"Sei der Storch": Die Sekunden-Heldin der SpVgg Ebing - anpfiff.info
Artikel vom 22.01.2022 17:00 Uhr
"Sei der Storch": Die Sekunden-Heldin der SpVgg Ebing

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Anja Gasseter trägt und ist die Nummer 1 im Tor der Landesliga-Frauen der Germania. Warum Training für sie das schönste Geschenk des Tages ist, wie sie im wahrsten Sinn des Wortes den Spagat zwischen Hand- und Fußball hinbekommt und welche „Schuld“ Andreas Eiermann daran trägt, dass die 21-Jährige in Ebing spielt, erzählt die Torfrau exklusive gegenüber anpfiff.info.
Von Bernd Riemke


Über den SV Dörfleins und den RSC Oberhaid landete Anja Gasseter in der Jugend der SpVgg Ebing und wusste auf Anhieb: „Da will ich bleiben!“ War sie in der E-Schüler als einziges Mädchen in der Mannschaft noch verteidigende Feldspielerin, so fand sie rasch den Weg zwischen die Pfosten. „Ich habe in meinem ganzen Fußballerleben vielleicht drei Tore geschossen und würde mich nicht unbedingt als Laufmensch bezeichnen“, schmunzelt Gasseter, die nicht zuletzt wegen ihres aktuellen Trainers dem Fußball treu geblieben ist…

Echt "storch", wie Anja Gasseter auch die Würfe im Handballtor artistisch pariert.
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Mit den Stadeln Storchs in der Bayernliga

Eine Liga höher spielt sie nämlich Handball für die Stadeln Storchs, mit denen sie auch schon in der Juniorinnen-Bundesliga aktiv war. Ihren Beinamen haben die MTV-Damen einer legendären Motivationsrede ihres damaligen Co-Trainers zu verdanken, als ein Spiel mit sieben Toren Vorsprung gewonnen werden musste. „Auch ein Storch kann ein Flugzeug zum Absturz bringen. Seid nicht das Flugzeug. Seid der Storch“, hallte es durch die Kabine, wie sich Anja Gasseter erinnert. Da die Stadelner zehn Sekunden vor der Schlusssirene das schier Unmöglich doch noch möglich machten, war der Spitzname geboren. Ein Storch ist ein erhabenes Tier, edel und in sich ruhend. Also vereint er Eigenschaften, die nicht minder auch auf Anja Gasseter zutreffen.

Der Trainer ist „Schuld“

Die lässt seit frühester Kindheit Fußball und Handball parallel zueinander laufen und empfindet ihre eigene Leistungsstärke im kleineren Handballtor sogar ein stückweit besser. Das war dann auch der Grund, weshalb Gasseter ihre Torwarthandschuhe eigentlich schon an den Nagel hängen wollte. „Andreas Eiermann hat darum gekämpft, dass ich weitermache. Jetzt bin ich ihm sehr dankbar dafür, denn ich spüre zum einen enorm viel Rückendeckung und zum anderen habe ich noch nie so ein harmonisch funktionierendes Team wie in Ebing erlebt. Es ist schon krass, was sich da entwickelt hat“, schwärmt die 21-Jährige, die das in sie gesteckte Vertrauen mit reichlich guten Leistungen zurückzahlt. Das größte Verbesserungspotenzial bei sich selbst sieht sie bei den Abschlägen vom eigenen Tor. Es würde zweifelsohne eine Entlastung für ihre Mitspielerinnen sein, würde sie diese künftig selbst ausführen. Dazu ist das Training da und genau dieses ist für Anja Gasseter der klassische Kopffreimacher nach einem langen Tag. „Wenn ich früh aufwache ist es das schönste, wenn ich weiß, dass ich abends zum Training gehen darf“, schmunzelt die 21-Jährige Ballfängerin, die gegenüber anpfiff.info bei „Keeper’s Choice“ exklusiv so manches Torwartgeheimnis verrät.

Gegen Bundesligist SC Freiburg konnte sich Anja Gasseter (re.) in der 2. Hauptrunde des DFB-Pokals gleich mehrfach auszeichnen.
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Haben Sie besondere Rituale vor dem Spiel?
Anja Gasseter: Meistens packe ich vor dem Spiel noch meine Tasche beziehungsweise Taschen. Je nachdem, ob ich nach dem Fußball noch zum Handball gehe oder nicht. Sonst habe ich aber eigentlich kein klassisches Ritual. Außer vor den Spielen im DFB Pokal, hier hat sich das gemeinsame Frühstück mit dem Team bewährt.

