Ludwig Beer 40 Jahre im BFV: Von Rentnergang bis Rockband - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 22.12.2017 um 15:30 Uhr
Ludwig Beer 40 Jahre im BFV: Von Rentnergang bis Rockband
Am 10. März 2018 wird Ludwig Beer offiziell als Bezirksspielleiter abdanken und nicht mehr kandidieren. 40 Jahre war der 65-jährige Freystädter als Funktionär tätig, 28 Jahre als Kreisspieleiter in Neumarkt, gefolgt von zwölf Jahren als Bezirksspielleiter Mittelfrankens. Im fussballn.de-Interview blickt er zurück auf eine einmalige Laufbahn im Verband - und darauf, wie sich die Zeiten geändert haben...
Von Marco Galuska
Ludwig Beer kann auf eine einmalige Funktionärslaufbahn beim BFV zurückblicken und träumt von Australien.
Sebastian Baumann
Erst kürzlich erhielt Ludwig Beer als "Lebenswerk-Oscar" eine DFB-Uhr. Vor 40 Jahren hatte der damals 25-Jährige Vereinsfunktionär der DJK Rohr eine Aufgabe beim BFV übernommen, die ihn bis heute nicht losgelassen hat. Aber im März, beim Bezirkstag in Herzogenaurach, wird sich der Freystädter offiziell von der Bühne des Amateurfußballs verabschieden. Wir blicken im Interview zurück.

Boris Becker ist bis heute der jüngste Wimbledon-Sieger, Ludwig Beer der jüngste Kreisspielleiter in Bayern. Wie kommt man im Alter von 25 Jahren darauf Kreisspielleiter zu werden?

Ludwig Beer: Wie die Jungfrau zum Kinde! Ich war Vertreter meines Vereins DJK Rohr auf dem Kreistag in Sengenthal. Fritz Neumeyer vom 1.SC Feucht hat 32 Jahre den Kreis Neumarkt als Kreisspielleiter geführt. Und plötzlich verkündet er seinen Rücktritt, keiner hat es gewusst. Der Bezirksvorsitzende Herbert Bär hat mich dann sofort angesprochen: "Jetzt musst du ran, Dicker!"

Wie war denn die fußballerische Vorgeschichte des Ludwig Beer?

Beer: Ich habe in der Jugend drei Spiele gemacht, dann war mit einer Knieverletzung Schluss. Ich war mit 14 Jahren schon Jugendbetreuer, später Schriftführer. 1974 habe ich meine Schiri-Prüfung absolviert. Aber als ich dann 1978 beim Verband tätig wurde, hab ich alles aufgehört, hab ausschließlich meine Aufgabe als Kreisspielleiter ausgeübt.

Und das war dann die Berufung für den jungen Ludwig Beer, auf die er gewartet hat?

Beer: Nein, ich wollte eigentlich in meinem Verein arbeiten. Ich habe da schon viele junge Leute um mich herum versammelt, wir wollten das übernehmen, doch der Vorstand hat das clever gemacht. Er hat mich beim BFV vorgeschlagen, ich wäre doch dort der richtige Mann. Letztlich hab ich dann dem Bezirksvorsitzenden auch zugesagt und war ab 1978 Kreisspielleiter.

Dann nehmen Sie uns mit auf die Zeitreise: BFV Ende der 1970er-Jahre!

Beer: Es gab früher keine Kreisvorsitzenden, nur den Kreisspielleiter. Das habe ich die ersten sechs Jahre komplett allein gemacht, erst dann hab ich mit Paul Breuer einen Gruppenspielleiter hinzubekommen. Ludwig Schneider, der damals Kreisspielleiter in Nürnberg war, habe ich viel zu verdanken. Er hat mir jungen Burschen immer wieder mit Rat und Tat geholfen.

Wie war der Stand für einen jungen Funktionär Anfang der 1980er-Jahre?


