BFV-Stellungnahme LIVE-Ticker: "Nickende Wackeldackel in einer Kochokratie"?! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 22.07.2014 um 17:56 Uhr
BFV-Stellungnahme LIVE-Ticker: "Nickende Wackeldackel in einer Kochokratie"?!
Am letzten Wochenende hat der Bayerische Fußballverband ein neues Kapitel der Vermarktung seiner ihm zugehörigen Vereine aufgeschlagen: den Live-Ticker auf Bezirksebene. Schon im Vorfeld sorgte dies für einigen Trubel. Das erste Pflichtspielwochenende offenbarte sogleich einige „Verweigerer“. anpfiff.info hat sich in den Vereinen umgehört. UPDATE: Jetzt mit einer offiziellen Stellungnahme des BFV nach dem Artikel!!
Von Bernd Riemke
„Das Fußballspiel, über das es zu berichten gilt, ist – um es verallgemeinernd auszudrücken – eine Leistung des BFV. Die daraus entstehenden Urheberrechte möchte man natürlich lieber selbst vermarkten, als es anderen zu überlassen.“, so Bezirksspielleiter Gerald Schwan gegenüber anpfiff.info kurz vor Beginn der Bezirksliga-Saison 2014/15. Jener Präsidiumsbeschluss soll zunächst sanft, sprich ohne Strafgebühr, eingeführt werden. Mittelfristig – und das soll wohl noch im Laufe dieser Spielzeit der Fall sein – wird der BFV externe Mitarbeiter schicken, die sozusagen Live-Ticker für jene Vereine zu schreiben, die dazu nicht in der Lage sind oder sich schlicht und ergreifend weigern. Diese externen Mitarbeiter sollen dann mit dreißig Euro von den Vereinen vergütet werden. „Der BFV akquiriert dadurch Gelder, die wiederum den Vereinen zu Gute kommen, weil dadurch beispielsweise bestimmte Gebühren nicht mehr erhoben werden“, so Schwan bezüglich der zu prognostizierenden Einnahmen des BFV aus der Live-Ticker-Berichterstattung. Nach dem ersten Ticker-Wochenende hat sich anpfiff.info bei einigen Vereinsvertretern umgehört.

Christian Schnitzer haben sich die "Nackenhaare aufgestellt".
anpfiff.info
Michael Schnitzer (TV Ebern):
Ich war leicht erbost als ich gehört habe, dass der Ticker zur Pflicht und unter Strafe gestellt wird. Wir Vereine bekommen  immer mehr Aufgaben und haben keinen Nutzen davon. Die Betreuer sollen einen Spielberichtsbogen ausfüllen, die Schiedsrichter betreuen, den Gegner willkommen heißen, sich um die eigene Mannschaft kümmern und in naher Zukunft vielleicht sogar in unteren Ligen auf Kreisebene einen Live-Ticker schreiben, während man an der Seitenlinie winkt, weil es ja keine Schiedsrichter-Assistenten gibt.
Ich finde es inzwischen einen Zirkus, was da veranstaltet wird und finde es sehr unglücklich, wie sich der BFV verhält. Sie wollen sich selbst vermarkten und  die Vereine sollen dafür bezahlen. Entweder biete ich einen Live-Ticker freiwillig an oder ich lasse es, aber ich finde es ein Unding, das unter Strafe zu stellen, zumal davon nur der BFV profitiert. Wir Vereine jedenfalls nicht! Die Verantwortlichen brüsten sich damit, dass sie alle Vereine mit Laptops  ausgestattet haben. Aber alles, was jüngst eingeführt wurde, wurde unter Strafe eingeführt. Für viele Vereinsvertreter ist das nicht einsichtig. Mir stellen sich da die Nackenhaare auf. Ich habe mich am Wochenende schon gesträubt einen Live-Ticker zu schreiben und warte nun ab, was passiert.

In meinen Augen ist so ein Live-Ticker keinesfalls Aufgabe des BFV. Die haben glaube ich andere Baustellen, an die sie herangehen müssten. Sie sollten sich besser neu aufstellen und vernünftige Basisarbeit leisten und sich vor allem ihrer Aufgaben besinnen für die sie gewählt wurden.