Wer war früher Ihr großes Vorbild?
Anja Gasseter: Ich bin seit ich denken kann ein Bayernfan, weshalb ich vor allem in deren Torhütern immer ein Vorbild gesehen hab. Als ich dann in der D-Jugend endgültig vom Feld ins Tor gewechselt bin, war ich ein großer Fan von Hans Jörg Butt. Auch wenn ich persönlich das Freistoß- und Elfmeterschießen lieber anderen überlasse.

Warum sind Sie Torwart geworden und nicht Feldspieler?
Anja Gasseter: Dafür gibt es tatsächlich mehrere Gründe. Die wohl bekannteste Antwort, die wahrscheinlich auch jeder geben könnte, der mich kennt: Ich bin nicht unbedingt der beste beziehungsweise begeistertste Läufer. Der andere Grund ist, dass ich es liebe ein Spiel entscheiden zu können. Sowohl beim Handball als auch beim Fußball ist man als Torwart meist die letzte Person, die ein Tor noch verhindern kann. Innerhalb von Sekunden kann man zum Helden oder zum Verlierer werden. Ich denke genau diese Verantwortung zu haben, ist dass, was ich an dieser Position so liebe.

Wer ist aktuell der beste Torwart für Sie im Spielkreis?

Anja Gasseter: Puh das ist schwer. Das Niveau der Torhüter in der Umgebung ist wirklich hoch. Es gibt sehr viele starke Torhüterinnen, was die Spiele natürlich immer spannend macht. Jetzt eine Person herauszuheben ist dabei sehr schwer.  Ich würde das jetzt mal diplomatisch beantworten und sagen, dass ich versuche so wenig wie möglich nach links und rechts zu schauen um mich besser auf meine eigene Leistung konzentrieren und mich dadurch mit den Besten messen zu können

In welchem Spiel waren Sie unüberwindbar?
Anja Gasseter: In der Vorrunde sind wir ja schon fünfmal ohne Gegentor und ich daher ,,unüberwunden“ geblieben. Natürlich ist es als Torwart immer schön ohne Gegentor zu bleiben, aber dafür bin ich ja nie alleine verantwortlich. Ich habe vor mir noch zehn klasse Mädels, die da schon viel aufräumen und mir die Arbeit abnehmen. Wenn ich mir ein Spiel aussuchen müsste, in dem ich „unüberwindbar“ war, würde ich, so seltsam es klingt, die 0:10 Niederlage gegen Freiburg wählen. Das war einfach ein einmaliges Erlebnis gegen solche Profis spielen und doch den einen oder anderen Ball halten zu können. Das hebt schon das Selbstvertrauen muss ich sagen.

Welche Torwartregel würden Sie gerne abschaffen bzw. einführen?

Anja Gasseter: Das ist einfach. Die Rückspielregelung. Abstöße gehören leider absolut nicht zu meinen Stärken, weshalb ich die Regelung aus dem Jugendbereich, bei welcher der Torwart den Ball auch vom eigenen Feldspieler mit der Hand aufnehmen kann natürlich super finden würde. Die Ausschüsse aus der Hand sind zwar auch noch ausbaufähig aber alles ist besser als der Abstoß.

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Leser-Kommentare


Steckbrief A. Gasseter

Alter
23
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
Hallstadt
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
170 cm
Beruf
Studentin
Hobbies
Handball
Starker Fuß
Linksfuß
Lieb.-Position
Torwart

Fußball vs. Handball

Wo liegen Unterschiede und wo die Gemeinsamkeiten?
Anja Gasseter: Das Mitspielen ist sicher ein Unterschied. Beim Fußball muss ich in jeder Sekunde für Rückspiele bereit sein und so die Aufmerksamkeit hochhalten, da ich auch in der fünften Minute der Nachspielzeit noch hellwach sein muss. Beim Handball kommt durchschnittlich jede Minute ein Ball aufs Tor. Dafür hilft mir die im Handball antrainierte Reaktionsschnelligkeit. Da muss ich viel grätschen oder in den Spagat. Das hilft mir beim Fußball in eins-gegen-eins-Situationen. Ich mag das daher auch total gerne, wenn eine Spielerin allein auf mich zuläuft und es dann schwer hat, an mir vorbeizukommen. Wenn ein abgefälschter Ball aufs Tor kommt und ich mich in Manuel Neuer-Manier hinterherhechte, hilft mir das sicherlich in beiden Sportarten.

Karriere in Zahlen A. Gasseter

Spiele
95
Spiele gewonnen
50
Spiele unentschieden
14
Spiele verloren
31
Tore gesamt
1
Vereine
1
Aufstiege
5
Abstiege
1

Hintergründe & Fakten

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