Gattendorf mit Inklusionsteam: Auf dem Platz sind alle Spieler gleich - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 24.10.2017 um 12:00 Uhr
Gattendorf mit Inklusionsteam: Auf dem Platz sind alle Spieler gleich
Der Fußball-Kreisklassist SG Gattendorf hat jetzt eine etwas andere zweite Elf: Das Team besteht zur Hälfte aus Menschen mit Behinderung. Am Samstag gab es nun gleich das erste Spiel der Inklusionself. Ein Novum in Bayern.
Von Hans-Jürgen Wunder
Das hat es bisher im regulären Spielbetrieb der bayerischen Fußballlandschaft nicht gegeben: Eine Mannschaft, die zur Hälfte Spieler in ihren Reihen hat, die - zumeist geistig - behindert sind. Die SG Gattendorf macht es nun vor. Mit ihrer zweiten Mannschaft, die dank der jungen Männer aus den Hochfränkischen Werkstätten nun wieder für eine Punkterunde angemeldet werden kann. Sie gehen nach der Winterpause in der A-Klasse Hof Nord 2 an den Start - erst einmal außer Konkurrenz.
Der gut 370 Mitglieder starke Verein der 1200-Seelen-Gemeinde im Landkreis Hof greift damit den Gedanken der Inklusion auf: dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört, egal, wie er aussieht, welche Sprache er spricht oder ob er eine Behinderung hat. Der, der dies initiiert hat, ist Horst Lang. Er ist seit ein paar Wochen der Fußball-Abteilungsleiter bei der SG Gattendorf. Und zugleich betreut er die beiden Hobby-Fußballteams der Hochfränkischen Werkstätten am Hofer Lernhof, die unter dem Namen "Südring Kickers" spielen. Die Idee für die Inklusionsmannschaft hatte Lang, als er sah, dass bei der SG zwar oft 17, 18 Spieler trainierten, aber am Wochenende bestenfalls gut die Hälfte zum Einsatz kam. Das wollte er ändern. Und mit seinem Vorschlag, Spieler der "Südring Kickers" nach Gattendorf zu holen und damit wieder eine zweite Mannschaft als Unterbau für die Kreisklassen-Elf auf die Beine zu stellen, rannte er im Verein offene Türen ein.

Gespannte Erwartung vor dem ersten Auftritt der Inklusionsmannschaft
Michael Ott

Ein besonderes Team

Lang hatte es nicht anders erwartet. Die SG Gattendorf sei ein "offener, sozial aktiver Verein", stellte SG-Ehrenvorsitzender Ronald Kemnitzer am vergangenen Samstag fest. Als kleines Fest mit zahlreichen Ehrengästen - darunter neben anderen der Hofer Landrat Dr. Oliver Bär, Bürgermeister Stefan Müller, Norbert Opitz, der stellvertretende Vorsitzende der Lebenshilfe Hof oder auch der BFV-Gruppenspielleiter Peter Kempf - inszenierte die Gattendorfer Sportgemeinde die Begrüßung ihrer neuen Spieler und damit die Neuinstallation der zweiten Mannschaft, dieses besonderen Teams, in dem Inklusion praktisch gelebt wird. Drei Trainingseinheiten haben die Spieler der Südring-Kickers schon mit ihren neuen Sportfreunden auf dem Platz gestanden. Ihr neuer Trainer Holger Strobel war noch nicht dabei. Der 46-Jährige wird die Mannschaft vor allem bei den Spielen am Wochenende betreuen. Für ihn eine Herausforderung, der er sich gern stellt. "Es sind ja alles keine fußballerischen Anfänger. Ich weiß, dass alle super aufgenommen wurden." Das bestätigt auch der Trainer der Kreisklassen-Mannschaft, Gerhard Müller. Er leitet die beiden wöchentlichen Übungseinheiten für die erste und zweite Mannschaft. "Die Jungs aus der Lebenshilfe haben richtig Schwung und eine große Begeisterung ins Training mitgebracht. Die sind alle mit Herz dabei." Und mancher sei "richtig gut", habe er schon festgestellt.

Holger Strobel kümmert sich um die neue Mannschaft.
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Große Fußballbegeisterung

Das war auch nicht anders zu erwarten. Alle sechs Neuzugänge spielen schon seit Jahren Fußball bei den "Südring Kickers". Timo Goldfuß hat sogar als Achtjähriger schon erstmals im Verein an den Ball getreten. Er, der Fan des 1. FC Nürnberg ist, arbeitet in der Jugendherberge in Hof, auf dem grünen Rasen fühlt er sich im offensiven Mittelfeld oder auf der rechten Außenbahn am wohlsten. Er war gleich dabei, als Horst Lang ihn fragte, ob er nach Gattendorf kommen wolle. "Ich hoffe, dass wir uns durch das Training auf ein besseres Niveau hieven können, damit wir bei den Special Olympics im Mai nächsten Jahres in Kiel größere Chancen haben."
Goldfuß und die anderen aus den Werkstätten trainieren ab sofort drei Mal pro Woche. Denn neben den beiden Einheiten bei der SG wollen sie jeweils mittwochs auch noch bei den "Südring Kickers" auf dem Platz stehen. Der Gattendorfer Cheftrainer Gerhard Müller mag deshalb gar nicht ausschließen, den ein oder anderen einmal hochzuziehen in die erste SG-Elf. "Es geht dabei ausschließlich um die Leistung", betont er. Auch diese Aussage unterstreicht, was Inklusion meint: Es geht nicht um Mitleid, es geht darum, jeden in seiner Persönlichkeit mit allen Stärken und Schwächen ernst zu nehmen. Am Samstag gab es nun gleich das erste Spiel der Inklusionself. Gegen die Altherren-Mannschaft der SG musste sie eine 3:5-Niederlage quittieren. Doch wer wollte schon angesichts der bahnbrechenden Premiere auf dem grünen Rasen aufs Ergebnis schauen? "Es ist viel Theorie dabei, wenn es um Inklusion geht, es muss aber auch mal einfach gemacht werden", hatte Landrat Bär in seinem Grußwort zuvor die Richtung vorgegeben.  "Auf dem Platz sind ohnehin alle gleich", sagt Jeffrey Schmittnägel nach dem Spiel. Der 27-Jährige ist der Kapitän der zweiten SG-Mannschaft, dieser besonderen Elf, der Inklusionsmannschaft. Schmittnägel freut sich auf die kommenden Spiele: "Das ist eine tolle Geschichte."

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Daten SG SW Gattendorf

SG SW Gattendorf
Gründung: 1945
Mitglieder: 380
Farben: schwarz-weiß
Abteilungen: Fußball, Tischtennis, Biken, Yoga, Lauf und Fitnessgruppe, Kinderturnen, Ski


Team-Ansprechpartner

Spielleiter(in) 1. Mannschaft
Mobil: 0171-7953392
Spielleiter(in) 1. Mannschaft

Sportstätte SG SW Gattendorf

SG Sportplatz
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95185 Gattendorf
"Alter Fußballplatz" / Trainingsplatz
Langenbachstr.
95185 Gattendorf
Trainingsplatz

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Sportheim SG Gattendorf
Gumpertsreuther Str. 12
95185 Gattendorf
Telefon: 092811440637
Sky-Übertragung: ja
Biersorte(n): Scherdel
Warme Speisen nach Spiel: ja


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