Wir haben in den letzten Jahren des Öfteren für anpfiff.info getickert und wenn ich auf etwasBewährtes zurückgreifen kann, wieso soll ich mich dann Neuem zuwenden?

Oliver Dotterweich stört sich an der Verbindlichkeit.
anpfiff.info
Oliver Dotterweich (FC Oberhaid):
  Wir haben uns in der Sitzung schon darüber aufgeregt, dass immer wieder neue Aufgaben auf die Vereine abgewälzt werden. Es wird ohnehin immer schwieriger jemanden zu finden, der freiwillig solche Aufgaben übernimmt – selbst vermeintlich kleine Aufgaben, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Die Frage ist doch, wer diesen Live-Ticker künftig verbindlich schreibt. Ab und zu jemanden zu finden dürfte kein Problem sein, aber so ist es eine zusätzliche verpflichtende Aufgabe, die ein Verein erfüllen muss. Die Arbeit in einem Verein bleibt sowieso schon an wenigen Schultern hängen und denen wird immer mehr reingedrückt.

Positiv ist sicher, dass nun jeder aktuell schauen kann, wie es auf anderen Plätzen steht. Ob es die Aufgabe des BFV ist? Wenn es meinem Chef gut geht, dann geht es mir auch gut. Sicherlich profitieren wir Vereine davon, wenn der Verband finanziell gut dasteht, weil dann auch für uns wieder etwas übrig bleibt und an  die Vereine  ausgeschüttet wird. Deswegen finde ich es grundsätzlich nicht falsch, wenn hier neue Wege gesucht werden, um Gelder einzunehmen. Die Verbindlichkeit ist es eben, die mich stört.

Harald Förtsch (SV  Memmelsdorf): Ich war total verwundert als ich das auf der Tagung zum ersten Mal gehört habe und das ging vielen so, mit denen man sich unterhalten hat. Man muss sich einmal überlegen, wie viele Leute man braucht, um eine Fußball-Mannschaft funktionieren zu lassen: Das fängt beim Trainer an, geht über den Betreuer und letztlich auch einen Stadionansager oder einen Berichterstatter für die Medien. Jetzt brauchen wir noch einen mehr, der umsonst etwas für den Verein tut und das ist eine Aufgabe, von der ich überzeugt bin, dass sie nicht jeder Verein lösen kann.

Sicher, das Ergebnis ist Bestandteil eines Fußballspiels und wenn man etwas für das Publikum bieten kann, ist das absolut in Ordnung. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass der BFV  das nicht machen müsste. Das ist eine übertriebene Sache, die ich nicht unbedingt befürworte.

"Wer den Live-Ticker liest, braucht nicht mehr als Zuschauer ins Stadion", meint Harald Weißbrodt.
anpfiff.info
Harald Weißbrodt (FC Mitwitz):
Ich habe mich auf der Tagung klar dagegen ausgesprochen, weil mir der Zwang widersprochen hat. Wir Vereine graben uns dadurch selbst das Wasser ab, weil wir es unseren Zuschauern jetzt noch einfacher  machen zu Hause Formel 1 oder Bundesliga zu gucken und die Ergebnisseder Bezirksliga  im wahrsten Sinn des Wortes auf dem „Tablet“ präsentiert zu bekommen.

Wir haben jedenfalls keinen Verantwortlichen, Trainer oder Spielleiter, der das auch noch übernehmen kann. Also muss ich wieder jemand extra dafür einstellen, der das für eine Maß Bier und ein Paar Bratwürste macht. Ab nächster Saison soll das auch auf Kreisebene kommen. Ich weiß nicht, wie ein A-Klassen-Verein mit zwanzig Zuschauern das hinkriegt und wen das überhaupt interessiert. Wir haben am 1. Spieltag unter Zwang mitgemacht. Ob wir das weiterhin machen werden, steht in den Sternen. Denn genau dieser Zwang ist es, der mich am meisten stört. Wir Vereine sind im Vorfeld überhaupt nicht gefragt worden. Es gab keine Abstimmung darüber. Aber beim BFV leben wir auch in keiner  Demokratie, sondern in  einer Kochokratie.

