Schiedsrichterboss Walter Moritz: Tandemschiedsrichter als Zukunftsmodell - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 13.10.2016 um 18:00 Uhr
Schiedsrichterboss Walter Moritz: Tandemschiedsrichter als Zukunftsmodell
„Ohne Schiri geht es nicht“ oder „Seid fair zum 23. Mann“; mit solchen Hilferufen wenden sich Bayerns Fußballschiedsrichter an die Vereine. Doch Jahr für Jahr verhallen solche Aufrufe ungehört. In der jüngsten Schiedsrichtersitzung konnte der Obmann der Schiedsrichtergruppe Erlangen nun Bayern höchsten Schiedsrichterboss Walter Moritz zu einem Gastvortrag begrüßen.
Von Alexander Hitschfel
Wenn Bayerns oberster Schiedsrichterboss Walter Moritz den Schiedsrichtergruppen einen Besuch abstattet, sind die Versammlungen oft gut besucht, so auch beim Besuch von Moritz in der Oktobersitzung der Schiedsrichtergruppe Erlangen. Der Saal des FSV Erlangen-Bruck platzte aus allen Nähten, als Verbandsschiedsrichterobmann Walter Moritz zum Kurzbesuch der Gruppe Erlangen ankündigte. Bevor Moritz jedoch ans Rednerpult durfte, sorgte der Erlangern Gruppenobmann Manfred Kettler für die Einführung in das Thema.

Manfred Kettler
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Akuter Schiedsrichtermangel

Kettler wies nochmals daraufhin, dass man aktuell von einem akuten Schiedsrichtermangel reden könne, der so weitreichende Folgen habe, dass man derzeit nicht mehr alle Spiele mit Schiedsrichtern besetzen könne. Sowohl bei Partien der Alt-Herren-Mannschaften, als auch in den B-Klassen und vereinzelt auch bei den jüngeren Nachwuchsfußballern werden die Spiele nicht mehr durch Unparteiische besetzt, einfach deswegen, weil den Schiedsrichtern der Nachwuchs fehlt, so Kettler, der gleichzeitig an die Vereine appellierte aus den eigenen Reihen doch geeignete Sportfreunde zu melden, die sich zum Schiedsrichter ausbilden lassen. Sowohl im Alt-Herren-Bereich, als auch bei den B-Jugend- oder A-Jugendmannschaften sei hier Potenzial vorhanden, welches man als Verein abrufen könnte, so Kettler.

Faires Miteinander

Wichtig sei auf dem Sportplatz „fair“ miteinander umzugehen, so Kettler und verurteilte die sich in den letzten Fußballsaisonen immer häufiger zunehmenden tätlichen Angriffe auf Unparteiische. Auch in der aktuellen Spielsaison sei es wieder zu mehreren Vorfällen solcher Art gekommen. Erst jüngst habe wieder ein Spieler aus Wut über eine Entscheidung des Schiedsrichters ihm die Gelbe und Rote Karte aus der Hand geschlagen. Für Obmann Kettler ein klarer Fall: „Spielabbruch“. Der Erlanger Obmann appellierte hier an die Sportgerichte bei Vergehen gegen die Schiedsrichter mit entsprechenden Urteilen für Abschreckung zu sorgen.

Walter Moritz zu Besuch in Erlangen. v.l. Gerhard Pech (Obmann Mittelfranken), Walter Moritz (Verbandsschiedsrichterobmann), Manfred Kettler (Obmann Erlangen)
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Moritz: "Respekt und Fairplay"

