Nadine Großpietsch im Porträt: Vom dritten Jungen zum Torwart-Model - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 08.03.2017 um 12:00 Uhr
Nadine Großpietsch im Porträt: Vom dritten Jungen zum Torwart-Model
MAGAZIN Seit zwei Jahren hütet Nadine Großpietsch das Tor des Bayernligisten FC Pegnitz. anpfiff.info stimmt im Porträt der Woche „Ein Hoch auf...“ die Maschine zwischen den Pfosten des Aufsteigers an. Die 23-Jährige ist eine Feuerwehrfrau auf dem Fußballplatz, die mit unbändigem Willen hoch gesteckte Ziele anstrebt und selbst nach dreckigen Schlammschlachten noch ausgesprochen fraulich aus dem Fünfmeterraum spaziert.
Von Bernd Riemke
Nadine Großpietsch hat das Torhüter-Gen wahrlich in die Wiege gelegt bekommen. Opa Fritz und Papa Bernhard flogen schon für den FC Schnaittach zwischen den Pfosten hin und her, Bruder Dominik (26) tut es aktuell für Kreisligist TSV Neunhof immer noch. „Entweder hat Papa im Garten zwischen Büschen und Bäumen auf mich geschossen oder ich stand auf dem Bolzplatz beim Kicken mit den Nachbarskindern im Tor“, so die 23-Jährige in Erinnerung an eine Kindheit, die früh von der Jagd nach dem runden Leder geprägt war. Bälle statt Puppen lautete das Motto des jüngsten der drei Großpietsch-Sprösslinge, die zwar schnell wusste, wie man so ein Spielgerät richtig fängt, aber trotzdem stets den Wunsch hegte, auch als Feldspielerin aktiv zu sein.

Klassenerhalt zum Abschied aus Schnaittach

Und das nicht einmal schlecht, denn als Rechtsaußen schaffte es der ehrgeizige Blondschopf in die Bezirks- und nach einem Sichtungstraining in Zirndorf gar in die Bayernauswahl. Zu jener Zeit allerdings besuchte Naddl die 6. Klasse des Christoph-Jakob-Treu Gymnasiums in Lauf an der Pegnitz und konnte schulische Verpflichtungen mit gestiegenen fußballerischen Erwartungen nicht mehr unter einen Hut bringen. „Ich bin glücklich mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe, aber es würde mich schon interessieren, wohin mein Weg mich geführt hätte“, so Großpietsch, die ihrem Heimatverein FC Schnaittach lange Zeit treu blieb und sich erst nach dem Aufstieg in die Bezirksliga 2011 und dem gesicherten Last-Minute Klassenerhalt im Jahr darauf einer neuen Herausforderung stellte.

Praktikum beim Club – Wechsel nach Pegnitz


Zu diesem Zeitpunkt galt die Allrounderin längst als perfekte Feuerwehrfrau, die immer genau dort aufgestellt wurde, wo das Team sie am nötigsten brauchte. So stand unter anderem ein Wechsel als Torfrau zum 1. FC Nürnberg im Raum, bei dem Nadine Großpietsch mit trainierte und zugleich nach erfolgreich bestandener Abitur-Prüfung ein Praktikum zur Vorbereitung auf den Studieneinstieg absolvierte. „Anfangs war das total aufregend, später nur noch alltägliche Routine“, beschreibt die gebürtige Lauferin die Begegnung mit Aktiven des Profikaders, die sie gemeinsam mit ihrem großen Bruder Daniel unlängst noch von der Tribüne aus anfeuerte, um ihnen jetzt im Kraftraum des Reha-Zentrums eigene Trainingspläne zu erstellen. Geblieben aus dieser Zeit ist ein silberner Ring, den sie heute noch am Mittelfinger der linken Hand trägt und die Gewissheit, den Kindheitswunsch, Lehrerin zu werden zu den Akten zu legen und sich stattdessen dem Sport-Management zu widmen. Sportlich fiel die Entscheidung seinerzeit zugunsten des FC Pegnitz aus, der die 173cm große Modellathletin nicht erst seit zahlreichen direkten Duellen im Visier gehabt hatte. „Wenn ich es als Feldspielerin nicht schaffe, kann ich mich immer noch ins Tor stellen“, merkt die ehrgeizige Perfektionistin süffisant zu ihrem Transfer zum Landesligisten an, für den sie in der Saison 2012/13 an Sams- und Sonntagen meist auf der offensiven Außenbahn zum Einsatz kam während sie unter der Woche ihr Betriebswirtschaftsstudium Studium im baden-württembergischen Heilbronn eifrig vorantrieb.