Mit einem Live-Ticker werden einzig Gelder generiert, die dem BFV zu gute kommen. Für die Vereine fällt  dabei gar nichts ab. Wir haben selbst seit ein  bis zwei Jahren unter anderen bei anpfiff.info getickert. Leute, die das lesen bezahlen schließlich auch dafür und wir Berichterstatter erhalten davon auch einen kleinen Anteil in Form eines Freiabbos und einer Anerkennungsprämie am Ende der Saison. Warum der BFV jetzt auf diesen Zug aufspringt ist  mir klar – hier werden die besagten  Werbeeinnahmen generiert.

Meiner Meinung nach ist das auch überhaupt nicht Aufgabe des BFV, aber in Bad Gögging saßen wieder nur die nickenden Wackeldackel, wie sie in den 1970er Jahren auf der Hutablage im Auto zu finden waren! Ich weiß auch nicht, ob das rechtlich überhaupt haltbar ist. Das wird sich weisen. Ich denke schon, dass da früher oder später jemand dagegen vorgehen  wird.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - 

Von BFV-Seite liegt anpfiff nun eine Stellungnahme zum hier veröffentlichten Artikel vor: 

Der BFV über…

…die Kritik einiger Vereine und den Hintergrund des BFV-Livetickers:


Die zum Teil zum Ausdruck gebrachte ablehnende Haltung einiger Vereine aus den Bezirksligen resultiert aus Sicht des BFV vor allem daraus, dass einzelne Vereinsvertreter die nachvollziehbaren Gründe für den BFV-Liveticker noch nicht kennen. Wir werden deshalb weiter Aufklärung betreiben, so dass jeder versteht, warum der BFV-Liveticker absolut Sinn macht.
Unbestritten ist, dass der Liveticker eine moderne und attraktive Möglichkeit der Außendarstellung ist. Wir haben den BFV-Liveticker ja bereits zur letzten Saison eingeführt und die Zugriffe und das Feedback zeigen, dass die Aktiven, die Amateurfußballfans und Medienvertreter dieses Angebot nicht nur wahrnehmen sondern mittlerweile auch erwarten. Der Liveticker macht Sinn und diese Meinung hat der BFV nicht exklusiv. Unbestritten gibt es auch kommerzielle Anbieter, die dieses Feld für sich entdeckt haben und dieses Potenzial wie auch die Mitarbeit der Vereine, ihrer Mitglieder und ihrer Anhänger salopp gesagt zu Geld machen und abschöpfen wollen. Statt zuzuschauen ist der BFV aktiv geworden. Der BFV-Liveticker ist ein einfach zu leistender Beitrag für die Erhöhung der Attraktivität des gesamten Amateurfußballs und jedes einzelnen Vereins und unter der Überschrift "Imagepflege für den Amateurfußball und mediale Abbildung des Amateurfußballs" ein wichtiger Teil der BFV-Kampagne "Pro Amateurfußball". Und wenn jemand das Potenzial des Amateurfußballs nutzen soll, dann bitte der Amateurfußball – also die Vereine selbst. Das ist der Standpunkt des BFV. Dem Bayerischen Fußball-Verband ist klar, dass wir uns in diesem Wettkampf der Angebote nur behaupten, wenn wir erstens die bedienerfreundlichste Lösung anbieten, zweitens den Vereinen nachvollziehbare Gründe liefern, den Weg mitzugehen und drittens den Fußballinteressierten und Medien eine flächendeckende Lösung anbieten. Das erste Ziel haben wir vorerst erreicht, denn keine andere Lösung bietet dem User beispielsweise die Möglichkeit, per Knopfdruck Daten aus den offiziellen Datenbanken in die Anwendung zu laden und zu veröffentlichen. Mit dem BFV-Liveticker kann wirklich jeder - bis hin zu den Großeltern, die das Spiel ihres Enkels besuchen – Spielinfos live tickern. Und die technischen Probleme beim Start letztes Jahr sind glücklicherweise längst Geschichte.