Beer:
Ich hatte zuzuhören, die Alten haben mir sagen wollen, wo es lang geht. Beim Kreistag 1982 hab ich erst einmal aufgeräumt. Das war die größte Rentnergang, die ich jemals gesehen habe! Der Kreisjugendleiter war 80 Jahre alt, der Kreisschiedsrichterobmann war 76. So alte Leute hab ich nicht einmal im Wirtshaus gesehen! Ich habe junge Leute dazugeholt. Wir haben schwer gekämpft, wollten Anfang der 1980er-Jahre die Sportschule, die letztlich in Oberhaching gebaut wurde, damals nach Neumarkt holen.

Aktuell sind es wieder die Kämpfe mit den Vereinen um Spielabsagen und Beginn der Winterpause. War das früher leichter?


Beer: Dazu muss man wissen, dass es bis 1982 eigentlich keine Winterpause gab. Es wurde nur während der Feiertage pausiert, am Dreikönigstag ging es dann mit Pokalspielen weiter. Dafür hatten wir von Juni bis Ende August Sommerpause, da wurden die Ferien genutzt. Heute haben wir ganz klar mehr Schönwetterfußabller, aber die Zeiten haben sich auch geändert.

Bitte genauer!

Beer:
Die Sportvereine haben sich über die Jahre top Sportanlagen gebaut, da wird natürlich mehr Wert auf den Zustand der Plätze gelegt. Früher durfte ja der Platzeigentümer nicht einmal selbst bestimmen, ob gespielt wird. Das war Sache der Platzaufsicht. Da fuhr ich als Kreisspielleiter Neumarkt in benachbarte Kreise und hab dann entschieden, ob in Auerbach oder Hersbruck gespielt werden kann. Für fünf Mark durch die Gegend gefahren - so verrückt waren wir damals schon!

Heute hilft dann nur noch der erhobene Zeigefinger, um zu viele Absagen zu verhindern?

Beer: Die Plätze müssen teilweise geschützt werden, das verstehe ich schon, aber man muss auch das rechte Maß finden. Ich habe jetzt 34 Nachholspiele in den Bezirksligen. Das ist zu viel. Wenn wir nicht im März spielen können, müssen wir nun unter der Woche spielen.

Die 18er-Liga führt zu argen Belastungen bei den Vereinen, merkt man da nicht, dass die Mannschaften einfach mal dann die Winterpause herbeisehnen?


Beer: Selbstverständlich! Leider ist die Normzahl von 16 nur schwer zu erreichen. Mit dem Problem muss sich auch meine Nachfolgerin weiter herumplagen. Es bleibt einfach die Problematik, dass wir 18er-Ligen haben, die Vereine haben dann ja auch keine Lust mehr auf die Halle.

Dann blicken wir doch noch einmal auf die Anfänge des Hallenfußballs zurück!


Beer: Als die Spieler und Vereine nicht mehr im Winter spielen wollten, hat man 1982 die Winterpause eingeführt. Drei Monate Pause - da musste man doch was machen. Also hat man Hallenfußball eingeführt, wie in Österreich. Im ersten Jahr hat der Bezirksspielleiter Erich Schroll einfach das ranghöchste Team aus Mittelfranken zur Bayerischen Meisterschaft gemeldet. Erst ab 1982 gab es eine Bezirksmeisterschaft.

Wie war denn die Begeisterung für den Hallenfußball?


Beer: Am Anfang war das eine reine Katastrophe. Ich erinnere mich noch an die erste Kreismeisterschaft in der Halle in Neumarkt: zwei Beinbrüche und gebrochene Nasen! Die guten Kicker wollten nicht, und die schlechten haben sich selbst zerstört. Das war richtig schlimm. Aber mit der Zeit gab es bessere Hallen, mehr Termine und plötzlich haben alle mitmachen wollen, auch die guten Mannschaften.

Man hört von legendären Kreismeisterschaften unter der Regie von Ludwig Beer...

Beer: Oh ja! Ich habe 1986 die Kreismeisterschaft zu einer Nachtveranstaltung gemacht. Der TSV Freystadt war ein super Ausrichter, ein eingespieltes Team. Zehn Minuten nach Abpfiff war die Halle bestuhlt und dann ist bis zum nächsten Morgen gefeiert worden. Heißmann & Rassau, DJ Ötzi, Brasilianische Gruppen, Rockbands sind aufgetreten - das kann man sich heute nicht mehr vorstellen! Es war ein riesiges Spektakel! Wir haben auch nur mit Rundumbande gespielt. Ich konnte da hohe Ansprüche stellen, denn jeder wollte solche Turniere.