An Nadine Großpietsch im Tor des Bayernligisten FC Pegnitz ist so schnell kein Vorbeikommen.
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„Noch ein Gläschen Sekt, Herr Ballack?

Diese Doppelbelastung ging auch am sportlichen Multitalent nicht spurlos vorüber. Nicht zuletzt aufgrund des beruflichen Einstiegs bei einem Sportartikelhersteller im nahe gelegenen Herzogenaurach legte Nadine Großpietsch eine schöpferische Pause auf dem Fußballplatz ein. Im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit Eventmarketing - Welche Faktoren tragen zur Umsetzung eines erfolgreichen Events bei war sie Teil des Teams, das die Schwimm-Europameisterschaft in Berlin im Sommer 2014 begleitete und betreute ein Jahr später anlässlich des Champions-League Finals in Berlin für ihren Arbeitgeber rund 800 Ehrengäste. Als CEO Herbert Hainer schließlich im September 2016 sein Mandat als Vorstandsvorsitzender der adidas AG niederlegte, bediente der leidenschaftliche Club-Fan als Hostess beim Gala-Dinner bajuwarische Sport- und Politgrößen wie Michael Ballack, Maria Höfl-Riesch, Horst Seehofer oder Edmund Stoiber. Der Einstieg ins Berufsleben war mehr als nur gelungen, doch die Lust auf die Jagd nach dem runden Leder blieb unbefriedigt. Da kam der buchstäbliche Hilferuf des FCP-Trainers Michael Bauerschmitt in der Winterpause der Spielzeit 2014/15 nach einer Torfrau, genau zur rechten Zeit.

Ein Hoch auf das Jahr 2016

Zu allem Überfluss rangierte der FC Pegnitz vor dem Start in das Frühjahr auch noch unmittelbar vor den Abstiegsrängen in der Landesliga Nord. Mit Nadine Großpietsch kehrte jedoch auch der Erfolg zurück. Der Tausendsassa zwischen den Pfosten blieb sage und schreibe 652 Minuten in Folge ohne Gegentor, musste in den verbleibenden zehn Partien lediglich dreimal hinter sich greifen und so katapultierten sich die blau-weißen Damen als bestes Rückrundenteam der Liga mit 23 Zählern aus zehn Partien noch auf einen kaum für möglich gehaltenen 3. Platz im Endklassement. Beflügelt von der Euphorie der Vorsaison landeten die Damen des FC Pegnitz in der Saison 2015/16 einen unangefochtenen Start-Ziel-Sieg, an deren Ende schon vier Spieltage vor Schluss die Meisterschaft in der Landesliga-Nord feststand. Mehr als nur fester Bestandteil, sondern tadelloser Rückhalt der Überflieger-Elf: Nadine Großpietsch. „2016 hat sich vieles von dem ausgezahlt, worauf ich so lange hingearbeitet hab“, fasst die Strahlefrau zwölf Monate zusammen, in denen sie einen ausgezeichneten Studienabschluss hinlegte und zusätzlich mit dem Aufstieg in die Bayernliga einen herausragenden fußballerischen Erfolg feiern konnte, der mit dem erstmaligen Gewinn der mittelfränkischen Hallen-Bezirksmeisterschaft und dem darauf folgenden 3. Platz bei der Bayerischen Meisterschaft unter dem Hallendach noch sein Sahnehäubchen obendrauf bekam. Wer friert uns diesen Moment ein? Besser kann es nicht sein! singt Andreas Bourani in seinem 2014 veröffentlichten Hit „Ein Hoch auf uns“. Es war das Meisterlied der Pegnitzer Frauen und könnte beispielhafter für die jüngste Vergangenheit der Nadine Großpietsch kaum stehen.

