Fußballfieber in der Kreisklasse: Der 1. Spieltag gegen fränkische Berchgnordzn - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 25.04.2021 um 14:00 Uhr
Fußballfieber in der Kreisklasse: Der 1. Spieltag gegen fränkische Berchgnordzn
Feierwütige Fußballspieler, cholerische Spielleiter, einfältige Zuschauer der Kreisklasse und rassige Derbys - Sonntagsschüsse ist ein Buch über die Liebe zum Fußball. anpfiff.info präsentiert Ihnen Auszüge aus dem wirklich gut geschriebenen Roman. Heute: Der 1. Spieltag gegen fränkische Berchgnordzn.
Von Jonas Philipps
Ich weiß nicht mehr genau, mit welchen Erwartungen ich zum ersten Punktspiel nach Hohenstein gefahren war. Noch hatte ich keine Vorstellung davon gehabt, was es bedeutete, in der Kreisklasse Nord zu spielen. Man schien hier zwischen dem Flachland und dem Gebirge zu differenzieren, wobei der Unterschied zwischen diesen beiden Volksgruppen an sich nur wenige Höhenmeter betrug. Meine neuen Mannschaftskollegen hatten mir schon viel von den sogenannten Bergvölkern im Norden erzählt. Sie bezeichneten diese Gegner sarkastisch als das Highlight der Saison. Man hatte bei den Erzählungen beinahe das Gefühl, mit jedem Höhenmeter einen 5-Jahres-Zeitsprung in die Vergangenheit zu machen, so dass es mich nicht sonderlich überrascht hätte, wenn unser Gegner in mittelalterlichen Ritterrüstungen anstatt Trikots aufgelaufen wäre.

Somit hätte ich besser vorbereitet sein müssen auf das, was uns an diesem Tage bevorstand. Sobald wir bei einer harten Trainingseinheit während der Vorbereitung jam­merten, hatte Spielleiter Willi keine Gelegenheit gescheut, uns Spielern einzutrichtern, dass die Bergvölker im Norden bereits in den Jugendmannschaften ausge­wachsene Ochsen auf dem Rücken herumtragen mussten, während wir nur gewöhnliche Laufeinheiten praktizierten. Meine Mannschaftskollegen waren felsenfest davon über­zeugt, dass man im nördlichen Gebirge Bäume mit den bloßen Füßen fällte, anstatt durch den Wald zu joggen oder hochtrabende Spielzüge einzustudieren. Ich hatte das alles als übertriebenes Gerede betrachtet.

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Erste Zweifel kamen mir aber spätestens bei der Ankunft am Parkplatz vor dem Hohensteiner Sportheim. Wir stiegen aus den Autos, holten unsere Sporttaschen aus dem Kofferraum und marschierten zielstrebig in Richtung Umkleidekabine, als wir an einem Kinderspielplatz vorbei liefen. Sobald ich erkannt hatte, dass die Kinderrutsche nicht wie auf jedem normalen Spielplatz in einen Sand­kasten mündete, sondern auf eine pickelharte Betonplatte, kamen mir dann doch die ersten Zweifel, ob es sich bei den vielen Erzählungen wirklich um übertriebenes Gerede handelte. Und ich sollte mit meinen Zweifeln Recht behalten. Oh ja!

Kaum hatten wir den angsteinflößenden Kinderspielplatz hinter uns gebracht, warf ich meinen ersten Blick auf einen vermeintlichen Rasenplatz in der Kreis­klasse Nord. Die meisten Vereine verfügen über min­destens zwei Plätze. Der sogenannte A-Platz ist in der Regel das bessere Spielfeld. Auf den B-Platz wird neben den Trainingseinheiten nur dann für Punktspiele aus­gewichen, wenn das Wetter so schlecht ist, dass der Platzwart aus Sorge um eine dauerhafte Beschädigung des heiligen Rasens den A-Platz für gesperrt erklärt. An sonnigen Tagen wie beim Spiel gegen den SC Hohenstein griffen fußballerisch limitierte Mannschaften gegen tech­nisch klar überlegene Gegner zuweilen auf die List zurück, das Spiel auf den B-Platz zu verlegen, um deren Kombinationsspiel durch den holprigen Untergrund zu unterbinden. Nicht selten verhalf der B-Platz einer kampf­starken Mannschaft zu einem unverhofften Sieg.
Genau dieses Vorhaben war die einzig logische Schlussfolgerung, als ich den frisch gestreuten und mit Eckfahnen bestückten Acker erblickte, den der SC Hohenstein zum Spielfeld unserer Partie erklärt hatte. Spielstarke Mannschaften wie wir hassten B-Plätze wie die Pest.


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„Solche Schweine. Wollen sie bei dem super Wetter tatsächlich auf dem B-Platz spielen?“, murmelte ich verärgert in die Runde und erntete verständnislose Blicke.
„B-Platz?“, fragte Michael Meister verwundert. „Das ist der Hohensteiner A-Platz. Der B-Platz ist dort, wo unsere Autos stehen.“

„Auf der Wiese mit der Feuerstelle?“, erkundigte ich mich ungläubig. Das konnte nun wirklich nicht sein Ernst sein.

„Ja, auf der Wiese mit der Feuerstelle!“, bestätigte Michael.
„Willkommen im Gebirge der Kreisklasse Nord!“, schmunzelte Kapitän Harald Gepard und betrat die winzige Umkleidekabine.

