Welche gesetzlichen Regelungen gelten, und wie schützen die Behörden insbesondere Jugendliche und gefährdete Gruppen vor der allgegenwärtigen Glücksspielwerbung?
Fußball als Plattform für Glücksspielwerbung
Der Profifußball bietet Glücksspielunternehmen eine enorme Reichweite. Millionen Menschen verfolgen Spiele der Bundesliga und der 2. Liga live im Stadion oder im Fernsehen. Diese Plattform ist besonders attraktiv für Anbieter von Sportwetten, Online-Casinos und virtuellen Automaten Spielen. Ob auf Trikots, Bands oder in der digitalen Kommunikation der Vereine – Werbung für Glücksspiele ist aus der Fußballwelt kaum noch wegzudenken.
Viele Vereine haben Sponsoringverträge mit Wettanbietern abgeschlossen. Bekannte Beispiele sind Partnerschaften zwischen großen Clubs wie dem FC Schalke 04 oder Eintracht Frankfurt mit bekannten Buchmachern. Selbst kleinere Vereine in der 3. Liga oder Regionalliga setzen vermehrt auf Kooperationen mit Online-Casinos oder Sportwettenanbietern, um ihre Einnahmen zu steigern.
Werbung mit Bonusangeboten – eine indirekte Strategie
Eine häufig genutzte Methode, um trotz gesetzlicher Einschränkungen Interesse zu wecken, ist die Bewerbung von Bonusaktionen wie Freispiele ohne Einzahlung. Zwar dürfen solche Angebote nicht explizit in Werbeanzeigen im Stadion genannt werden, doch viele Anbieter setzen auf sogenannte Conversion Funnels, bei denen die erste Marke Berührung im Stadion oder über die Vereinswebsite erfolgt – und später auf eine entsprechende Bonus Seite weitergeleitet wird.
Ein Beispiel für ein solches Angebot ist diese Aktion mit 20 Freispiele ohne Einzahlung, die neue Nutzer durch den Bonus Anreiz zum Ausprobieren bewegen soll. Diese Art der Bewerbung spielt eine zentrale Rolle bei der Kundengewinnung von Online-Casinos und wird oft als "sanfter Einstieg" genutzt, um Hemmschwellen abzubauen.
Gesetzliche Grundlage: Der neue Glücksspielstaatsvertrag
Seit dem 1. Juli 2021 gilt in Deutschland der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021), der einheitliche Regeln für Online-Glücksspiele und deren Werbung festlegt. Er erlaubt erstmals bundesweit Online-Casinos und virtuelle Automatenspiele, sofern sie eine Lizenz besitzen. Gleichzeitig enthält er strenge Vorschriften zur Werbung, insbesondere zum Schutz von Jugendlichen und gefährdeten Spielern.
Zu den wichtigsten Regelungen gehören:
- Werbeverbote zwischen 21 Uhr und 6 Uhr für virtuelle Automatenspiele, Online-Casinospiele und Online-Poker.
- Keine Werbung mit prominenten Vorbildern, insbesondere nicht mit aktiven Sportlern.
- Keine gezielte Ansprache von Minderjährigen.
- Klarer Hinweis auf das Suchtpotenzial von Glücksspielen.
Die Grauzone im Stadion
Stadien gelten rechtlich gesehen nicht als Rundfunk oder Telemedien – zwei Kategorien, für die der Glücksspielstaatsvertrag besonders strenge Werbevorgaben macht. Dadurch entsteht eine Art Grauzone, in der Glücksspielanbieter weiterhin präsent sein können, solange keine direkten Verstöße vorliegen, etwa gegen den Jugendschutz.
In der Praxis bedeutet das: Werbung auf Banden, in Stadionheften oder durch Sponsorentafeln ist weiterhin erlaubt, auch tagsüber. Das betrifft vor allem Sportwettenanbieter, da diese als weniger problematisch gelten als virtuelle Automatenspiele. Doch der Unterschied ist für den durchschnittlichen Zuschauer kaum erkennbar. Online-Casinos nutzen diese Präsenz, um ihr Markenbild zu stärken und indirekt auch auf Angebote wie Freispiele oder Willkommensbonus hinzuweisen – oft über Cross-Promotion auf Websites oder Social Media.
