Einwurf - die Fußball-Glosse: "Jungs, verkauft euch so teuer wie möglich!" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 23.08.2017 um 12:00 Uhr
Einwurf - die Fußball-Glosse: "Jungs, verkauft euch so teuer wie möglich!"
MAGAZIN Fast jeder Fußballer hat im Laufe seiner Karriere vor manchem Spiel von seinem Trainer den Satz gehört: "Jungs, verkauft euch so teuer wie möglich!" Niemandem ist das allerdings so gut gelungen, wie zuletzt Neymar... Eine Anleitung für wechselwillige Fußballer! Denn noch bis Ende August kann als Vertragsamateur gewechselt werden.
Von Markus Schütz
Vertrags-Amateur! Nicht zu verwechseln mit Vertrags-ANIMATEUR... So wird scherzhaft der Trainer genannt, weil er heutzutage für ein Rundum-Sorglos-Paket für die Fußballer sorgen muss, damit diese sich unbedingt wohlfühlen. 

Sind Sie wechselwillig?

Das Paradebeispiel eines Wechselwilligen ist derzeit der Dortmunder Dembélé, der das Training schwänzte, um seinen Wechsel zu erzwingen. Dass die Welt in den unteren Ligen dagegen noch in Ordnung ist, zeigt die Tatsache, dass dort die Spieler einfach so das Training schwänzen. Die wollen gar nicht wechseln... Oder vielleicht wollen sie doch wechseln, aber es findet sich kein Verein, der sie haben will. Falls Sie ein sogenannter Wechselwilliger sind, dann ist der Ansatz von Dembélé natürlich grundsätzlich richtig und hier deshalb der erste Ratschlag an Sie: Üben Sie Druck auf den Verein aus! Denn der will Sie natürlich halten, so schlecht können Sie gar nicht sein. Schließlich geht es gerade in der Urlaubszeit eng zu in den Kadern, jeder, der zwei Füße und einen Pass hat, wird gebraucht. Insbesondere die Spiele der Zweiten Mannschaften sind nicht selten absagegefährdet, so dass hier ein Satz zutrifft, der auch für deutsche Ehebetten gelten könnte: Das Vorspiel ist nicht immer gesichert - und fällt manchmal sogar komplett aus!

Nennen Sie stichhaltige Argumente!

Ihr jetziger Verein wird Sie sicher fragen, WARUM Sie wechseln möchten! Gestatten Sie ihm diese Neugier, sparen Sie hier aber nicht mit klaren Worten! Es gibt einige Standardsätze, hier Beispiele:

- "Der Trainer mag mich nicht!" Das ist selbstverständlich die einzige Erklärung, warum er Sie nicht spielen lässt. Die Gründe, die er selbst anführt (Sie waren kaum beim Training, Sie haben fußballerische Mängel) sind oftmals nur vorgeschoben! Bleiben Sie also bei Ihrem Selbstbild: Er mag Sie einfach nicht, basta! Wichtig: Wenn Sie bei den nächsten vier Vereinen auch nicht spielen, dann haben Sie einfach nur das seltene Pech, dass fünf Trainer in Folge Sie einfach nicht mochten. Lassen Sie trotzdem niemals Zweifel aufkommen, etwa die, dass es unter Umständen doch an Ihnen liegen könnte. Im Notfall holen Sie sich Trost und Bestätigung bei den zahlreichen Fußballern, denen es ähnlich geht wie Ihnen - und weiß Gott, da laufen noch ein paar herum! 

- Ähnlich verhält es sich mit dem Satz: "Der Trainer baut nicht auf mich!" Rufen Sie den Trainer ruhig noch in der Nacht nach dem ihrem ersten Spiel (es ist zwar schon das 3. Saisonspiel gewesen, aber in der letzten Vorbereitungswoche und bei den ersten beiden Spielen waren Sie im Urlaub und kamen erst einen Tag vor dem Spiel wohlgenährt zurück) an und sprechen Sie mit einem leichten, aber deutlich erkennbar beleidigten Unterton in den Hörer: "Du hättest auch eher sagen können, dass du nicht auf mich baust!" Der Grund, warum Sie das tun ist logisch: Sie saßen zu Spielbeginn erst einmal auf der Bank und wurden erst in der 70. Minute eingewechselt. 

- "Ich wäre blöd gewesen, wenn ich dieses tolle Angebot ausgeschlagen hätte!" Das Geld, das Sie in Wirklichkeit bekommen, ist eigentlich nicht der Rede wert. Aber das ist egal, denn endlich können Sie zeitlebens den Satz sagen: "Ich habe für Geld Fußball gespielt!" Jetzt trifft er, allgemein gesprochen, sowohl auf Neymar, als auch auf Sie zu - auch, wenn Sie fast 150 Jahre spielen müssten, um das zu bekommen, was Neymar in der Woche bekommt. 

