Studie der Uni Würzburg: „Profi werden war nie so einfach wie heute“ - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 23.10.2013 um 17:00 Uhr
Studie der Uni Würzburg: „Profi werden war nie so einfach wie heute“
MAGAZIN Das sagt Professor Dr. Heinz Reinders von der Universität Würzburg und weist auf die Ergebnisse einer neuen Studie hin. Bei den Bundesligisten ist die Ausrichtung klar. Wer als Jugendlicher in Nürnberg oder München spielt, hat die Karriere vor Augen. Auch bei kleineren Verein sind die Ziele eindeutig. Ihr Fokus richtet sich auf den Breitensport und das eigene Überleben. Zwischen beiden sind Übergänge fließend.
Von Redaktion anpfiff.info
Fakt ist: Ohne die mehr als 25.000 Vereine wäre eine sinnvolle Beschäftigung und Förderung der kleinen und großen Talente nicht möglich. Dabei gilt für alle deutschen sowie bayerischen Vereine, dass sie ihren Standort zwischen Leistungsförderung einerseits und Breitensport andererseits finden müssen. Für die Jugendabteilungen der Bundesligisten ist die Ausrichtung meist eindeutig: Deren Augenmerk gilt ganz klar dem Leistungssport mit Förderzentren und entsprechenden Konzepten. Wer als Jugendlicher in Nürnberg oder München spielt, tut dies nicht aus Zeitvertreib, sondern mit dem Sprung in den Profibereich als Ziel.

Auch bei vielen kleineren Vereinen in Dörfern und Stadtteilen mit weitaus weniger Ressourcen und strukturellen Möglichkeiten dürfte die Ausrichtung des Angebots meist eindeutig sein. Im Mittelpunkt steht hier der Breitensport sowie in Zeiten demografischen Wandels und schwindender Mitglieder- und Nachwuchszahlen das eigenen Überleben. Dazwischen sind die Übergänge zwischen dem Leistungs- und Breitensport fließend. Die vorliegende Studie ist eine bayernweit repräsentative Umfrage unter Fußballvereinen oder Vereinen mit Fußballabteilung, die auch eine eigenständige Jugendabteilung aufweisen. Sie wird seit 2011 in Kooperation mit dem BFV durchgeführt und ist in Deutschland die erste und einzige Untersuchung, die Aussagen über die Entwicklung des Jugendfußballs erlaubt.

Unterschiedliche Probleme

Die Studie zeigt vier Vereinstypen auf und ordnet ihnen Ziele – Leistung, Gesundheit, Integration und Mädchen – zu. In Oberbayern und Unterfranken gehört ein Fünftel der Vereine zum Typ „Sozialer Verein“ und ist vor allem in mittelgroßen und großen Städten zu finden. Mit 43,6 Prozent weist dieser Typ zugleich den höchsten Anteil an Jugendspielern auf. Auch der Mädchenanteil ist mit 22,1 Prozent realtiv hoch. Der „Verein in Entwicklung“ charakterisiert sich durch keine klaren Ziele. Die Studie vermutet, dass die ländliche und kleinstädtische Verankerung mit Schwerpunkten in Unterfranken und Oberbayern hierfür verantwortlich sein könnte.

Die Unzufriedenheit mit dem jetzigen Zustand ist in diesen Vereinen besonders hoch. Deshalb sei es notwendig, diese Vereine bei der Entwicklung eines klaren Profils zu unterstützen. „Leistungsvereine“ finden sich vor allem im mittel- und großstädtischen Raum und relativ häufiger als anderswo in der Oberpfalz und Schwaben. Sie sind im Seniorenbereich mit den höchsten Mitgliederzahlen stark besetzt, allerdings ist ihre aktuelle Jugendquote mit im Durchschnitt 29,9 Prozent die geringste unter den Vereinen. Entsprechend liegt die große Herausforderung dieser Vereine in der heute knappen Versorgung mit Spielern von morgen.

