Der Ministerrat hatte sich in seiner Sitzung am Dienstag wiederholt überhaupt
nicht zum weiteren Vorgehen im Wettkampfsport oder zu Rahmenbedingungen für die
Wiederaufnahme des Wettkampfspielbetriebs geäußert – und ist damit nicht auf
die mehrfach kundgetanen Forderungen des BFV eingegangen. So fehlt den
Amateurfußballer*innen im Freistaat weiterhin jedwede Perspektive, allmählich
nehmen auch die Auswirkungen nicht nur in wirtschaftlicher Sicht höchst
besorgniserregende Formen an: Ersten Erhebungen zur Folge brechen den Vereinen
gerade in den jüngsten Jahrgängen immer mehr Kinder weg, im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum sind es bei den F-Junioren nahezu 20 Prozent weniger, Tendenz
steigend.
"Politik bleibt Antwort weiterhin schuldig!"
„Wir haben den Kurs der bayerischen Staatsregierung in der Vergangenheit stets
mitgetragen und für sehr verantwortungsvoll befunden. Wir haben akzeptiert,
dass wir – anders als unsere Freunde in den benachbarten Landesverbänden – bis
Anfang September keinen Wettkampfspielbetrieb aufnehmen durften. Wir haben uns
mit Trainingsspielen ohne Zuschauer zufriedengegeben, wir haben verstanden,
dass die Zuschauerfrage behutsam diskutiert werden muss, wir haben mit größter
Sorgfalt Hygienekonzepte entwickelt und der Staatsregierung vorgelegt. Wir
waren der Auffassung, die Voraussetzungen geschaffen zu haben, dass der
Spielbetrieb ab dem 19. September 2020 wieder aufgenommen werden darf. Leider
ohne Erfolg. Es ist für die meisten nicht nachvollziehbar, dass wir aktuell den
Spielbetrieb nicht starten können, obwohl die Staatsregierung es längst wieder
erlaubt, beispielsweise Konzerte oder Gottesdienste unter freiem Himmel zu
veranstalten und dabei sogar bis zu 400 Zuschauer zugelassen sind. Nur ein paar
Kilometer weiter in unseren Nachbarbundesländern wird längst wieder vor einer
begrenzten Anzahl an Zuschauern gespielt. Und in jedem Schwimmbad und an jedem
Badestrand tummeln sich mehr Menschen als bei den meisten Amateurfußballspielen
rund um das Spielfeld Zuschauer stehen würden. Warum dies so ist? Wir können es
nicht sagen! Denn diese Antwort bleibt uns und Euch die Politik nach wie vor
schuldig. Dass wir stets die aktuellsten Zahlen der Neu-Infizierten im Blick
haben, steht dabei außer Frage. Dennoch sollte gleiches Recht für alle gelten,
so zumindest unsere Meinung im BFV-Vorstand“, schreibt BFV-Präsident Rainer
Koch in seinem Wahl-Aufruf an die Vereine: „Nach heutigem Stand ist davon
auszugehen, dass der Ministerrat in den nächsten zwei Wochen keine weiteren
Lockerungen beschließen wird, was – unter Berücksichtigung einer für den
Spielbetrieb zwingend erforderlichen Vorlaufzeit – Amateurfußball in Bayern im
Monat September unmöglich macht. Ein Umstand, der für Euch und Eure Vereine
bereits jetzt existenzielle Folgen hat und noch haben wird – wirtschaftlicher
Natur, aber auch hinsichtlich mehr und mehr fernbleibender Frauen und Männer,
Jungen und Mädchen“, erklärt Koch, der betont, dass es gerade jetzt ganz
besonders wichtig ist, dass Vereine und Verband mit einer klaren Stimme
sprechen: „Es braucht jetzt Euch alle, um noch genauer zu wissen, welche Wege
wir als Euer Verband in den nächsten Tagen einschlagen sollen, um ans Ziel und
zu einer Gleichbehandlung zu gelangen. Und wir brauchen Euch alle, um eine
breite Diskussion überall in Bayern führen zu können.“
Online-Infoseminare am Freitag
In einem offenen Brief an seine Mitgliedsvereine hatte der BFV bereits am 21.