Nadine Großpietsch und ihre Brüder. Während Daniel (li.) vor allem im FCN-Fanclub aktiv ist, hütet Dominik das Tor des Kreisligisten TSV Neunhof.
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Prinzessin oder Maschine? Fragen Sie mal in Thenried nach...

In der Bayernliga stehen sowohl die Damen des FCP wie auch die 23-jährige Keeperin längst ihre Frau. Großpietsch trainierte in der Sommerpause mit ihrem Torwarttrainer Karl Hazé durch „wie eine Wahnsinnige“. Headcoach Michael Bauerschmitt bezeichnet sie daher gerne als Maschine, ihre Mitspielerinnen nennen sie liebevoll neckend Prinzessin. „Ja, ich bin eitel, schminke mich und habe lange blonde Haare“, schmunzelt die schlagfertige Ballfängerin angesichts der kleinen Vorurteile, die ihr gelegentlich entgegen schwappen und die zu herunterfallenden Kinnladen führen, wenn sie auf Nachfrage erzählt, dass sie Torhüterin eines Fußball-Bayernligisten ist. „Ich bin auf keinen Fall so, wie ich auf den ersten Blick wirke und ganz sicher alles andere als eine Prinzessin, denn ich schmeiße mich wirklich in jede Schlammpfütze auf dem Fußballplatz“, umschreibt die ehrgeizige Nummer 1 ihre Wesensart, die die aufstiegsambitionierten Kickerinnen des SV Thenried im Laufe der Vorrunde der Bayernliga am eigenen Leib zu spüren bekamen. Enorm ersatzgeschwächt trat Pegnitz gegen die favorisierten Oberpfälzerinnen an und nicht nur Nadine Großpietsch schwante Böses. „Ich war mir sicher, dass wir unser blaues Wunder erleben und ich mir sieben oder acht Dinger einfange“, lässt die Frau mit den Dutzend Fangarmen eine Partie Revue passieren, in der die gegnerischen Angreiferinnen reihenweise in eins-gegen-eins-Situationen an ihr verzweifelt sind. Trotz Dauerbeschuss und Großchancen beinahe im Minutentakt hielt Großpietsch ihren Kasten nach dem Wechsel sauber und Pegnitz – das im zweiten Durchgang selbst nur zweimal vor des Gegners Gehäuse auftauchte – drehte nach einem 1:2-Pausenrückstand eine schier unglaubliche Partie in einen 3:2-Sieg. „Das war meine Halbzeit“, blickt die durchtrainierte Vollblutfußballerin mächtig stolz auf 45 Minuten, in denen sie ihre herausragenden Stärken eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte. Als mitspielende Torfrau, die aufgrund ihrer Vergangenheit als Feldspielerin auch mit dem Ball am Fuß entsprechend umgehen kann, überzeugt Nadine Großpietsch darüber hinaus mit ihrer Reaktionsschnelligkeit auf der Linie.

Im modernen Fußball ist ein technisch versierter Keeper zwar keine Seltenheit, doch die Tofrau des FCP bleibt eine Frau der Gegensätze. „Eigentlich war ich der dritte Junge in der Familie“, lacht sie heute selbst über ihre Bolzplatz-Vergangenheit, die dennoch nicht verhindern konnte, dass aus dem Fußball spielenden Mädchen eine attraktive junge Frau geworden ist. „Geschminkt und gestylt kommt sie über den Platz geschwebt – und sie stört es auch nicht, wenn der Dreck an ihr klebt“, sprach der Nikolaus 2016 und traf damit voll ins Schwarze. „Es sind diese Gegensätze, die mich ausmachen“, sagt Nadine Großpietsch strahlend und vergoldet sich und ihrem Team damit den Tag – das wusste auch schon Andreas Bourani.

