Artikel vom 05.09.2022 06:00 Uhr
Immer wieder werden Spiele abgebrochen. Verletzungen und Wetter, aber auch Vergehen gegen den Referee sind mögliche Ursachen. anpfiff.info erklärt zusammen mit Forchheims Lehrwart Johannes Gründel einige Fälle, in denen ein Spielabbruch erforderlich ist.
Guten Tag Herr Gründel, reden wir heute über das
Thema Spielabbruch und gehen zunächst auf das Wetter ein. Wann darf/
muss ein Schiedsrichter ein Spiel wegen eines Gewitters bzw.
Schlechtwetters abbrechen? Und wenn wir dabei sind, wann darf er ein
Spiel gar nicht erst anpfeifen?
Johannes Gründel: Wetterbedingt
sind vor allem Gewitter relevant. Hier gilt als Faustformel: Solange
das Gewitter unter zehn Kilometer entfernt ist, also zwischen Blitz und
Donner weniger als 30 Sekunden liegen, darf kein Spiel stattfinden. Denn
ein Blitz kann bis zu 5 km außerhalb der Gewitterzelle einschlagen und
das natürlich in beide Richtungen. Deshalb sind erst 10 km eine sichere
Distanz. Kommt es während dem Spiel zu einem Gewitter, muss das Spiel
unterbrochen werden und man hat eine halbe Stunde Zeit, um zu schauen,
ob Besserung in Sicht ist. Wenn ja, kann man mit der Spielfortsetzung
auch noch ein paar Minuten warten – vorausgesetzt, der Platz ist
überhaupt noch bespielbar. Ist dagegen keine Besserung in Sicht, muss
das Spiel abgebrochen werden. Für ein Gewitter bei Spielbeginn gilt das
Ganze entsprechend.
Vom Wetter zur Witterung. Was passiert
wenn sich ein Verein mit der Anpfiffzeit verschätzt hat und die
Dunkelheit verfrüht einsetzt. Ab wann ist es zu dunkel und ist der
Wechsel auf einen anderen Sportplatz jederzeit möglich? Darf der
Schiedsrichter auch einfach ein paar Minuten früher abpfeifen?
Johannes Gründel: Es
ist zu dunkel, wenn es schwierig wird, von einem Tor zum anderen zu
sehen (so übrigens auch bei Nebel). Mittlerweile darf man in diesem Fall
auch auf einen anderen Platz wechseln, das wurde vor ein paar Jahren
erlaubt (schade eigentlich – ich warte immer noch auf das Spiel, bei dem
man Autos rund um den Platz stellt und das Fernlicht einschaltet…).
Steht dagegen kein Ausweichplatz zur Verfügung, muss der Schiedsrichter
das Spiel abbrechen. Das ist dann auch wirklich ein Abbruch und kein
regulärer (verfrühter) Abpfiff, selbst wenn es 9:0 steht und nach der
maßgeblichen Uhr des Schiedsrichters nur noch drei Minuten zu spielen
sind. Zum Glück passiert das aber sehr selten, etwa weil das Flutlicht
ausfällt oder sich das Spiel wegen einer schweren Verletzung massiv
verzögert.
Thema Verletzungen. Darf ein Schiedsrichter bei
einer schweren Verletzung während eines Spiels die Begegnung abbrechen,
oder ist ihm das nicht gestattet? Bzw ist dafür die Zustimmung beider
Mannschaften erforderlich und was ist, wenn ein Team weiterspielen, das
andere aber abbrechen möchte?
Johannes Gründel: Der
Schiedsrichter darf das Spiel abbrechen, er braucht dafür keine
Zustimmung der beiden Mannschaften. Gründe für einen Abbruch sind, dass
die Gesundheit der Spieler aus Sicht des Schiedsrichters nicht mehr
gewährleistet ist oder ein ordnungsgemäßes Spiel nicht möglich ist. Ist
die schwere Verletzung also Folge schlechter Platzbedingungen, z.B.
gefrorenen Unebenheiten, dann liegt ein Abbruch auch unabhängig vom
Willen der Teams nahe. Ist eine Mannschaft dagegen geschockt von der
schweren Verletzung, ist das Feingefühl des Schiedsrichters gefordert.