…die Vorteile, beim BFV-Liveticker mitzumachen:

Die Gründe mitzumachen liegen auf der Hand. Einen haben wir oben bereits genannt: Wenn jemand von diesem Angebot profitieren soll, dann die Vereine selbst. Was oft vergessen wird: Der BFV-Liveticker ist so konzipiert, dass mit ihm schon jetzt die Pflicht-Ergebnismeldung möglich ist und mit dieser Anwendung künftig hinfällig werden soll. Und warum flächendeckend? Punkt eins: Außendarstellung. Wir wissen, dass die Medienvertreter schon jetzt gerne auf den BFV-Liveticker zugreifen – eben weil er im Gegensatz zu allen anderen offizielle Daten enthält. Und über welche Spiele und Sportarten wird in den Medien berichtet? Über die, von denen Informationen vorliegen. Die Daten werden zudem nicht nur in den BFV-Angeboten sondern über das BFV-Widget auch auf jeder Vereins-Homepage angeboten. Ein Verein, der seine Spiele tickert, sichert also nicht nur, sondern erhöht die Attraktivität der eigenen Medienangebote, die nicht selten auch einen Teil zu dessen Finanzierung beitragen und er leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für den gesamten Amateurfußball. Zum Thema Refinanzierung der Anwendung und Vermarktung: Hier sprechen wir über das Potenzial dieses Angebots. Mögliche Vermarktungseinnahmen fließen im Gegensatz zu Konkurrenzangeboten nur beim BFV-Liveticker wieder in den bayerischen Amateurfußball zurück und kommen so den Vereinen zugute. Bei kommerziellen Anbietern fließen potentielle Einnahmen zu 100 Prozent an den Liveticker-Anbieter und nicht an die Vereine, die den Liveticker mit Leben füllen. Über die Möglichkeit für Vereine, mit einer solchen modernen, attraktiven und projektbezogenen Aufgabe, junge Menschen an ein Ehrenamt im Verein heranzuführen und zu binden wird in diesem Zusammenhang leider auch viel zu selten gesprochen. Und das ist für die Vereine heutzutage ebenfalls eine ganz elementare Fragestellung.

…die angeblichen „Strafen“ bei Nicht-Tickern:

Es sind keine Strafen vorgesehen. Der auf dem Verbandstag mit überwältigender Mehrheit beschlossene Vorschlag zum BFV-Liveticker beinhaltet, dass bei Spielen, bei denen nicht getickert wird, die zuständigen Spielleiter eine Person beauftragen können, um die Lücke in der Berichterstattung zu schließen. Hier geht es darum, den Online-Service sicherzustellen und nicht darum, jemanden zu bestrafen. Dafür würde dann eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 30 Euro in Rechnung gestellt. Diese Kosten kann sich jeder Verein aber ganz einfach sparen, indem er seine Heimspiele tickert. Der Liveticker kann sowohl von einem Vereinsmitarbeiter, aber genauso auch von nicht-aktiven Spielern, Nachwuchsspielern, Eltern oder Fans für den Verein übernommen werden und bietet auch eine große Chance, mit einer attraktiven Aufgabe neue, vor allem junge ehrenamtliche Helfer zu gewinnen und an den Verein zu binden. Der Aufwand für höherklassige Vereine, diesen Service in Eigenregie zu organisieren, ist absolut leistbar. Das zeigen auch die Beispiele vieler unterklassiger Vereine, die ihre Spiele bereits tickern. Die Bedienung des BFV-Livetickers ist benutzerfreundlich und mit überschaubarem Aufwand möglich. Tore und Torschützen, Gelbe und Rote Karten sowie Auswechslungen können per Auswahl und Knopfdruck getickert werden, ohne den Namen eintippen zu müssen. Am Ende des Spiels kann das Ergebnis gemeldet werden, so dass die bisherige Ergebnismeldung dann entfallen kann.

Kommentar abgeben

Kommentare werden unter Deinem Nicknamen und erst nach Prüfung durch die Redaktion veröffentlicht.

Leser-Kommentare


Meist gelesene Artikel



Neue Kommentare

gestern 14:28 Uhr | Frank_Typ_
15.04.2024 23:15 Uhr | Torwart Horder
15.04.2024 20:01 Uhr | Halufo
15.04.2024 18:58 Uhr | CrazyG
15.04.2024 18:58 Uhr | fcbayernfan

Ligen-Einteilung



Diesen Artikel...