Amateurfußball: Die vernachlässigte Basis des DFB - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 26.03.2019 um 21:00 Uhr
Amateurfußball: Die vernachlässigte Basis des DFB
Der Amateurfußball bewegt die Massen. Nur ein PR-Spruch? "Von wegen", heißt es auf der Homepage des DFB zum Amateurfußball. Hier schlage das Herz des deutschen Fußballs. Volle Unterstützung des Verbands für die 25.000 Vereine also? Trotz des 3. Amateurfußball-Kongresses gibt es Zweifel daran, dass der DFB das Wohl der Amateure im Blick hat. Bei der Regionalliga-Reform könnte der DFB ein Zeichen für die Basis setzen.
Von Manni Meisenkaiser
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Wer Fußball sehen möchte, muss, wenn nicht gerade Sommer- oder Winterpause ist, keinen Tag darauf verzichten: Freitags beginnt am frühen Abend die 2. Liga, gefolgt vom Freitagabendspiel der Bundesliga. Ebenso sieht es am Samstag und Sonntag aus: Um 13 Uhr bzw. 13:30 eröffnet die 2. Liga, danach folgt das Oberhaus. Dem traditionellen 15:30-Termin folgt am Samstag inzwischen das Top-Spiel des Spieltags um 18:30 Uhr. Über den Sonntag verteilt finden dann zwei oder drei weitere Partien statt. War das Montagsspiel seit einigen Jahren der 2. Liga vorbehalten, wurden ab der Saison 2017/18 auch fünf Montagstermine in der Bundesliga eingeführt – diese werden zur Saison 2020/21 jedoch wieder abgeschafft. Dienstag und Mittwoch sind für die Champions League reserviert, der Donnerstag für die Europa League. Sind keine internationalen Wochen, finden in den europäischen Ligen meist die nationalen Pokalwettbewerbe statt, seltener Ligaspiele. Dazu kommen regelmäßig Länderspielpausen. Englische Wochen sind mittlerweile auch in anderen Ländern der Normalfall.

Verschiedene Anstoßzeiten

 

Das heimische Sofa – oder die Stammkneipe – muss durch die Spieltags-Zerstückelung in den Profiligen zum Fußballgucken gar nicht mehr verlassen werden. Bier steht auf dem Couchtisch oder wird am Tresen geordert, im Internet finden sich die Spielstände der anderen Partien und die Quoten des aktuellen Spieltags. Während früher der Samstagnachmittag der Bundesliga und der Sonntagnachmittag der 2. Liga vorbehalten war, was die Möglichkeit zuließ, neben den beiden Profiligen auch noch eine Partie eines Amateurvereins zu besuchen, muss sich heute häufig entschieden werden: Will ich auch die anderen Spiele sehen oder doch lieber ins Stadion? Fast vergessen sind die Zeiten, in denen nicht jedes Spiel der oberen Ligen, sowohl der heimischen als auch der internationalen, der Champions League, der Europa League oder des DFB-Pokals in Gänze übertragen wurden. Eines von vielen Problemen, mit denen der Amateurfußball in Deutschland zu kämpfen hat.

Amateure bilden das Herz des Fußballs
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Noch mehr Fußball

 

Auf den Konsumenten kommt derweil wohl noch mehr Fußball zu. Neben der Europa- und der Weltmeisterschaft, den beiden wichtigsten Nationalmannschaften-Turnieren auf dem europäischen Fernsehmarkt, plant FIFA-Boss Gianni Infantino für die Sommerpause 2021 eine Klub-WM mit 24 Mannschaften. Sie soll das bisherige Format der Klub-Weltmeisterschaft, die von sieben Mannschaften ausgespielt und jedes Jahr im Winter stattfindet, ersetzen und alle vier Jahre ausgetragen werden. Zwar haben sich UEFA und die europäischen Vereine bisher gegen die Reform ausgesprochen, doch Aussagen von u. a. Uli Hoeneß zur Klub-WM lassen vermuten, dass diese am Ende auch von Europa mitgetragen werden wird. Es wird wohl eine Frage des Geldes sein.

Zwar wird in der Fanszene häufiger von Ermüdungserscheinungen und dem Gefühl von wachsender Distanz zum Profifußball gesprochen, doch bisher schlägt sich das nicht finanziell nieder, im Gegenteil – das Produkt Fußball expandiert weiter, mit China und den USA sind noch Märkte zu erschließen. Ob neue Wettbewerbe wie Nations League, Klub-Weltmeisterschaft oder die bisher nicht umgesetzte Super League, die immer größere Schere zwischen den großen und kleinen Klubs oder Abo-Meisterschaften in den Top-Ligen wirklich dafür sorgen, dass sich verstärkt Fans vom Profifußball abwenden ist noch ungewiss, ebenso, ob darin eine Chance für die Amateurvereine liegt.