August 2020 zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie informiert und offen
dargelegt, dass der Verband die Grundlage für einen Re-Start im September 2020
geschaffen hat. Dem zuständigen Staatsministerium des Innern, für Sport und
Integration (StMI) hatte der BFV dazu bereits am 13. August 2020 ein
entsprechend detailliert ausgearbeitetes Hygiene-Musterkonzept für einen
Re-Start mit einer begrenzten Anzahl an Zuschauern – wie sie beispielsweise bei
kulturellen Freiluft-Veranstaltungen in Bayern ausdrücklich erlaubt sind –
vorgelegt. Erst am vergangenen Sonntag hat der BFV in einem Schreiben ans
Innenministerium nochmals sehr klar auf die Ungleichbehandlung hingewiesen und
dabei deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es hierbei nicht um eine Sonderrolle
für den Amateurfußball geht, sondern vielmehr darum, Gleichheit herzustellen.
Entsprechend ist die noch bis zum kommenden Montag, 7. September 2020, 10 Uhr,
freigeschaltete Umfrage ausgelegt. In zwei zusätzlichen Online-Infoseminaren
wird Rainer Koch an diesem Freitag (16.30 Uhr, 18.30 Uhr) zusammen mit
Schatzmeister Jürgen Faltenbacher alle interessierten Vereinsvertreter in ganz
Bayern nochmals über den Stand der Dinge informieren und Hintergründe erklären.
„Dabei geht es uns insbesondere auch darum, von Euch zu erfahren, ob wir als
letzte Möglichkeit jetzt auch noch den Rechtsweg beschreiten und in der Tat
Klage erheben sollen. Wie gesagt, es geht keineswegs um eine Sonderrolle für
den Fußball, sondern um gleiches Recht für alle. Wir bleiben dabei: Die
Gesundheit aller steht an erster Stelle. Worin sich aber ein Konzert- oder
Gottesdienstbesucher von einem Sportplatz-Zuschauer unterscheidet, wissen wir
nicht und deshalb sagen uns unsere Fachanwälte, dass eine Klage gegen die
Ungleichbehandlung des Amateurfußballs durch die Bayerische
Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gute Erfolgsaussichten hätte. Aber, und das
ist mir wichtig: der Gang vor Gericht ist immer nur das letzte Mittel, das heißt,
wir wollen weiterhin im Gespräch mit der Staatsregierung bleiben und hoffen
weiterhin auf eine schnelle Lösung für den Amateurfußball in unserem Sinne“,
schreibt Koch.
Folgende drei Fragen werden in der Online-Umfrage zur Abstimmung gestellt:
1. Halten Sie diese Entscheidung
der Staatsregierung, Wettkampfspiele im bayerischen Amateurfußball nach
wie vor nicht zu erlauben und auch keine Zuschauer in begrenztem Umfang
zuzulassen, für richtig?
2. Wollen Sie, dass der
Wettkampfspielbetrieb im Jahr 2020 baldmöglichst wieder aufgenommen wird
und der BFV sich dafür einsetzt?
3. Soll
der BFV rechtlich gegen das Verbot des Wettkampfspielbetriebs im
Amateurfußball vorgehen und gegebenenfalls gerichtlich Gleichbehandlung
mit Freiluft-Kulturveranstaltungen analog § 21 Abs. 2 der Bayerischen
Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geltend machen?
Der BFV wird die Umfrage am Montag entsprechend
rechtzeitig auswerten sowie aufbereiten und damit noch pünktlich vor der
nächsten Sitzung des Ministerrats am Dienstag, 8. September 2020,
veröffentlichen. Die Vereine erklären sich mit ihrer Teilnahme an der Umfrage
dazu bereit, dass die jeweiligen Abstimmungsergebnisse mit Nennung des
Klubnamens gegebenenfalls auch veröffentlicht werden können.