Die erste Punktspielansprache unter Andreas Dietner war feu­rig und inspirierend.
„Ihr alle wisst, dass Hohenstein ein gefährlicher Gegner ist. Hier oben können wir nur bestehen, wenn jeder Einzelne von euch von der ersten bis zur letzten Minute Vollgas gibt. Wir müssen kratzen und beißen, kommen und gehen, die Zweikämpfe suchen und gewinnen. Koste es, was es wolle! Nicht übermotiviert, aber motiviert, mit Köpfchen und Einsatz! Ihr müsst euch heute auf dem Platz für den TSV zerreißen! Dann kann uns keiner unsere drei Punkte streitig machen!“

Ich fühlte mich, als stünde ich vor dem Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft. Es ging um mehr als nur um Leben und Tod – es ging um drei wichtige Punkte in der Kreisklasse Nord! In meinem Kopf gab es nur noch einen Gedanken: Wir müssen dieses Spiel gewinnen! Andreas hatte mit seinen lautstarken Worten ein loderndes Feuer in mir entfacht. Ich war bereit, alles zu geben, an meine absoluten Leistungsgrenzen zu gehen. Und selbst wenn unser sagenumwobener Gegner in Ritterrüstungen gegen uns antrat, war ich gewillt, mit aller Gewalt da­gegenzuhalten. Koste es, was es wolle! Es wunderte mich einen kurzen Augenblick lang, dass meine Mann­schaftskollegen neben mir im Angesicht dieser be­flügelnden Ansprache nicht halb so enthusiastisch wirkten wie ich. Doch in meinem brennenden Eifer verschwen­dete ich keinen weiteren Gedanken daran. Ich sollte die Antwort auf diese Frage noch früh genug erhalten.
Traditionell versammelten sich kurz vor Spielbeginn alle Spieler beider Mannschaften zum sogenannten „Angstwiss“ in der Herrentoilette. Obgleich vermutlich niemand der knapp fünfzehn an den Pissoirs anstehenden Spieler mehr als drei Tropfen Urin in der Blase hatte, verspürte jeder von uns vor dem Anpfiff den nervösen Drang, diese Tröpfchen gewaltsam herauszupressen. Zwischen zwei riesigen Kerlen in Hohensteiner Trikots, die mich beide um Haupteslänge überragten, kam ich mir vor wie ein Zwerg. Beunruhigende Bilder von gigan­tischen Fußballern in Ritterrüstungen, die im Wald mit ihren Füßen Bäume fällten und dabei in diabolisches Gelächter ausbrachen, zogen vor meinem geistigen Auge vorüber.

Bernd Hagen nahm nach dem Eklat vom Abschluss­training mit missmutigem Gesicht auf der Auswechsel­bank Platz. Der Anpfiff ertönte. Die Saison war eröffnet.

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Sonntagsschüsse - Fußballfieber in der Kreisklasse

Autor: Jonas Philipps, Verlag: Books on Demand
ISBN: 978-3-7448-1944-2 / E-Book-ISBN: 978-3-7448-6042-0

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Kurzvita Jonas Philipps

Jonas Philipps wurde im Jahr 1981 in Forchheim geboren. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen im Landkreis Bamberg. Seine Leidenschaft für das Schreiben von Geschichten entdeckte Jonas Philipps im Alter von 18 Jahren durch die Verfassung von Song-Texten. Nach ersten jugendlichen Gehversuchen im Genre Fantasy beschloss Philipps schließlich, sich auf witzige, unterhaltsame Literatur in den Bereichen Sport und Musik zu fokussieren. Jonas Philipps aktuelle Veröffentlichung trägt den Titel "Sonntagsschüsse - Fußballfieber in der Kreisklasse".

Kurzbeschreibung

Feierwütige Fußballspieler, cholerische Spielleiter, einfältige Zuschauer der Kreisklasse und rassige Derbys - Sonntagsschüsse ist ein Buch über die Liebe zum Fußball. Der humorvolle Sportroman ist ein Muss für alle Fußballfans und Amateur-Kicker!

Der junge Amateurfußballer Marco Tanner zieht mit seinen Eltern von Hamburg nach Oberfranken. In seinem neuen Heimatort Weiherfelden macht sich der Amateur-Kicker wegen seines fußballerischen Talents einen Namen. Während Marco in der schrulligen Kreisklasse Nord die zünftigen Untiefen des fränkischen Wesens erkundet, stolpert er mit sympathischer Naivität von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Doch plötzlich wird es ernst: Die hoch gehandelte Amateur-Fußballmannschaft steckt mitten im Abstiegskampf. Marco muss entscheiden, was er nach dem Zivildienst mit seinem Leben anfangen möchte. Gleichzeitig bringt ihn die komplizierte Hassliebe zur süßen Annika beinahe um den Verstand. Der Auftakt zu einem turbulenten Saisonfinale!

Eingefleischte Amateurfußballer werden sich in den episodenhaften Geschichten über den TSV Weiherfelden mit einem wissenden Schmunzeln an die eine oder andere legendäre Anekdote aus dem eigenen Verein erinnern.

Der Forchheimer Autor Jonas Philipps spazierte während seiner Elternzeit regelmäßig kinderwagenschiebend an einem Sportplatz vorbei. Viele Geschichten aus seiner eigenen Fußball-Zeit erweckten Erinnerungen aus der damaligen Vereinszeit. Kurzerhand setzte er sich zu Hause an den Schreibtisch und klopfte seinen Sportroman Sonntagsschüsse in die Tasten.

Wer selbst oft auf dem Sportplatz steht, im Verein trainiert oder gerne Bücher aus Franken liest, wird von diesem witzigen Sportroman begeistert sein. Jetzt kaufen und die schönsten Geschichten aus dem Amateur-Fußball aufleben lassen!

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