Amateurfußball ist die Basis

 

Momentan müssen diese jedoch häufig um ihre Existenz kämpfen. Eine Entwicklung, die dem DFB zu denken geben und ihn zum Gegensteuern veranlassen sollte, schließlich hebt der Verband auch selbst immer wieder hervor, dass der Amateurbereich das Herz des deutschen Fußballs darstelle. Und dennoch sieht es so aus, als sei dem DFB die Basis herzlich egal. Stattdessen werde sich vornehmlich auf den ertragreichen Profifußball konzentriert. So formuliert es auch Engelbert Kupka, ehemaliger Präsident der SpVgg Unterhaching und Mitbegründer der Initiative "Rettet die Amateurvereine", in einem Gastbeitrag in der Zeit: Solidarität sei nicht zu erwarten, auch trotz des Grundlagenvertrages zwischen DFB und DFL, der Deutschen Fußball Liga, der dafür sorgen soll, dass ein Teil der Milliarden-Einnahmen der Bundesliga in den Amateurbereich fließt. Das klingt zwar schön, in der Praxis enthielte der DFB den Amateuren jedoch mehrere Millionen vor. Für Engagement und Integration werden Amateurvereine kräftig vom DFB gelobt, Anschaffungen wie neue Bälle oder Reparaturen auf dem Vereinsgelände bezahlt das freilich nicht. Auf dem 3. Amateurfußball-Kongress, der vom 22. bis zum 24. Februar in Kassel stattfand, empfahl DFB-Präsident Reinhard Grindel, die Mitgliederbeiträge zu erhöhen – im Vergleich zu anderen Sportarten verkaufe sich der Fußball unter Wert. Ob das allein für einen gesunden Herzschlag ausreicht, darf zumindest bezweifelt werden.

Regionalliga-Reform


Ein erster Schritt für den DFB, den Amateuren zu zeigen, dass er mehr als bloß warme Worte für sie hat, wäre eine vernünftige und langfristige Reform der Regionalligen, die zur Saison 2020/21 umgesetzt werden soll. Mit der Einführung der 3. Liga wurden die Regionalligen 2008 in drei Staffeln unterteilt: Die drei Meister der Regionalligen stiegen in die 3. Liga auf, dafür stiegen drei Mannschaften ab. Doch 2012 wurden zwei weitere Staffeln eingeführt, die Devise "Der Meister steigt auf" galt nicht mehr, die Durchlässigkeit zwischen den Ligen nahm weiter ab: Die fünf Meister der Regionalligen sowie der Zweite der Regionalliga Südwest mussten am Ende der Saison die drei Aufsteiger untereinander ausspielen. Seit dieser Saison steigen erstmals vier Teams auf: Die Meister aus den Staffeln Südwest, Nordost und West direkt, der vierte Aufsteiger wird im Duell der Meister aus Bayern und Nord ermittelt.

In der kommenden Saison sind es dann die Meister der Staffeln Südwest, Bayern und Nord, die direkt aufsteigen, Nordost und West spielen dann den letzten Aufsteiger aus. Danach soll die neue Regionalliga-Reform greifen. Wie die aussehen wird, ist bisher noch nicht klar: Der DFB plante, die Regionalliga auf vier Staffeln zu komprimieren, die Landesverbände der Regionalligen jedoch wollten lieber fünf Staffeln behalten und die 3. Liga auf 24 Vereine und fünf Absteiger ausweiten. Auch eine zweigleisige 3. Liga war im Gespräch. Die 3. Liga hingegen protestierte diese Saison gegen die vier direkte Abstiegsplätze. Vereinsvertreter der Regionalligen Nord, Nordost und Bayern haben sich nun in einem einstimmigen Votum noch einmal dagegen ausgesprochen, ihre drei Staffeln zu zwei zusammenzulegen. So liefe aus auf zwei direkte Aufsteiger aus den Staffeln Südwest und West hinaus, während Nord, Nordost und Bayern Aufsteiger drei und vier untereinander ausmachen. Der DFB ist nun gefordert, eine Lösung zu finden, mit der alle Parteien am Ende zufrieden sein können.


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