Am Ende trifft er alleine die Entscheidung, ob er abbricht, weil er ein
ordnungsgemäßes Spiel angesichts des Schocks nicht für möglich hält. Wir
empfehlen hier aber, die Mannschaften – möglichst beide – ins Boot zu
holen. Will ein Team abbrechen und das andere nicht, liegt die
Entscheidung also prinzipiell beim Schiedsrichter. Allerdings kann der
Schiedsrichter das Team natürlich nicht zurück auf den Platz prügeln.
Die Frage, ob der Schiedsrichter oder die Mannschaft abgebrochen hat,
ist deshalb vor allem für das Sportgericht relevant. Kurzer Hinweis dazu
am Rande: Will der Schiedsrichter das Spiel fortsetzen und Team A
weigert sich, sollen sich das Schiedsrichtergespann und Team B dennoch
auf den Platz stellen, um zu signalisieren, dass es weitergehen soll und
Team A noch einmal die eine letzte Chance zu geben.
Schiedsrichter Johannes Gründel erklärt Fälle, die zum Spielabbruch führen können.
anpfiff.info
Beleidigungen gegen den Schiedsrichter. Wenn es zu viel wird, darf der
Referee dann einfach abbrechen? Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit
der Androhung von Gewalt aus oder gar einer Tätlichkeit gegen den
Schiedsrichter?
Johannes Gründel: Bei
normalen, auch heftigen Beleidigungen darf das Spiel nicht abgebrochen
werden. Ausnahme stellen dabei nur rassistische Beleidigungen dar, darüber haben wir uns aber ja schon einmal unterhalten, deshalb führe ich das hier nicht weiter aus. Bei ernst zu nehmenden
Bedrohungen und erst recht Tätlichkeiten, sonstiger Gewalt oder auch
beim Anspucken des Schiedsrichters ist das Spiel dagegen sofort zu Ende.
Was passiert, wenn sich der Schiedsrichter während eines Spiels verletzt und nicht mehr weiterpfeifen kann?
Johannes Gründel: Dann
soll ein anderer geeigneter Sportkamerad die Spielleitung übernehmen.
Dabei haben neutrale geprüfte Schiedsrichter Vorrang vor geprüften
Schiedsrichtern, die einem der beiden beteiligten Vereinen angehören.
Sind gar keine geprüften Schiedsrichter vor Ort oder bereit
einzuspringen, sollen andere geeignete Sportkameraden das Spiel pfeifen.
Auch da gilt wieder der Vorrang des neutralen gegenüber dem
vereinsangehörigen Sportler. Stehen mehrere Kandidaten zur Verfügung,
müssen sich beide Vereine auf einen einigen.
Wenn eine
Mannschaft unter sieben Spielern auf dem Feld hat, wird die Partie
abgebrochen. Wenn ein Team noch sieben Spieler auf dem Feld hat, und
temporär einen Fußballer wegen einer Zehn-Minuten-Strafe verliert, wird
dann auch abgebrochen?
Johannes Gründel: Das
war zunächst offen, ist mittlerweile aber geklärt: Ja, das Spiel wird
dann abgebrochen, es sei denn, einer der Spieler ist nur kurz zur
Behandlung draußen. Bei Flex-Teams die 7 gegen 7 oder 9 gegen 9 spielen,
erfolgt der Abbruch übrigens, wenn es weniger als sechs Spieler sind.
Gibt es eine grundsätzliche Regelung an die sich die Schiedsrichter
halten können, wann sie ein Spiel abbrechen dürfen/ müssen und wann
weitergespielt werden muss?
Johannes Gründel: Generell
ist der Spielabbruch immer nur das letzte Mittel, der Schiedsrichter
muss also alle anderen Mittel ausgeschöpft haben. Wie diese Mittel
aussehen und wann man dann doch abbrechen darf, hängt immer vom mögliche
Abbruchgrund ab, das Wichtigste dazu haben wir hier ja schon
besprochen. Im Wesentlichen geht es darum, die Gesundheit bzw.
Sicherheit der Spieler zu gewährleisten und ein ordnungsgemäßes Spiel zu
ermöglichen. Das sind die zwei größten Parameter, die man in die
Entscheidung einbeziehen muss.
Vielen Dank für das Interview!
Spielabbruch ja oder nein? Haben Sie Fragen dazu, dann schreiben sie diese Frage gerne in die Kommentare.
anpfiff.info