- "Die wollen mich unbedingt!" Eigentlich hatte kein Verein Interesse an Ihnen? Das ist heutzutage kein Problem. Bieten Sie sich einfach selbst an! Nach außen hin verkaufen Sie aber die Version: "Die wollen mich!" Schieben Sie sicherheitshalber noch ein "unbedingt" nach! 

- "Ich wollte mich sportlich weiterentwickeln!" Sehr beliebt! Aber Vorsicht: Schauen Sie sicherheitshalber vorher nach, ob der Verein, zu dem Sie wechseln nicht sogar eine oder zwei Ligen tiefer spielt, als Ihr bisheriger. Ist dem der Fall, dann verändern Sie oben stehenden Satz einfach in: "Die wollen längerfristig mit mir etwas aufbauen!" 

Gründe für das Scheitern eines Wechsels!  

Wichtig ist, dass Sie im Zuge eines Wechsels sagen können: "Wir sind im Guten auseinander gegangen!" Ob das so stimmt, ist eigentlich egal, wäre aber um des lieben Friedens willen natürlich schön. Mögliche Gründe, woran das "Gute" beim Auseinandergehen, schlussendlich aber auch der Wechsel scheitern könnte: 

- Sie waren eine echte Stimmungskanone und ließen es im Sportheim anständig krachen? Ein Fakt, der sicher eine Freigabe des Vereins verhindert, ist: Sie haben noch einen unbezahlten Deckel im Sportheim. Solange diese Rechnung nicht beglichen ist, lässt man Sie eher ungern wechseln.

- Sie sind seit mehreren Jahren mit der Tochter des Vorstands/Trainers und/oder Abteilungsleiters zusammen und die Dame übt sanften Druck auf Sie aus, weil Blut eben dicker als Wasser ist. 

- Die Mannschaft hat zum ersten Mal Trikots mit Namen auf dem Rücken bekommen. Und weil es keinen weiteren Spieler mit ihrem Namen gibt, wäre das aus Sicht Ihres alten Vereins ja rausgeworfenes Geld...

- Ihre (Noch-)Mitspieler haben Sie nachts auf einer Feier erst abgefüllt und wurden dann breit breitgeschlagen, doch beim Verein zu bleiben. Damit Sie jetzt nicht wie ein Waschlappen dastehen, sagen Sie folgenden Satz: "Also gut, überredet, ich schaue mir das jetzt nochmal bis zum Winter ganz genau an!" Tipp: Wenn Sie das konsequent von Außen machen, dann ist Ihr Pass in sechs Monaten sowieso frei. 

Vertragsklauseln: Vorsicht ist geboten!  

Es ist nun also so weit: Es hat sich tatsächlich ein Verein gefunden, der Sie als Vertragsamateur aufnimmt, die Unterschrift steht kurz bevor. Prima! Jetzt haben Sie alle Trümpfe in der Hand. Also verkaufen Sie sich nicht unter Wert - und passen Sie auf, dass Ihr neuer Verein keine Sonderklauseln in den Vertrag einbaut! Im Gegenteil: Lassen Sie sich vertraglich mögliche Leckerlis einbauen. Hier einige Beispiele aus der wunderbaren Welt des Fußballs:

- Rafael van der Vaart bekam 1,6 Millionen Euro dafür, dass er sich verpflichtete, für Betis Sevilla nie in roten Schuhen aufzulaufen - der Farbe des Erzfeindes FC Sevilla. Rote (blaue, grüne, gelbe, pinke) Fußballschuhe sind einfach geil, finden Sie!? Dann streichen Sie diese Klausel! Wichtig ist, dass Sie sich in Ihrem Outfit wohlfühlen und aktuell gilt als Schuh-Trend sowieso: grell is beautiful! 

- Rolf-Christel Guie-Mien bekam in seinem Vertrag bei Eintracht Frankfurt einen vom Verein bezahlten Kochkurs für seine Frau zugesichert. Thema des Kochkurses: Gutbürgerliche, deutsche Küche. Eine sehr lobenswerte Klausel. Scheitert Sie bei Ihnen daran, dass Sie gar keine Frau haben? Versuchen Sie, sich vertraglich eine Frau zusichern zu lassen!  

- Der Norweger Stig Inge Bjornebye war ein großer Skisprung-Fan, der auch selbst schon mal gerne auf Skiern flog. Aufgrund der Verletzungsgefahr verbot ihm deshalb sein Verein FC Liverpool per Klausel vertraglich, sich mehr als 150 Meter einer Skisprung-Schanze zu nähern. Geben Sie also als Hobby bei Ihrem Verein ein ungefährliches an. Wie wäre es, standesgemäß für "einen, der jetzt für Geld Fußball spielt", mit Golf? Obwohl: Torhüter Kasey Keller schlug sich, als er noch beim FC Millwall das Tor hütete, die Vorderzähne komplett aus, als er einen Satz Golfschläger aus dem Kofferraum seines Wagens holen wollte. Sein erstes und wahrscheinlich letztes Hole-in-one...