Und wann kam der Einbruch?


Beer: Zehn Jahre lief das sensationell, dann hatten wir ein großes Problem. Die Rockband "Unchain" sollte auftreten, doch die hatten viel mehr Anhänger als es die Halle hergab. Wir waren überfordert. Es gab Schlägereien, vieles ging zu Bruch. So ging es nicht mehr weiter. Dennoch blicke ich gerne auf die Zeit zurück, fast alle Mannschaften haben mitgespielt, die Halle war ein Spektakel!

Wir machen wieder einen Zeitsprung: 2006 Ludwig Beer wird Bezirksspielleiter!


Beer:
Der Kreis Neumarkt hatte in seinen 60 Jahren nur zwei Kreisspielleiter, Neumeyer und mich, das war einmalig. Die Kreisreform stand an. Es wurde ein Nachfolger von Erich Schroll als Bezirksspielleiter gesucht und ich habe mich zur Wahl gestellt. Mein Gegenkandidat war Rainer Reu aus der Frankenhöhe. Ich wurde in Schwabach dann gewählt. Es war eine schöne Zeit, aber nun ist Schluss. Ich kandidiere nicht mehr.

Nach 40 Jahren als Funktionär - kann man da so einfach loslassen?

Beer: Es gibt keinen, der das so lange gemacht hat. Der Fußball ist mein Leben, ich werde es weiter verfolgen, am liebsten Tag und Nacht, aber ich will auch meine Ruhe haben und werde definitiv kein Amt mehr ausüben. Ich habe bei meinem Umzug auch alle alten Sachen weggeworfen.

Wie sehen die Pläne nach der Funktionärslaufbahn aus?

Beer: Ich bin jetzt seit fünf Jahren in Rente, war schwerkrank und konnte nicht mehr arbeiten. Nach 49 Arbeitsjahren als kleiner Bauernbub, der immer in Nürnberg gearbeitet hat, bin ich nun in der echten Rente. Mein Traum bleibt Australien! Ich habe dort Verwandtschaft, vielleicht wandere ich tatsächlich noch aus.

Vorher wollen wir aber noch die persönlichen Highlights aus 40 Jahren im Fußball von Ludwig Beer wissen!

Beer: Das größte Highlight war für mich die WM 2006. Mein Onkel aus Australien war da. Wir sind vier Wochen quer durch Deutschland gereist, teilweise ohne Hotel. Als echte Fans waren in den WM-Dörfern, wir haben VIP-Einladungen ausgeschlagen, wollten alles hautnah erleben. In Stuttgart haben wir 24 Stunden nur gefeiert. Wir haben bis zum Halbfinale zwölf Spiele angeschaut. Diese Stimmung werde ich niemals vergessen!

Und im Amateurfußball?


Beer: Das Hallenspektakel mit den Nachtveranstaltungen war schon etwas ganz Besonderes! Unvergessen bleiben auch die vielen schönen Aufstiegsfeiern auf dem Land. Das waren echte Feste, da wurde auch mal eine Sau geschlachtet, das ganze Dorf hat mitgefeiert. Das ist leider nicht zu vergleichen mit den Feiern, die ich als Bezirksspielleiter erlebt habe. In den höheren Ligen werden halt Spieler auch bezahlt, da ist das etwas anderes.

Dann blicken wir abschließend noch auf den persönlichen Fahrplan des Bezirksspielleiters Ludwig Beer für 2018.

Beer:
Eine Wintertagung gibt es nicht. Wir werden im März den Bezirkstag in Herzogenaurach abhalten, dort soll Sandra Hofmann meine Nachfolgerin werden, sie ist schon jetzt gut integriert, auch beim DFB. Ich mache die Saison natürlich noch fertig und übergebe das sauber. Am 1. Juli veranstalten wir den Erdinger-Cup in Weißenburg - dann ist Schicht im Schacht für mich!

Keine Rundentagung mehr mit Ludwig Beer - schwer vorzustellen!

Beer:
Bei der Bezirksliga-Tagung mache ich noch den Rückblick, dann war's das.

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