Dem TSV Untersiemau ging es ähnlich. Auch da hatte Trainer Matthias Rödel eigentlich geplant, an einer Reserverunde mit zehn oder elf Teams teilzunehmen. „So sah es zumindest im Winter aus. Das wäre optimal gewesen.“ Als sich aber abzeichnete, dass es weniger Mannschaften werden würden, zogen die Untersiemauer kurz vor Torschluss noch die Notbremse und meldeten ihre Zweite für die A-Klasse.
„Ich habe acht neue Leute bekommen, die wollen spielen.“ Und zwar öfter als alle drei oder vier Wochen. Prinzipiell hält der Coach des TSV aber wenig davon, die Reserven im aufstiegsberechtigten Spielbetrieb antreten zu lassen. „Das macht den Vereinen doch nur Probleme.“
Dabei denkt der ehemalige Bayernliga-Spieler des VfL Frohnlach vor allem an nötigen Doppelbesetzungen bei Betreuern oder die zusätzlichen Kosten, wenn die Erste und die Zweite nicht gemeinsam zu Hause spielen.
Bedenken, die in München nicht gesehen werden. Der Bayerische Fußballverband (BFV) hat immer wieder klargemacht, dass die Zeit der Reserverunden abgelaufen ist. Spätestens 2010 sollen alle Zweiten in den normalen Spielbetrieb integriert werden. Notfalls mit der Einführung von B-Klassen, wie es sie im Bereich Haßberge, Rhön und Schweinfurt bereits gibt. Dort gingen die Vereine auf die Barrikaden.
Sorgenvolle Mienen
Verband als Totengräber: Helmut Will.
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Und auch im Spielkreis Coburg gibt es einige, die die Entwicklung mit mehr als sorgenvoller Mine sehen. „Der Verband sieht nur seine Interessen und nicht die der kleinen Vereine. Wenn es so weitergeht macht sich der Verband zum Totengräber der kleinen Vereine“, wettert Helmut Will. Der Vorsitzende der Spfr. Unterpreppach ist ein vehementer Gegner der Reserve-Eingliederung. „Das macht die Vereine kaputt“, macht er seine Sicht der Dinge klar.
Der Funktionär denkt dabei vor allem an den doppelten Wirtschaftsdienst oder das Mehr an ehrenamtlichen Helfern, die benötigt werden. Aber auch an die Spieler selbst. „Mir tun die Jungs aus der Zweiten leid. Denen schaut doch auswärts keiner aus dem Verein mehr zu.“
Schließlich würden die Zuschauer lieber mit der Ersten als mit der Reserve auf Reisen gehen. Was nicht folgenlos bleibt. „Durch die Eingliederung in den Spielbetrieb dividiert man die Mannschaften in den Vereinen auseinander.“ Wo es früher eingeschworene Haufen von 35 oder 40 Spielern gab, findet man heute oft zwei Lager. „Das geht so weit, dass jeder seine eigene Abschlussfeier macht.“ Für Helmut Will nicht der Sinn von Vereinsleben.
Hält nichts vom Reserven-Aufstieg: Stefan Tranziska.
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Stefan Tranziska sieht es ähnlich. „Ich halte überhaupt nichts davon, die Reserven um den Aufstieg spielen zu lassen“, erklärt der Abteilungsleiter des VfB Autenhausen. Oft seien die „Zweiten“ einfach zu schwach, um gegen andere erste Mannschaften zu bestehen. In vielen Vereinen wollen die Oldies noch ein wenig in der Zweiten zum Zeitvertreib, aber nicht um den Aufstieg spielen.
„Außerdem wollen die Jungs nach ihrem Spiel bei der Ersten zuschauen.“ Man stelle sich nur einmal vor, der VfB trifft im Derby auf die SpVgg Dietersdorf und die Zweite muss gleichzeitig nach Bischwind. Wer würde da schon spielen wollen. „Da bekämen wir ein Problem.“
Aber auch der SV Bischwind! Selbst wenn der VfB Autenhausen eine „Zweite“ zusammenbekäme, mit Zuschauern könnte der Kassier des Gastgebers auf keinen Fall rechnen. Dann schon lieber eine eigene Reserverunde.
TSV Cortendorf wechselt, um mehr zu spielen
Wechsel für mehr Spiele: Albrecht Tauer.
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Dass die durchaus auch mit mehr als sechs Mannschaften laufen kann, zeigt sich in der A-Klasse 3. Hier haben zehn von 15 Mannschaften eine „Zweite“ gemeldet. Regelmäßige Spiele sind garantiert. Für den TSV Cortendorf der Hauptgrund von der A 1 in die Itzgrund-Klasse zu wechseln. „Wir wollen die Reserverunde“, macht Trainer und Abteilungsleiter Albrecht Tauer klar.
Von aufstiegsberechtigten „Zweiten“ hält er gar nichts. „Da hast du doch nur Geisterspiele, weil keine Zuschauer kommen.“ Schlecht für die Motivation der Spieler („Die verlieren schnell die Lust) aber auch für die Kassen der Vereine. Denen fehlen die Einnahmen, während die Kosten steigen. „Das schadet dem Fußball. Der Verband zieht seine Pläne durch, ohne auf die Bedürfnisse der Vereine einzugehen.“
Die wollen aber nicht weiter klein beigeben. Bereits jetzt wurde vereinbart, dass man sich vor der nächsten Runde beim SV Hafenpreppach trifft, um eine eigene Reserverunde festzulegen. „Und dann wollen wir einmal sehen, was der Verband machen will, wenn wir uns einig sind“, bringt ein Vereinsvertreter die Stimmung auf den Punkt.
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