Regionale Unterschiede und lokale Ligen
In den unteren Ligen – von der Regionalliga bis hin zur Oberliga – ist die Situation noch weniger reguliert. Zwar gilt auch hier der Glücksspielstaatsvertrag, jedoch fehlt es oft an konsequenter Kontrolle. Viele kleinere Vereine sind finanziell stark abhängig von Sponsoren und greifen daher gerne auf Partnerschaften mit Glücksspiel Anbietern zurück, ohne sich der möglichen rechtlichen Konsequenzen voll bewusst zu sein.
Hinzu kommt: Die Aufsichtsbehörden der einzelnen Bundesländer setzen die Regelungen unterschiedlich streng um. Während etwa Bayern sehr restriktiv agiert und genaue Vorgaben zur Sichtbarkeit von Glücksspielwerbung macht, zeigen sich andere Bundesländer wie Berlin oder Bremen deutlich liberaler. Dies führt zu einem Flickenteppich an Regelungen, der eine einheitliche Linie auf nationaler Ebene erschwert.
Verantwortung der Vereine
Die Fußballvereine stehen zunehmend in der Kritik, ihre Plattformen für Glücksspielwerbung zu öffnen – besonders in Hinblick auf den Jugendschutz. Kinder und Jugendliche bilden einen großen Teil der Stadionbesucher und der Fans in den sozialen Medien der Clubs. Die Sichtbarkeit von Glücksspielmarken bei jungen Zielgruppen widerspricht jedoch dem eigentlichen Ziel des Glücksspielstaatsvertrags: der Kanalisierung und dem Schutz vor problematischem Spielverhalten.
Einige Vereine – besonders in der Bundesliga – haben bereits auf diese Kritik reagiert. Der VfL Wolfsburg etwa kündigte 2022 an, auf Werbung für virtuelle Automatenspiele vollständig verzichten. Andere Clubs folgen diesem Beispiel nur zögerlich – zu lukrativ sind die Sponsoringverträge.
Die Rolle der DFL und UEFA
Auch auf übergeordneter Ebene spielt die Regulierung eine Rolle. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) gibt zwar keine verbindlichen Vorgaben zur Glücksspielwerbung vor, appelliert jedoch an die Vereine, verantwortungsvoll mit dem Thema umzugehen. Die UEFA hingegen verbietet Werbung für bestimmte Glücksspiele Produkte bei internationalen Spielen, was dazu führt, dass Werbeflächen bei Champions-League-Spielen oft anders belegt sind als im Bundesliga-Alltag.
Diese Diskrepanz zeigt: Der Handlungsbedarf ist groß. Ohne einheitliche und streng durchgesetzte Richtlinien bleibt Glücksspielwerbung im Stadion eine Grauzone mit hohem Konfliktpotenzial.
Ausblick: Mehr Regulierung oder mehr Verantwortung?
Die Zukunft der Glücksspielwerbung im Fußball wird stark davon abhängen, wie Politik, Behörden und Vereine gemeinsam Lösungen finden. Ein kompletter Werbestopp – wie er in Italien bereits Realität ist – wird in Deutschland aktuell nicht angestrebt, könnte aber mittelfristig diskutiert werden, sollte sich das Problem verschärfen.
Ein realistischer Weg wäre eine stärkere Selbstverpflichtung der Vereine in Kombination mit klaren Rahmenbedingungen durch die Landesmedienanstalten. Gleichzeitig muss mehr Aufklärung betrieben werden – sowohl über die Risiken von Glücksspiel als auch über die Mechanismen, mit denen Anbieter neue Spieler gewinnen, etwa über Lockangebote wie Freispiele oder Boni ohne Einzahlung.
In der Zwischenzeit bleibt es an den Konsumenten, kritisch zu hinterfragen, welcher Werbung ihnen im Stadion begegnet – und ob sie wirklich nur zum Fußball gekommen sind, oder sich plötzlich im Bann eines digitalen Glücksspiels wiederfinden.
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