- Wenn Sie ein ziemlicher Heißsporn sind, der gerne mal über die Stränge schlägt, dann machen Sie es doch wie Mario Balotelli beim FC Liverpool: Er bekam eine Sonderzahlung, wenn er während der Saison weniger als drei Rote Karten bekam und es unterließ, die Gegner anzuspucken. Vielleicht hätte auch der ehemalige englische Profi Lee Bowyer eine zumindest ähnliche Klausel haben sollen. Denn erbost über eine Auswechslung beleidigte er eine ältere Dame am Spielfeldrand so lange, bis deren Enkel die Tränen in die Augen stiegen. Das gehört sich nicht! Achten Sie also streng darauf, wenn Sie nach einer Auswechslung ältere Zuschauer beleidigen, ob deren Enkel in der Nähe sind!

Trau, schau, wem! 

Schauen Sie sich (das gilt sowohl für die aufnehmenden Vereine, als auch für die Wechselwilligen) VORHER genau an, wen Sie da holen bzw. wo Sie da hinwechseln! Es wäre schade, wenn sich kurz nach der Verpflichtung herausstellt, dass sich da hätte prüfen sollen, was sich zwar nicht ewig, aber doch für eine Saison bindet... Auch hier gibt es Beispiele, die auch im Bezug auf den Amateurfußball alles andere als lebensfremd sind:

- Der 1. FC Köln transferierte 1964 José Gilson Rodriguez, Spitzname "Zézé", für die damalige Vereinsrekordablöse von 150.000 DM als ersten Brasilianer in die Bundesliga. Die Euphorie legte sich jedoch schnell: Der Angreifer ergriff nach fünf Spielen und einem Tor wieder die Flucht in die Heimat. Dabei half ihm ein spanischer Arzt, der dem Spieler eine "Schneeallergie" attestierte. Jens Jeremies hätte gesagt, wenn er damals schon gelebt hätte: "Das ist Schnee von morgen!" und Sie werden mit diesem Argument kaum durchkommen, es sei denn, Sie sind zu einem Verein im Fichtelgebirge gewechselt...

- Haben Sie vielleicht einen Bruder ? Dann könnte er zwar einerseits Ihr Trikot beim alten Verein auftragen, auf das zum ersten Mal die Namen aufgedruckt sind, aber es ist auch Vorsicht geboten, wie dieses Beispiel zeigt: Wenig glücklich verlief die Karriere des Rumänen Sabin Ilie bei Energie Cottbus: Trainer Ede Geyer verwechselte ihn mit dessen Bruder Adrian, der damals bei Valencia unter Vertrag stand. Der Stürmer kam insgesamt nur auf zehn Einsätze für Cottbus, nach einer Alkoholfahrt mit 2,05 Promille erhielt er eine fristlose Kündigung. Die 2,05 Promille sollten für Sie kein Problem sein, kein Amateurfußballer wird deswegen aus dem Kader geworfen - aber fahren Sie in diesem Zustand bitte nicht mehr.

- Bitte kontrollieren Sie vor der Vertragsunterschrift, wie groß Sie sind (dies sollte in Ihrem Personalausweis stehen) und geben Sie dem Verein gegenüber ehrlich an, ob Sie nicht vielleicht kleiner geworden sind im Laufe der Jahre (oder gramgebeugt, weil Sie der Trainer nicht mag...). Denn Fußball-Deutschland schmunzelte vor ein paar Jahren über Hannover und seinen geschrumpften Brasilianer Franca. Gekauft als 1,90-Meter-Riese, angekommen ist er als 1,81-Meter-Mann. Und neun Zentimeter, wer weiß das nicht, können schon mal den Unterschied ausmachen...

- Sind Sie ein altgedienter Kämpe, der nicht mehr richtig rund läuft, es aber noch einmal wissen will? Riesengroße Hoffnung bietet für Sie (und für HSV-Profi Nicolai Müller) dann folgende Geschichte: Er kam für 3,5 Mio D-Mark, aber ohne Kreuzband - Stuttgart holte 1999 den Brasilianer Didi vom FC Ituano Sao Paulo. Erst nach Wochen stellten die Ärzte fest, dass er Sportinvalide war. Wir wissen es zwar nicht, wann und wie sein Kreuzband flöten ging, der allseits gefürchtete Hubschrauber-Jubel wird es aber wohl nicht gewesen sein. 
 
Wenn Sie dies also alles beachtet bzw. ausgeschlossen haben, steht einem gelungenen Vereinswechsel nichts mehr im Wege und Sie können - wie einst Torsten Legat - aus voller Überzeugung sagen: "Ich glaube nicht, dass mir der Verein Steine in den Vertrag legt...!" Jetzt muss Sie nur noch der neue Trainer mögen... Wenn nicht, lesen Sie sich diese Hinweise bei jedem Ihrer künftigen Vereinswechsel immer und immer und immer und immer wieder durch! 

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