Artikel vom 01.03.2024 12:00 Uhr
Am Sonntag starten die Kickers-Frauen in die
Mission Klassenerhalt. Vier Punkte liegen sie in der Regionalliga Süd aktuell
hinter den Nicht-Abstiegsplätzen. Die Hinrunde diente, laut Finanzvorstand
Heinz Reinders, vor allem als Lernphase. In den verbleibenden zehn sollen nun
also die nötigen Punkte folgen. Am besten schon zum Auftakt in Frankfurt bei
der dritten Mannschaft des Bundesligisten.
Mit einem 0:2 gegen den FFC Hof verabschiedeten
sich die Kickerinnen vom Heuchelhof Ende November in die Winterpause. Auf einem
Abstiegsplatz. Stand jetzt müssten sie mit den beiden Mitaufsteigerinnen aus Dortelweil
und Neuenstein die Liga wieder verlassen. Vor allem vor dem Tor – nur fünf
Treffer stehen auf der Habenseite – tun sich die Schützlinge von Coach Marius
Wiederer schwer. Das zeigte sich auch in den Testspielen. In fünf Duellen
gelangen lediglich sechs Treffer trotz teils bester Möglichkeiten.
Doch bange machen, gilt nicht. Schließlich
legen die Verantwortlichen besonders Wert auf die Entwicklung der Mannschaft,
vor allem im spielerischen und taktischen Bereich. Und die passt. „Wir haben
ein super junges Team, das aber total lernwillig ist. Wir brauchen einfach noch
ein bisschen Zeit“, sagte Marius Wiederer kürzlich voller Zuversicht.
Die hat auch Finanzvorstand Heinz Reinders, mit dem wir uns über die bisherige
Saison und die Entwicklungen rund um die Kickers-Frauen unterhalten haben.
Wie bewerten Sie die Vorrunde?
Heinz Reinders
anpfiff.info
Heinz Reinders: Wir sind mitten im
Generationswechsel, die ersten eigenen Talente kommen in die Frauenteams und
brauchen entsprechend Zeit, sich einzufinden. Der Sprung von den Juniorinnen zu
den Frauen ist besonders groß, viele aussichtsreiche Talente sind hieran auch in
großen Vereinen schon gescheitert. Insofern war die Vorrunde für uns ein toller
Erfolg, weil die Spielerinnen der Jahrgänge 2005 und 2006 viel Spielpraxis
gesammelt haben. Wir sind Aufsteigerinnen und gleichzeitig ein junges Team. In
unserem Fall ist unsere Nachwuchsarbeit, ergänzt um tolle erfahrene
Spielerinnen, die beruflich oder wegen des Studiums zu uns kommen, unsere Wette
auf die Zukunft. Und wir haben bereits zum Saisonstart gesagt: In der Hinrunde
lernen wir, in der Rückrunde punkten wir.
Warum ist die Torausbeute und die Punktezahl
so gering ausgefallen?
Heinz Reinders: Ich habe nicht jedes Spiel
gesehen, aber soweit ich weiß, waren die Gegnerinnen auch da. Und die wollen
natürlich auch Fußball spielen und gewinnen. Was deren Unterschied zu uns ist,
übrigens in der Landesliga und der Regionalliga, ist der Zeitraum, in dem diese
Teams bereits zusammenspielen. Die Kernkader der anderen Vereine sind seit
Jahren ein eingespieltes Team, diese Erfahrung haben unsere Spielerinnen noch
nicht. An dieser Stelle sei aber schon mal der Blick auf den Nachwuchs gelenkt.
Wenn die U14 gegen ein Jungsteam 9:0 gewinnt oder eine der besten Torschützen
in einer reinen Jungen-Liga stellt, dann stimmt da sehr wohl die Torausbeute.
Wo haben Sie die Hebel angesetzt, um den
Klassenerhalt noch zu schaffen?
Heinz Reinders: Alle Teams haben im Winter gut
gearbeitet, waren konzentriert und fokussiert. Wir setzen bewusst auf ein
junges Trainerteam, das selbst noch die Erfahrung hochklassigen Fußballs in den
Knochen hat. Sie sind näher dran an dem, was die Teams brauchen. Aber wir
werden den Klassenerhalt nicht um den Preis eines Rumpelfußballs anstreben. Im
Vordergrund steht die sehr gute Ausbildung, wir bringen den Spielerinnen
Fußball und nicht lange Bälle ins Nirgendwo bei. Aktuell trainieren drei
Trainer mit eigener Bayernliga-Erfahrung unsere Frauen- und Nachwuchsteams. Wir
investieren in die Zukunft, alles andere wird sich daraus harmonisch ergeben.