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Leser-Kommentare


Steckbrief N. Großpietsch

Nadine Großpietsch
Spitzname
Naddl
Alter
30
Geburtsort
Lauf
Wohnort
Schnaittach
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
173 cm
Gewicht
58 kg
Beruf
Sportmanagement
Hobbies
Joggen, Fitness, Snowboard, Wandern.
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Torwart


Entweder...oder

Highheels oder Fußballschuh
Das ist fies. In der Disco trage ich schon auch mal hohe Absätze, aber Fußball ist meine Leidenschaft. Ich war eigentlich der dritte Junge in der Familie und habe auch nie mit Puppen gespielt oder Kleider angezogen.
Strand oder Berge
Ich bin ein Erlebnismensch und mag beides. Wir gehen jedes Jahr Motorradfahren. Da hock ich aber nur hinten drauf. Ansonsten genieße ich Wandern im Allgäu genauso wie einen Strandurlaub. Als nächstes ist eine Rundreise durch die USA geplant.
Rinderfilet oder Hamburger Royal TS
Ich esse äußerst selten Fast-Food und achte darauf, dass ich mich gesund und figurbewusst ernähre. Meine Mahlzeiten richte ich ein stückweit auch nach dem Training aus, damit ich dann entsprechend fit bin.
FCN oder FCB
Ich bin als Club-Fan groß geworden und bin mit meinen Brüdern oft mit dem Zug ins Stadion gefahren. Ich habe mich da schon immer verbunden gefühlt ? nicht erst seit ich später ein Praktikum beim FC Nürnberg absolvieren durfte.

Bilder-Galerie


Top Fünf von Nadine Großpietsch

Top-Auto
Audi A3
"Das Jahr 2016 war für mich ein sehr erfolgreiches Jahr. Ich habe mein Studium abgeschlossen, wir sind aufgestiegen. Da dachte ich, aller guten Dinge sind drei und habe noch ein neues Auto rausgelassen. Durch meinen Freund bin ich in die Audi-Welt eingetaucht und habe mir jetzt auch meinen ersten gegönnt."
Top-Song
Ein Hoch auf uns von Andreas Bourani
"Das kam 2014 raus und wir hatten es als Einlauflied beim Spitzenspiel gegen ETSV Würzburg. Wir haben 1:2 verloren. Würzburg ist aufgestiegen, wir nicht. Bis zum letzten Sommer habe ich dieses Lied immer mit dem verpassten Aufstieg verbunden. Dann haben wir aber selbst den Aufstieg gegen Reitsch perfekt gemacht – natürlich zu diesem Lied, das mich seither sehr emotional an die Meisterschaft erinnert."
Top-Getränk
Mönchshof-Radler
"Das gibt es bei uns immer und überall. Zum Aufstieg in die Bayernliga durften wir uns ins goldene Buch der Stadt eintragen. Auch da gab es zum Anstoßen keinen Sekt, sondern Mönchshof-Radler."
Top-Film
Pearl Harbour
"Mir gefällt die Mischung aus einem Liebesdrama und dem Drama des Krieges. Ich habe diesen Film bestimmt schon fünfzehnmal gesehen, aber er wird einfach nie langweilig."
Top-Fußballer
Toni Kroos
"Er ist erfolgreich, ehrgeizig und einfach ein megastarker Mittelfeldspieler, dem ich gerne zuschaue. Dabei wirkt er sehr natürlich und kein bisschen abgehoben."

Saisonbilanz N. Großpietsch

 
19/21
1
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18/19
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0
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17/18
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1
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16/17
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15/16
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15/16
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0
R
0
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13/14
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0
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4
2
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12/13
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0
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6
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10/11
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Gesamt
125
1
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12
13
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Hintergründe & Fakten



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