Verbandsschiedsrichterobmann Walter Moritz hatte seinen Vortrag auch unter das Motto „Schiedsrichterneugewinnung“; aber auch „Bestandssicherung“ gestellt. Man bilde Jahr für Jahr deutschlandweit tausende Schiedsrichterneulinge aus, aber man verliere sie schon nach kurzer Zeit wieder, zeigte Moritz auf. Er forderte von den Vereinen „Respekt und Fairplay“ gegenüber dem Schiedsrichter ein. Der Job des Schiedsrichters sei es eben auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, so der Verbandsschiedsrichterobmann. Dazu gehöre eben auch in der 90. Spielminute eine Rote Karte für die Heimmannschaft wegen der Verhinderung einer hundertprozentigen Torchance zu zeigen; auch beim wenn die Gastgeber bereits mit 6:0 zurückliegen würden. Die Regeln würden eben von der ersten bis zur letzten Minute gelten. Die anwesenden Schiedsrichter forderte er auf, eben nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, sondern den Regeln – wie im Regelwerk vorgesehen – Geltung zu verschaffen. Oftmals würden es sich die Schiedsrichter auch das Leben selbst schwermachen, wenn die Regeln unterschiedlich ausgelegt würden und dann eine Woche später wieder ein Schiedsrichter zum Verein komme, der die Regeln entsprechend durchsetze.

Walter Moritz
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„Guter Schiedsrichter – Böser Schiedsrichter“

Dies führe bei den Vereinen frei nach dem Motto „Guter Schiedsrichter – Böser Schiedsrichter“, dann zu einem falschen Bild, so Moritz. Warum hören aber soviele Schiedsrichter nach kurzer Zeit wieder auf? Rein statistisch würden sich die Deutschen alle sieben Jahre ein neues Hobby suchen, auch im Schiedsrichterwesen. Einmal Schiedsrichter, immer Schiedsrichter gelte also nicht für viele Sportfreunde. Außerdem würden die oftmals derben Übergriffe auf die Unparteiischen, sei es verbaler oder körperlicher Natur, ihr Übriges dazu tun, warum Schiedsrichter nach einiger Zeit die Pfeife wieder an den Nagel hängen. Um Schiedsrichter bei der Stange zu halten, müsse man aber auch schiedsrichter-intern sich neu aufstellen. Man müsse überdenken ob der bisherige Schiedsrichter-Neulingslehrgang über viele Abende in dieser Länge überhaupt noch aufrechterhalten bleiben soll, oder ob man die Ausbildung nicht straffen könne. Außerdem empfahl Moritz das jetzt immer zielgruppenorientierter fort- und auszubilden. Wenn so mancher Fußball-Fan den Fußballschiedsrichter zukünftig doppelt sieht, dann ist es keine optische Sinnestäuschung.

Tandem-Schiedsrichter als Zukunftsmodell?

Immer mehr Schiedsrichtergruppen setzen – zur besseren Ausbildung junger Nachwuchsschiedsrichter – auf sogenannte „Tandem-Schiedsrichter“. Dabei stehen ein erfahrener und ein Nachwuchsschiedsrichter gleichzeitig auf dem Spielfeld. Das Spiel wird eigentlich vom Nachwuchsschiedsrichter geleitet und vom erfahrenen Schiedsrichter unterstützt. Auf eine Frage eines Schiedsrichters, ob sich der Bayerische Fußballverband nicht auch dem Regelwerk des niedersächsischen Fußballverbandes anschließen könne, wonach es auch im Amateurbereich nach der fünften Gelben Karte automatisch ein Spiel Sperre gebe, konnte Moritz auch etwas Positives abgewinnen. „Die Werthaltigkeit einer Gelben Karte als Spielstrafe werde dadurch merklich gesteigert“, war der Verbandsschiedsrichterobmann der Meinung. Bezirksschiedsrichter Gerhard Pech, der an diesem Abend ebenfalls mit nach Bruck gekommen war, appellierte an die Schiedsrichtergruppen eine intensive Talentsichtung vorzunehmen. Außerdem merkte er an, dass der Job eines Schiedsrichters zur Persönlichkeitsbildung von jungen Menschen beitrage.

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Steckbrief W. Moritz

Walter Moritz
Alter
58
Geburtsort
Haßfurt
Wohnort
Haßfurt
Familie
verheiratet, 0 Kinder
Nation
Deutschland
Beruf
Technischer Angestellter
Erfolge
SR in der Bayernliga; Träger der DFB-Verdienstnadel und der Verbands-Ehrennadel in Gold
1994 - 2010 Gruppenlehrwart in Haßfurt
2002 - 2014 Mitglied im Verbandslehrstab
Seit 2014     Verbands-Schiedsrichterobmann


Hintergründe & Fakten

Personendaten
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