Marius Wiederer coacht seit vergangenem Herbst die erste Mannschaft der Kickers-Frauen und kickt zugleich beim ASV Rimpar in der Landesliga.
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Wie bewerten Sie die Vorbereitung?
Heinz Reinders: Nochmal, wir sind im Umbruch,
der Fokus liegt darauf, die jungen Spielerinnen an das Niveau der Frauen
heranzuführen. Was mir persönlich besonders imponiert ist, wie die erfahrenen
Spielerinnen in beiden Frauenteams darauf achten, die jungen Talente mitzunehmen
und zu integrieren. Ohne dass wir hierzu etwas besonders beitragen mussten,
übernehmen die erfahrenen Spielerinnen Verantwortung für die 2005er und 2006er.
Das ist wichtig und beeindruckend.
Was hat sich in der Winterpause getan?
Heinz Reinders: Wir haben trainiert. Wenig
Schnee hat geholfen. Und wir haben Testspiele ausgesucht, die uns erlauben, die
Vorbereitung und die Rückrunde als Ausbildungsphase zu gestalten. In der U23
und der U17 ist es daher besonders markant. Wir spielen den variationsreicheren
Fußball, sind taktisch flexibler und disziplinierter. Aber wir spielen in der
U23 gegen langjährige Erfahrung und in der U17 gegen Kick-and-Rush an und wir
haben daher in der Winterpause ganz klar das Augenmerk auf die qualitativ hochwertige
Ausbildung als langfristiges Ziel gelegt. Ich wiederhole mich: es geht uns
kurzfristig nicht um die Liga, wir haben schon seinerzeit zur MainPost gesagt:
es geht uns um die passende Liga für die Entwicklung der Spielerinnen. Wir
setzen unser Bilbao-Modell um, regionale Talente optimal zu fördern.
Wie ist die Stimmung im Team?
Heinz Reinders: Es macht wirklich Spaß, auf
den Platz zu gehen und bei allen Teams eine unfassbar positive Stimmung zu
erleben. Alle sind motiviert und sehr fokussiert. Und wenn in allen
Trainingseinheiten wirklich alle Spielerinnen richtig Gas geben, dann spricht
das für die gute Stimmung in allen Teams von klein bis groß.
Heinz Reinders stand zu Saisonbeginn kurzzeitig sogar selbst an der Linie, nachdem Gregor Opfermann sein Amt kurz vor Rundenstart niedergelegt hatte.
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Mit welchem Gefühl gehen Sie in die restliche
Runde?
Heinz Reinders: Zunächst vor allem mit dem
Gefühl, dass die Perspektive aus dem Profisport, nur auf die Erste zu schauen,
für uns als Kickers-Familie von den U7-Juniorinnen bis zu den Frauen überhaupt
gar nicht passt. An jedem Wochenende werden in der Rückrunde neun Teams mit
über 150 Spielerinnen auf dem Platz sein. Wo bitte findet man das noch im
weiblichen Fußball in Bayern? Jedes Team und jede Spielerin ist Teil des sehr
guten Gefühls, was wir als #fwkfrauen allen hier an Mädchen- und Frauenfußball
bieten können. Wir können bei über 20 Trainer:innen sowie Betreuer:innen und
überaus engagierten Familien sehr stolz auf das sein, was wir alle gemeinsam
den Spielerinnen bieten. Wir gehen also mit einem sehr guten Gefühl in die
Rückrunde.
Wie wichtig ist die Partie gegen die Dritte
von Eintracht Frankfurt zum Auftakt?
Heinz Reinders: Genauso wichtig wie der
Auftakt der U14 in der Kreisliga gegen die Jungs oder der U23 oder der U17 in
der Bayernliga. Jedes dieser Auftakt- und der weiteren Spiele in der Rückrunde
gibt uns einen Überblick, wo wir derzeit sportlich stehen und wo wir uns noch
hin entwickeln werden. Wir verstehen, dass die Presse den Blick auf ein
einzelnes Ergebnis und auf eine Tabelle lenkt. Aber öffentliche
Berichterstattung kommt und geht. Die Spielerinnen kommen aber auch auf den
Platz, wenn die Presse gerade kein Interesse hat. Diese harte Lektion hat uns
die Corona-Zeit gelehrt.