Das besondere Merkmal der „Juniorinnen-Vereine“ ist offensichtlich. Fast jeder dritte Nachwuchsspieler ist hier eine Spielerin (29,5 Prozent). Zu den Hochburgen dieses Typs in Bayern zählen Mittelfranken und Oberfranken. Breit gestreut über Dörfer, Kleinstädte und Großstädte haben diese Vereine ihr eigenes Profil im Mädchenfußball entdeckt. Allerdings werden mit den Angeboten nahezu ausnahmslos Mädchen deutscher Herkunftssprache erreicht. Um diese Vereine durch einen Leistungsaspekt zu ergänzen, wäre es ratsam, neben den großen Vereinen im bayerischen Frauen-Fußball von Bundesliga bis Bayernliga wenigstens einen weiteren Juniorinnen-Verein pro Bezirk bei der Entwicklung eines Mädchen- und Frauen-Leistungszentrums strategisch, strukturell und finanziell zu unterstützen.

Allgemeines zur Studie

An der Studie 2013 nahmen insgesamt 1.128 bayerische Vereine teil. Im Vergleich zur 2011 durchgeführten Studie steigerte sich die Bereitschaft zur Befragung um 27 Prozent. Vor zwei Jahren hatten 888 bayerische Vereine teilgenommen. Gemessen an der Gesamtzahl aller Vereine des BFV nutzten somit 33,4 Prozent der möglichen Vereine das Angebot zur Teilnahme. Am höchsten war die Beteiligung an der Studie in Unterfranken (20,4 Prozent) und Oberbayern (19,6 Prozent), am niedrigsten in Oberfranken und der Oberpfalz (beide 11,4 Prozent).

Zur kompletten Studie als Download.

Zum Bericht des BR als Video.

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Inhalte der Studie

Die zentralen Inhalte der Studie sind neben den strukturellen Merkmalen – Mitglieder, Migrations- und Mädchenanteil, Region, etc. – vor allem eine große Bandbreite an Fragen zur Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen, den im Verein verfolgten Zielen, dem wahrgenomenen Ist-Zustand des Vereins, den Gründen für die geringe Beteiligung von Mädchen im Fußball sowie zu den Ursachen für die Vereinsabstinenz von Migrantenmädchen.


Vier Vereinstypen

Sozialer Verein (18,1%)
Im sozialen Verein mit hohem Migrationsanteil (62,9%) wird ein besonders großer Wert auf das interkulturelle Miteinander, die Förderung der Gesundheit und den Mädchenfußball gelegt.

Verein in Entwicklung (44,9%)
Es sind meist kleinere Vereine mit einem gesunden Jugendanteil. Der Handlungsbedarf wäre gering, wenn die Unzufriedenheit in diesen Vereinen mit dem Ist-Zustand nicht besonders hoch wäre.

Leistungsverein (24,1%)
Diese Vereine geben der Talentförderung und dem sportlichen Erfolg einen klaren Vorrang gegenüber den anderen Zielen. Eine Herausforderung liegt in der knappen Versorgung mit Junioren.

Juniorinnen-Verein (12,9%)
Besonderes Merkmal dieser Vereine ist der höchste Anteil an Juniorinnen. Was allerdings diesen für die Vereinsstruktur wichtigen Vereinen noch fehlt, ist die Ergänzung um einen Leistungsaspekt.

Altersstruktur Jugend

Bis zur U13-Junioren haben etwa 75 Prozent der bayerischen Vereine mindestens eine Mannschaft gemeldet. Ab den U15-Junioren nimmt der Anteil bereits auf unter 70 Prozent ab und erreicht bei den U17-Junioren seinen Tiefstwert.

U7-Junioren

48,1% (Junioren)
    0% (Juniorinnen)

U9-Junioren
74,6% (Junioren)
  1,4% (Juniorinnen)

U11-Junioren
75,2% (Junioren)
  4,7% (Juniorinnen)

U13-Junioren
73,1% (Junioren)
  9,2% (Juniorinnen)

U15-Junioren
69,4% (Junioren)
11,9% (Juniorinnen)

U17-Junioren
58,1% (Junioren)
14,8% (Juniorinnen)

U19-Junioren
61,4% (Junioren)
  3,8% (Juniorinnen)

Der Autor

Prof. Dr. Heinz Reinders ist Inhaber des Lehrstuhls Empirische Bildungsforschung an der Universität Würzburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozialisation in Kindheit und Jugend, Migrations- sowie Evaluationsforschung mit quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden.

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